Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 29
Stefan Hensch: Feuertaufe Die Flotte von Axarabor
ОглавлениеEs war passiert, als er nach der Ende seiner Schicht in seiner Kabine geschlafen hatte. Zuerst war das ganze Schiff gehörig durchgeschüttelt worden und Rollins hatte schon gedacht, dass es ein Problem mit dem Antrieb gegeben hatte. Doch dann waren extrem laute Explosionen erklungen, Sirenen hatten zu schrillen begonnen und Menschen hatten geschrien. Dann war Stille eingetreten, totale Stille.
Der junge Steuermann der PATTON hatte das Licht einschalten wollen, doch das hatte nicht funktioniert. Panisch stand Rollins aus dem Bett auf und wollte die Tür zum Gang öffnen, doch auch das ging nicht. Sein Herz begann zu hämmern, denn das deutete alles auf ein ernstes Problem hin. Er zog tief die Luft durch die Nase ein und versuchte sich zu beruhigen. Zumindest in seiner Kabine war noch Luft, das war eine gute Nachricht. Trotzdem musste er hier raus. In diesem Moment schaltete sich die Notbeleuchtung ein und er konnte sich wieder orientieren. Das Notfallprotokoll der Raumflotte von Axarabor sah einen unverzüglichen Wechsel auf die Notsysteme vor, dass dies nicht umgehend passiert war, sprach eine ganz eindeutige Sprache. Die PATTON musste ein gewichtiges Problem haben, so viel war definitiv sicher!
Entschlossen trat Rollins auf seinen Schreibtisch zu und zog ihn nach vorne. Der schwere Tisch bewegte sich mühelos auf ihn zu und der Steuermann umrundete ihn, ging dann in die Knie. Zielsicher fand seine Rechte den Mechanismus im Boden und griff zu, zog das kleine Rad aus der Aussparung und begann zu kurbeln. Mit einem Zischen hob sich ein Teil der Fußbodenverkleidung in die Höhe und Rollins konnte den Raumanzug und das Notfallset aus dem Fach im Boden befreien.
Blitzschnell stieg er in den Raumanzug und setzte auch den Helm auf. Automatisch aktivierte sich das System des Raumanzugs und versiegelte den Anzug. Dann widmete sich Rollins der Tasche mit der Notfallausrüstung. Neben vielen sicherlich sehr sinnvollen Hilfsmitteln ertastete seine behandschuhte Hand sofort den Gegenstand, den er gesucht hatte und zog ihn hervor. Den Automatikblaster!
Die Waffe fühlte sich gut in seiner Hand an. Vielleicht würde er ihn nicht brauchen, aber Vorsicht war immer noch definitiv der Nachsicht vorzuziehen. Gegen eine spontane Dekompression der PATTON würde die Waffe ihn nicht schützen, gegen z.B. Piraten aber durchaus. Laut dem Missionsbriefing war der Sektor nämlich verseucht von Freibeutern, die die Handelsrouten teils erheblich gefährdeten.
Rollins betätigte den Türöffner und dieses Mal ließ sich die Tür sich problemlos öffnen. Behutsam zog er die Tür einen Spalt auf und spähte hinaus. Auf dem Gang war weder etwas zu hören, noch etwas zu sehen.
Er trat hinaus auf den Gang und sah den Flur hinunter. Er war allein. Wo waren die anderen Crew-Mitglieder? Warum sah und hörte er keine andere Menschenseele?
Probeweise versuchte er die Nachbarkabine zu öffnen, doch vergeblich. Die Tür war abgeschlossen und niemand machte Anstalten, sie von innen zu entriegeln. Das änderte sich auch nicht, als der junge Fähnrich mit seiner Faust gegen die Tür schlug. Ein Schuss auf das Schloss hätte die Tür wahrscheinlich geöffnet, aber vielleicht würde er auch gleichzeitig den Bewohner der Kabine erwischen – falls denn überhaupt jemand in der Kabine war.
Rollins ließ die Sache auf sich beruhen, probierte anstelle dessen die nächste Kabinentür aus und erhielt das gleiche Ergebnis wie zuvor. Gleichgültig ließ er von den Türen ab und bewegte sich in Richtung der Aufzüge.
