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An einem sonnigen Samstagnachmittag saß die Familie Härtling – natürlich mit Lilo Henckels – bei Kaffee und Kuchen im Garten. Lilo machte Ben schöne Augen und versuchte ihn damit in Verlegenheit zu bringen, und sie sorgte für ein langes Streitgespräch zwischen Josee und Tom, das sie jedes Mal geschickt mit ganz wenigen, beiläufig eingestreuten Worten schürte, wenn sich ein Ende abzeichnete.

Sie ist ein kleines, hinterlistiges Luder, dachte Dr. Härtling – raffiniert und durchtrieben. Er stand auf und ging ins Haus, um seine Schwester anzurufen, doch Trix Lassow war nicht zu Hause. Auch ihr Mann Axel und die beiden Kinder waren nicht da.

Es meldete sich nur der Anrufbeantworter der Lassows, und mit dem hatte Sören keine Lust zu reden. Als er zu seiner Familie in den Garten zurückkehren wollte, trat ihm im Wohnzimmer Lilo entgegen.

„Ist irgend etwas nicht in Ordnung?“, erkundigte sich der Klinikchef.

„Oh, es ist alles bestens. “ Lilo stöckelte auf extrem hohen Absätzen auf ihn zu. „Ich wollte mit Ihnen bloß allein sein.“

„Wozu?“

Diesmal trug Lilo einen etwas längeren Rock. Sie schien sich Janas Kritik zu Herzen genommen zu haben. „Ich habe das Gefühl, Sie mögen mich nicht“, sagte sie. „Irre ich mich, oder ist das tatsächlich so?“

„Sie irren sich“, gab Sören Härtling zurück. „Ich habe nichts gegen Sie. Sie können sehr nett und sympathisch sein ...“

Sie blieb stehen. „Aber?“ Ihr Blick glitt provokant an ihm auf und ab.

„Nun ja“, sagte Sören Härtling, „es gibt da so einige Dinge, die uns stören.“

Lilo Henckels hob die Augenbrauen. „Uns? Wen meinen Sie mit uns? Die ganze Familie – Ottilie mit eingeschlossen?“ Sie stemmte die Hände in die Seiten. „Was haben Sie persönlich an mir auszusetzen, Herr Dr. Härtling?“, fragte sie herausfordernd. „Sagen Sie es mir. Es würde mich wirklich sehr interessieren. Stört Sie meine Jugend? Oder dass ich mich zu sexy kleide? Dass ich so beharrlich auf der Suche nach Anerkennung und Liebe bin?“ Sie ging weiter. Ihre Lider senkten sich, und sie sagte mit dunkler Stimme: „Dass ein Mann wie Sie alles von mir haben kann?“

Sie erreichte ihn, kippte mit dem rechten Stöckelschuh plötzlich um, und Dr. Härtling griff reflexhaft zu, um zu verhindern, dass sie stürzte. Sie fiel ihm sehr geschickt in die Arme, und ehe er ihre raffinierte Finte durchschaute, presste sie ihre kirschroten Lippen so fest auf seinen Mund, dass er sich nicht von ihr lösen konnte.

Im selben Moment trat Jana Härtling durch die offene Terrassentür. „Oh, Entschuldigung“, sagte sie zynisch. „Ich wollte nicht stören. “

Dr. Härtling ließ Lilo los und richtete sich auf.

Lilo bedachte Jana mit einem Blick, als wollte sie sagen: „Siehst du, wie leicht es mir fällt, dir den Mann wegzunehmen?“

Jana wies auf den Mund ihres Mannes und sagte leise: „Wisch den Lippenstift ab, Sören.“

Dr. Härtling holte sein Taschentuch heraus und entfernte die Spuren des Kusses. „Ich hoffe, du ziehst daraus keine falschen Schlüsse, Liebling“, sagte er.

Jana sah Lilo Henckels durchdringend an. „Es ist bedauerlich, dass wir uns alle so sehr in dir getäuscht haben“, sagte sie. „Aber damit ist es nun vorbei. Wir wissen inzwischen alle, was für eine du bist – und wir wissen auch, dass wir dich nicht länger hier haben wollen.“

Lilo reckte frech ihr Kinn vor. „Heißt das, Sie schmeißen mich hinaus?“

„Du weißt, wo die Tür ist“, sagte Jana kühl.

Lilo deutete auf Sören Härtling. „Wieso schmeißen Sie ihn nicht raus? Er hat mich geküsst.“

„Jetzt ist es aber genug, Lilo!“, sagte der Klinikchef ungewöhnlich scharf. „Wir haben genug von diesen kindischen Spielchen!“

„Aber Sören ...“ Lilo gab sich sehenswert unschuldig. Ihr schauspielerisches Talent war verblüffend. „Soll ich vor deiner Frau wiederholen, was du mir für liebe Sachen gesagt hast?“

Dr. Härtling wollte diese ärgerliche Farce aufbrausend beenden, da gab es plötzlich einen Tumult an der Haustür.

