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Die Patientin hatte sehr viel Blut verloren. Dr. Härtling hatte sie noch einmal operiert. Seither war der Zustand der Frau stabil. Dennoch ordnete der Klinikchef an, dass Barbara Wanders die Nacht auf der Intensivstation verbringen müsse.

Nachdem man die Operierte fortgebracht hatte, sagte der Klinikchef ernst zu Schwester Annegret: „Wir hätten sie um ein Haar verloren.“ Die alte Pflegerin nickte mit gefurchter Stirn.

„Herrgott noch mal, wie kann man bei so starken Blutungen so lange zuwarten, Annchen?“, machte Sören Härtling seinem Unmut Luft. „Wieso wurde ich nicht schon viel früher verständigt?“

„Ich war im Kreißsaal, Chef. Als ich davon hörte, rief ich Sie unverzüglich an.“

„Ja, hat denn niemand...“ Schwester Annegret sah vor sich auf den Boden. „Nun ja...“

„Was?“, fragte Dr. Härtling ungeduldig. „Was?“

„ Sie kennen mich, Chef. Ich schiebe nicht gern jemandem den Schwarzen Peter zu.“

„Wer ist für diese Schweinerei verantwortlich, Annchen? Wenn Sie es wissen, müssen Sie es mir sagen.“ Annegret seufzte. „Herr Tögel hat die Sache wohl nicht so ernst genommen, wie sie war.“

Walter Tögel war ein junger Pfleger, der sich die Arbeit so leicht wie möglich machte. Angeblich hatte die Patientin ihm gegenüber über starke Unterleibsschmerzen geklagt, er hatte das aber für normale Nachwirkungen der Operation gehalten und sich nicht weiter darum gekümmert. Nach einem Eingriff hat man nun einmal Schmerzen.

„Wo ist er?“, wollte Dr. Härtling wissen. Seine Augen funkelten. „Wo ist Tögel?“

„Er ist inzwischen nach Hause gegangen“ , gab die alte Pflegerin Auskunft.

Sören Härtling wiegte den Kopf. „Na, der kann sich morgen auf ein Donnerwetter gefasst machen.“

Der Klinikchef fuhr nach Hause. Ein Glück, dass die Paracelsus-Klinik nur wenige Autominuten von seiner Villa entfernt war, sonst hätte die Sache schlimm für Barbara Wanders ausgesehen.

Er mochte die Frau, die vor drei Jahren ihren Mann auf tragische Weise verloren hatte. Jens Wanders war beim Baden im Chiemsee ertrunken.

Seither lebte die sympathische Reporterin mit ihrem Sohn Karsten allein. An einer neuen Beziehung war sie nicht interessiert. Dr. Härtling vermutete, dass sie den Verlust des geliebten Ehemanns noch nicht überwunden hatte.

Angeblich war es ihr unmittelbar danach sehr, sehr schlecht gegangen. Bestimmt hatte sie in dieser Zeit viel geweint, doch von ihren Tränen wusste niemand, denn sie hatte sich mehr und mehr von ihrer Umwelt zurückgezogen und tapfer bemüht, ihren Schmerz allein zu tragen.

Es war halb elf Uhr, als Dr. Härtling daheim ankam. Ottilie stellte sein Abendessen kurz in den Mikrowellenherd. Er aß die Hälfte, dann schob er den Teller von sich.

„Schmeckt es Ihnen nicht, Herr Doktor?“, fragte die Wirtschafterin sogleich besorgt.

Der Klinikchef schüttelte den Kopf. „Es ist hervorragend...“

„Soll ich Ihnen irgend etwas anderes machen?“

„Nein, lassen Sie nur, Ottilie. Ich habe keinen Appetit.“

Die Haushälterin trug den Teller in die Küche. Sören Härtling erzählte seiner Frau von dem Vorfall im Klinikum, und Jana Härtling war über die Nachlässigkeit des Pflegers genauso empört wie ihr Mann.

„Mit dem fahre ich morgen Schlitten, das sage ich dir“, knurrte der Klinikchef. „So leichtfertig darf man mit dem Leben der Patienten nicht umgehen.“

„Wirst du Tögel entlassen?“, erkundigte sich Jana Härtling.

„Das weiß ich noch nicht. Kommt darauf an, wie er zu seinem Fehler steht. Wenn er keine Reue zeigt, kann er sich gleich seine Papiere holen.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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