Bevor er das Deck verließ, erreichte er ein großes Panoramafenster aus einem faustdicken und speziell gehärtetem Glas. Als er in das Weltall hinausblickte, fuhr er zusammen. Anscheinend war die PATTON mit einem anderen Schiff kollidiert und die beiden Schiffe hatten sich geradezu ineinander verkeilt. Doch dann sah er genauer hin. Die Schiffe waren nicht versehentlich kollidiert, denn von dem fremden Schiff erstreckte sich ein komplexes Netz aus tentakelartigen Tauen, Kabeln und Schläuchen hinüber zur PATTON. Rollins hatte recht gehabt, momentan lief hier tatsächlich also gerade eine Kaperung durch Piraten!
Rollins nickte. Deshalb war also auch die SENECA vor ihnen verschollen, als sie die Lage im Demeter-System kontrollieren sollte. Doch Rollins war das gleich. Er aktivierte den Automatikblaster in seiner Rechten und schaltete ihn per Daumendruck für tödliche Schüsse frei. Dieses Schiff war noch lange nicht in den Händen der Piraten!
Der Fähnrich kannte den Grundriss der PATTON nahezu auswendig und vermied die Hauptverbindungswege, denn diese wurden höchstwahrscheinlich schon von den Angreifern kontrolliert. Aus einem Impuls heraus hätte sich jeder normale Mensch wohl am liebsten irgendwo tief in den Eingeweiden des Kreuzers vor den Piraten versteckt, doch diese Idee hatte einen Schönheitsfehler. Freibeuter hatten es nämlich nicht nur auf Besatzung und Fracht eines Raumfahrzeugs abgesehen. Während die Besatzung als Sklaven höchstbietend auf dem nächsten Markt direkt neben der Fracht verkauft wurden, war das Schiff an sich noch viel wertvoller und würde keinesfalls zurückgelassen. Verstecken war also keine Option!
Obwohl die Gefahr einer spontanen Dekompression nun eigentlich gebannt war, entschied sich Rollins dazu, den Raumanzug weiterhin zu tragen. Gelegentlich schalteten Piraten auf ganzen Decks die Lebenserhaltungssysteme aus, um sie unpassierbar zu machen.
In einem kleinen Seitengang stieß er dann endlich auf ein Wartungsterminal und loggte sich mit seiner Kennung ein.
Ein Grinsen erschien auf dem Gesicht des Steuermanns. Zumindest dieser Zugangspunkt ins Bordsystem funktionierte noch. Piraten und Angreifer übersahen oftmals die Zugänge für Service und Wartung, während die allgemeinen Zugangspunkte sofort nach der Kaperung deaktiviert wurden.
Mit seiner Zugehörigkeit zur Brückencrew besaß Rollins aber durchaus mehr Kompetenzen als ein gewöhnlicher Servicetechniker.
Auf dem kleinen Display erschien der Menüpunkt Sicherheit.
Direkt als erster Punkt erschien innerhalb des Submenüs der Begriff Anti-Kaperungs-Protokoll. Rollins aktivierte ihn und verifizierte die Auswahl. Augenblicklich begann die PATTON ein gespenstisches Eigenleben zu entwickeln!
*
Mercook grinste. Diese Idioten von der Raumflotte benutzten immer noch die veralteten Deflektorschilde, die über eine modulierte Subraumantenne zu einem offenen Tor in den Bordcomputer der PATTON gewesen waren.
Zufrieden sah der Anführer der Truppe seinen Leuten zu, wie sie mit Gabelstaplern die Ladung in den Bauch seines eigenen Schiffs verfrachteten. Danach würde die Ladung und die Besatzung auf dem Planeten Corvant verkauft, während der Kreuzer in der Raumstation Servant 6 an den Höchstbietenden ging. Mercook hasste das Sternenreich von Axarabor. Dies war für ihn als Mensch zwar auf den ersten Blick ein Widerspruch, denn viele außerirdische Völker glaubten, dass alle Menschen zum Sternenreich gehörten. Doch dies war ein folgenschwerer Irrtum. Mercook stammte aus dem Norris-System, das einst gegenüber dem Sternenreich von Axarabor seine Unabhängigkeit erklärt hatte. Doch der verfluchte Hochadmiral hatte die Siedler nicht ziehen lassen wollen, also hatte er Truppen entsandt und es war zu einem jahrelangen Krieg gekommen. Am Ende des Konflikts hatte ein System mit sechs vom Krieg gezeichneten und verseuchten Planeten gestanden, dass für das Sternenreich von Axarabor keinerlei Relevanz mehr gehabt hatte. Die Truppen waren abgezogen und hatten die Bewohner des Norris-System sich selbst überlassen. Aus purer Not hatten die Norriser zu ihrer neuen Profession gefunden, der Piraterie.