„Wo ist sie?‟, brüllte jemand. „Wo ist das Miststück?“

Lilo wurde mit einem Mal blass.

„Gehen Sie mir aus dem Weg!“, schrie draußen jemand Ottilie an. Hastige Schritte waren zu hören.

„He!“, rief Ottilie. „Sie! Was fällt Ihnen ein?“

Die Tür des Wohnzimmers flog auf, und Andy Schneider betrat den Raum. „Da bist du ja‟, wetterte er gleich darauf los. „Verkommenes Luder! Mieses Dreckstück!‟ Seine Augen verschossen tödliche Blitze.

„Mäßigen Sie sich, Herr Schneider“, fuhr Dr. Härtling den jungen Mann an.

„Ich schlag’ dich grün und blau!“, schrie Andy Schneider.

Lilo versteckte sich hinter dem Klinikchef. Aus dem Garten kamen – vom Geschrei angelockt – Dana, Ben, Josee und Tom herein.

„Bitte helfen Sie mir, Herr Dr. Härtling“, flehte Lilo ängstlich. „Er ist verrückt.“

„Ich war verrückt, als ich mich mit dir zusammentat!“, brüllte Andy Schneider.

„Sagen Sie, er soll gehen“, verlangte Lilo hinter Dr. Härtling.

„Du hast mich reingelegt“, schrie Andy Schneider, außer sich vor Wut.

„Und was hast du getan?“, keifte Lilo hinter Dr. Härtling hervor.

„Ich?“

„Ja, du“, zischte Lilo Henckels. „Du hast Dana geküsst!“, rief sie anklagend. „Im Englischen Garten. Schon vergessen. Ich habe dich bestraft. Dachtest du etwa, ich würde dir das so einfach durchgehen lassen?‟

„Wo ist das Geld?‟, schrie der junge Mann.

„Du siehst keinen Pfennig davon“, gab Lilo Henckels trotzig zurück

„Du gottverdammtes Luder hast mich um meinen Anteil geprellt!“, schrie Andy Schneider.

Dr. Härtling sah den jungen Mann streng an. „Würden Sie uns erklären, wovon hier die Rede ist?‟

„Aber klar‟, sagte Schneider. „Mit Vergnügen.‟

„Du hältst den Mund, Andy‟, schrie Lilo.

Schneider zeigte auf das schwarzhaarige Mädchen. „Sie ist eine raffinierte Betrügerin.‟

„Das ist nicht wahr!“, begehrte Lilo auf.

„Wir waren blank“, berichtete Andy Schneider aufgeregt. „Da hatte sie plötzlich eine grandiose Idee. Ich weiß, wie wir ganz leicht zu viel Geld kommen können, Andy, sagte sie.“

„Er lügt!“, schrie Lilo.

„Wenn wir es geschickt anstellen, können wir zwischen fünfzigtausend und hunderttausend Euro einstreichen, sagte sie“, fuhr Schneider fort.

„Glauben Sie ihm kein Wort!“

„Wir brauchen dafür gar nicht viel zu tun, sagte sie.“

„Lüge! Alles Lüge!“

„Ich lüge nicht. Wir hatten vor, die Versicherung zu betrügen.“

„Hören Sie ihm nicht zu. Er hat einen Dachschaden. Er hat sich das alles zusammen gesponnen.“

„Mitnichten! Schmerzensgeld wollte sie kassieren. Ich sollte sie mit meinem Wagen anfahren und dafür sorgen, dass sie ins Krankenhaus kommt. Wir haben den Unfall so lange geübt, bis er total echt aussah, und es hat auch alles so hingehauen, wie Lilo sich das vorgestellt hatte. Inzwischen hat meine Versicherung siebzigtausend Mark Schmerzensgeld geblecht, und Lilo hat den ganzen Zaster eingesteckt, ohne mit mir, wie vereinbart, zu teilen.“

„Du blöder Hammel redest dich um Kopf und Kragen!“, kreischte Lilo wütend.

„Du hättest mich nicht aufs Kreuz legen sollen“, gab Andy Schneider wutschnaubend zurück.

„Du wolltest was mit Dana anfangen“, warf Lilo ihm vor.

„Na, und?“

„Kein Mann betrügt mich ungestraft!“, fauchte Lilo.

„Ich hab’ dich nicht betrogen.“

„Aber du hättest es getan, wenn Dana es zugelassen hätte. Deshalb habe ich deinen Anteil behalten.“

Der junge Mann kniff die Augen zusammen. „So lasse ich mit mir nicht umspringen. Ich habe während der Fahrt hierher die Bullen angerufen. Sie werden in wenigen Minuten eintreffen und dich festnehmen.“

„Dich aber auch.“

„Das ist mir egal. Hauptsache, du kommst nicht ungeschoren davon.“

„Du selten dämlicher Hund!“, beschimpfte Lilo Henckels ihren Komplizen, und im nächsten Moment führte Ottilie zwei Polizisten ins Wohnzimmer.

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