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Uli Gaulitz lag nervös in seinem Bett und wartete. Wolf war als erster schlafen gegangen. Er hatte ausgesehen, als würde er sich nicht wohl fühlen.

Vielleicht brütet er eine Krankheit aus, dachte Uli, während er ungeduldig darauf wartete, dass absolute Ruhe in die große Wohnung einkehrte.

Nachdem das letzte Wort gesprochen worden war und sich die letzte Tür geschlossen hatte, ließ Uli Gaulitz noch eine halbe Stunde verstreichen. Dann stand er auf, besprühte sich unter dem Schlafanzug dezent mit einem teuren Herrenparfüm und schlich sodann aus seinem Zimmer.

Wenn einer seiner Rivalen jetzt erschienen wäre, wäre Uli aufs WC gegangen.

Auf Zehenspitzen schlich er zu Christines Zimmer. Erlegte sein Ohr an die Tür und lauschte gespannt. Nichts war zu hören – außer dem kräftigen Schlagen seines Herzens.

Bis vor Kurzem wäre es für Uli Gaulitz noch undenkbar gewesen, so etwas zu tun, aber Georg Brücker hatte alles und alle durcheinandergebracht.

Nichts war mehr wie früher in dieser Wohngemeinschaft, die lange Zeit so mustergültig funktioniert hatte. Von jetzt an ist sich jeder selbst der Nächste, ging es Uli durch den Kopf.

Er öffnete die Tür und betrat Christines Zimmer. Es war bisher nicht nötig gewesen, dass sie sich einschloss. Sie hatte ihren Mitbewohnern bisher voll vertrauen können.

Der junge Mann schloss behutsam die Tür. Jetzt war er mit Christine im selben Zimmer. Ein aufregendes Gefühl. Er zog die Luft tief ein.

Es roch herrlich nach Christines Parfüm. Uli genoss ihre Nähe mit all seinen Sinnen. Es war zum Glück nicht stockdunkel im Raum. Fahles Mondlicht fiel zum Fenster herein.

Uli wich einem Stuhl aus und erreichte Christines Bett. Sie schlief mit tiefen, regelmäßigen Atemzügen. Er betrachtete lange ihr entspanntes Gesicht. Wie wunderschön sie ist, dachte er fasziniert. Ein Engel – voller Liebreiz und Sanftmut. O Christine, du musst mir erlauben, dich glücklich zu machen. Ich werde dich lieben bis ans Ende meiner Tage und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen.

Er legte sich neben sie und kroch unter ihre Decke. Sie seufzte, drehte sich zu ihm und legte im Schlaf ihren Arm auf ihn. Er glitt näher an sie heran.

Gott, wie sehr er sie begehrte! Er platzte fast vor Verlangen. Als er ihre warmen, weichen Brüste berührte, war sie plötzlich hellwach.

Sie rückte blitzschnell von ihm ab und machte Licht. „Uli!“, stieß sie heiser hervor. „Was soll das? Was hast du hier zu suchen? Was willst du in meinem Bett?“ Sie schrie nicht und war nicht hysterisch.

„Ich liebe dich, Christine.“

„Wir haben eine Abmachung ...“

„Wer hält sich denn noch an die?“

„Bitte geh!“, verlangte Christine eindringlich.

„Du liebst mich doch auch“, sagte Uli Gaulitz.

„Ja, aber wenn du mein Zimmer nicht augenblicklich verlässt, ist es vorbei damit“, drohte Christine Wagner.

„Warum kannst du mir nicht den ein Vorzug geben?“, fragte Uli flehend, „Ich würde dich auf Händen tragen.“

„Mich braucht niemand zu tragen. Ich kann sehr gut auf meinen eigenen Beinen stehen. Raus jetzt“, zischte sie, „sonst werde ich böse.“

„Denkst du, die anderen hätten etwas anderes im Sinn? Ich bin ihnen nur zuvorgekommen.“

Christine sah ihn scharf an. „Wenn ich in dieser Wohngemeinschaft nicht mehr sicher bin, sehe ich mich gezwungen, sie platzen zu lassen. Möchtest du das? Wir haben so wunderbar zusammen gelebt – du, Wolf, Wenzel und ich ... “

„Wunderbar?“ Uli Gaulitz schüttelte den Kopf. „Es war nicht wunderbar. Nicht für mich. Für mich war es eine Qual. Ich habe dich jeden Tag gesehen, ohne dich jemals berühren zu dürfen. Weißt du, wie schlimm das für mich war? Manchmal war ich nahe daran, vor Begehren den Verstand zu verlieren.“

„Und heute Nacht ist es also passiert“, sagte Christine ernst. „Du bist übergeschnappt ... “

„Der Mensch ist nicht fürs Alleinsein geschaffen, Christine.“

„Ich bin nicht allein. Ich lebe zur Zeit mit vier Männern in dieser Wohnung.“

„Aber in der Nacht ... bist du da nicht sehr einsam? Du bist eine junge, schöne Frau. Du musst doch Wünsche und Bedürfnisse haben.“

„Ich bitte dich zum allerletzten Mal zu gehen, Uli“, sagte Christine eindringlich. „Noch ist alles okay. Noch sind wir Freunde. Mach es nicht kaputt. Die anderen werden von deinem Besuch nichts erfahren. Du warst nicht hier. Es ist nichts vor gefallen, das ich dir übel nehmen müsste.“

In seinen Augen glänzten plötzlich Tränen. „Christine ...“

„Geh, Uli!“

„Du darfst nicht denken, ich hätte etwas getan, das gegen deinen Willen gewesen wäre.“

„Das weiß ich. Du bist ein guter Junge. Und ich hab auch keine Angst vor dir.“

Er stand auf. „Bitte verzeih mir, Christine. Du hast recht, ich bin wirklich übergeschnappt.“

„Es ist vergeben und vergessen, Uli.“

Er ging mit kleinen Schritten zur Tür. „Ich schäme mich.“

„Wofür? Du warst ja nie in meinem Zimmer.“

Er sah aus wie das personifizierte schlechte Gewissen. „Wie konnte ich mich nur so gehenlassen?“

„Gute Nacht, Uli.“

„Gute Nacht, Christine.“ Er öffnete mit finsterer Miene die Tür. „Ich werde mir nie verzeihen, was ich getan habe.“

Sie schüttelte versöhnlich lächelnd den Kopf. „Was denn getan?“

Er ging hinaus, und sie löschte das Licht.

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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