Mercook grinste, als ein Gabelstapler mit Paletten voller Infanteriewaffen an ihm vorbei fuhr. Die PATTON war ein Volltreffer für sie!
Da hörte Mercook ein mechanisches Klickgeräusch und das Surren eines Servomotors. Neugierig drehte er sich herum und sah, wie sich eine Klappe an der Decke öffnete und ein Teleskoparm sich entfaltete. Der Pirat runzelte die Stirn, doch als sich das Maschinengeschütz auf ihn richtete, war es zu spät. Infernalisch laut brüllte das Geschütz auf, als es eine Salve todbringender Projektile auf den Kapitän der Piraten feuerte. Die großkalibrigen Geschosse trafen den Mann in den Brustkorb und rissen ihn förmlich auseinander. Auf der PATTON brach jetzt die Apokalypse über die Piraten hinein, denn das Schiff hatte sein internes Immunsystem aktiviert und wehrte sich gegen die Eindringlinge!
*
J.T. Rollins hatte nun einen Plan und er würde ihn umsetzen. Das automatische Sicherheitssystem der PATTON würde nun zu jeder Menge Problemen für die Piraten führen, doch wenn sie einen gewieften Hacker an Bord hatten, würden sie auch damit klarkommen. Doch dagegen hatte Rollins etwas!
Der Fähnrich erreichte eine unauffällige Tür, die mit einem kleinen gelben Symbol gekennzeichnet war. Leider hatte er nicht die passende Keycard dabei, deshalb setzte er seinen eigenen Schlüssel ein. Er hob den Blaster und gab zwei kurze Schüsse auf das Schloss ab, dann zog er die Tür auf. Nun hatte er Zugriff auf deutlich potentere Waffen als seinen Blaster, den er in der Tasche seines Raumanzugs verschwinden ließ.
Suchend irrten seine Augen durch die kleine Waffenkammer, dann lächelte er. Rollins entschied sich für einen Sturmblaster und eine leichte Energieklinge, die er an seinem Gürtel befestigte.
Tackson betrachtete fassungslos die qualmenden Überreste der Automatikgeschütze, die aus dem Boden der Brücke aufgetaucht waren. Wäre er nicht durch die Aufnahmen der Überwachungskamera gewarnt gewesen, wären sie von diesen Kanonen einfach über den Haufen geballert worden. Doch der Pirat hatte seine zwei großkalibrigen Pistolen nicht aus der Hand gelegt. Das er schnell genug war, war aber eigentlich pures Glück gewesen, aber die Brücke blieb somit unter der Kontrolle der Piraten. Hektisch sah der Pirat zuerst auf die Bilder der Überwachungskamera und dann zu Denninger, der nach Schwachstellen im Bordcomputer suchte, um das Sicherheitsprotokoll wieder zu deaktivieren.
„Wie lange brauchst du noch? Die Jungs sterben auf dem Schiff wie die verdammten Fliegen!“
Denninger gab einen grunzenden Laut von sich, mit dem Tackson rein gar nichts anfangen konnte. Aber der ältere Pirat arbeitete schon lange genug mit dem Software-Mann zusammen um zu wissen, dass er bisher noch jedes System geknackt hatte.
Da klopfte es an die gepanzerte Tür der Brücke. Die beiden Piraten sahen sich irritiert an. Wer konnte das sein?
Tackson sah zum Monitor, der die Bilder der Überwachungskamera vor der Brücke übertrug. Doch seit der Kaperung existierte die Kamera nicht mehr und der Monitor zeigte nur noch ein schwarzes Bild.
„Frag nach“, raunzte Denninger und zeigte auf die Kontrolltafel an der Wand.
Natürlich, wie hatte er nur die Sprechanlage vergessen können? „Wer ist da?“, zischte Tackson.
„Ich bin es, Donnie!“
Tackson schüttelte den Kopf und schlug mit der Faust auf den Knopf zur Entriegelung des Zugangs zur Brücke. Donnie war so etwas wie Leichtmatrose und Hilfskoch in einer Person. Wahrscheinlich gab es überall in dieser Galaxie immer irgendwo einen Donnie.
Die Stabilisatoren der Panzerung wurden komprimiert und falteten sich zusammen, dann fuhren auch die massiven Riegel der Tür hydraulisch zurück und die oberschenkeldicke Stahltür schwang nach innen auf.
Donnie erschien im Zugang und taumelte auf die Brücke. Dann blitzte eine bläuliche Klinge auf durchbohrte von hinten den Oberkörper des jungen Piratens und trat an der Brust wieder aus. Erst da sah Tackson die Gestalt in dem Raumanzug hinter Donnie.
Wütend riss Tackson einen Blaster aus seinem Hosenbund, aber dann prallte der Leichnam von Donnie gegen ihn. Der Bastard hinter ihm musste der Leiche einen kräftigen Tritt versetzt haben. Donnie riss Tackson von den Beinen.
Hektisch versuchte sich der große Mann von dem Leichnam zu befreien, doch er war zu langsam. Rollins trat heran und stach die Energieklinge senkrecht nach unten. Mühelos drang die bläuliche Klinge in den Schädel des Piraten und tötete ihn innerhalb von Sekunden.
Bisher war Denninger wie erstarrt gewesen. Doch nun wollte er panisch seine Pistole aus dem Holster ziehen, doch er war zu langsam. Blitzschnell holte Rollins aus, dann flirrte seine bläulich glänzende Klinge durch die Luft, dann traf den Pirat das gut unterarmlange Schwert am den Hals und durchtrennte dessen Aorta. Wie Fontänen spritzte das Blut im Herzrhythmus aus der klaffenden Wunde heraus, dann kippte der Pirat tot um. Rollins hatte die Brücke erobert!
„Sicherheitsprotokoll der Raumflotte 78625, Kennung Rollins, J.T.“, sagte er mit klarer Stimme.
Sofort ertönte eine akustische Bestätigung und die Brücke wurde wieder hermetisch vom Rest der PATTON abgeriegelt.
„Schilde hoch“, befahl der Fähnrich.
Die Beleuchtung auf der Brücke verfärbte sich bläulich.
„Computer, orte die Besatzungsmitglieder dieses Schiffs!“
„Sämtliche Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden auf das andere Schiff gebracht!“
Rollins schluckte hart, denn auch hier trafen seine düsteren Vorahnungen zu. Nun musste er bluffen, etwas anderes blieb ihm nicht. Dann flog der Blick des Fähnrichs zum taktischen Display hinüber. Das Feindschiff war ein Witz, denn es besaß noch nicht einmal Schilde. Die Piraten hätten im Raumkampf niemals auch nur den Hauch einer Chance gegen die PATTON gehabt, deshalb hatten sie tricksen müssen.
„Gegnerisches Ziel mit Energiewaffen und Torpedos anvisieren.“
Erneut setzte der Computer die Anweisung des Steuermanns selbstständig um. „Videokontakt zum gegnerischen Schiff herstellen!“
Auf dem Videoschirm erschien ein verlotterter Kerl mit spärlichen, zur Seite gekämmten Haaren. Kleine Schweinsaugen funkelten Rollins aus einem feisten Gesicht an.
„Ich bin Fähnrich J.T. Rollins von der axaraborianischen Raumflotte, derzeitiger Kommandant der PATTON. Ich unterbreite ihnen hiermit die einmalige Chance zur bedingungslosen Kapitulation, bevor ich ihr verdammtes Schiff in Myriaden von Partikeln verwandle!“
Dem Gegenüber von Rollins wich jede Farbe aus seinem Gesicht, dann schluckte er. „Wir haben hier nahezu die ganze Besatzung ihres Schiffs an Bord, mein Sohn“, krächzte der wie abgerissen aussehende Commander des anderen Schiffs. Rollins wurde bei der Anrede Sohn ganz übel. „Wenn Sie unser Schiff angreifen, wäre das definitiv auch das Todesurteil für ihre Kameraden. Wenn hier einer kapituliert, dann sind das deshalb wohl Sie!“
„Wie Sie wollen! Computer, Reaktor des gegnerischen Schiffs als Hauptziel selektieren.“
Als das akustische Quittungssignal deutlich hörbar ertönte, zuckte Rollins mit den Schultern. „Sie haben es so gewollt. Als kommandierender Offizier der PATTON werde ich alles Nötige tun, um das Schiff nicht in fremde Hände fallen zu lassen!“
Der abgehalfterte Kommandant hielt dem Blick von Rollins für einige Sekunden stand. Dann blickte der Pirat kurz nach unten. Rollins grinste, denn er fühlte, dass er das Duell gewonnen hatte. Der zerlumpte Mann hob beschwichtigend die Hände und seine Stimme überschlug sich. „Bitte… Stopp! Wir übergeben ihnen unser Schiff, PATTON!“
J.T. Rollins grinste breit. Nur 2 Sekunden später wäre sein Bluff aufgeflogen. Letztlich war es wieder nur eine Frage der Cojones gewesen...
ENDE