Читать книгу Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket - A. F. Morland - Страница 48

15

Оглавление

Die Sonne strahlte vom herbstlichen Himmel. Die Wiener nahmen das schöne Wetter zum Anlass, um in den Prater zu gehen.

Helmut Schramm hatte Erika von zu Hause abgeholt. Nun saßen sie im Garten eines gut besuchten Praterrestaurants. Sie aßen eine Kleinigkeit und tranken Bier dazu.

"Ein besseres Essen kriegst du in ganz Wien nicht", sagte Schramm.

Gegenüber machte die Geisterbahn einen Riesenspektakel, um die Leute zu einer kleinen Gruselfahrt zu animieren.

"Wie geht's in der Akademie?", erkundigte sich Schramm, nachdem er sein Bier ausgetrunken hatte.

Erika schüttelte lächelnd den Kopf. "Frag mich lieber nicht. Am liebsten würde ich nicht mehr hingehen."

"Warum denn nicht?"

"Da gibt es einen Professor - ich hab' dir schon ein paarmal von ihm erzählt… Ach! Ich will nicht darüber reden, sonst ist der ganze schöne Nachmittag verdorben. Wir wollen uns lieber amüsieren. Es kommt ohnedies viel zu selten vor, dass du Pause machst und für mich Zeit hast."

Schramm schob das leere Bierglas auf dem Tisch hin und her.

"Ich habe im Moment keine Lust zum Arbeiten."

"Bedrückt dich irgendetwas, Helmut?"

Schramm schüttelte verneinend den Kopf. Er wollte Erika damit nicht belasten.

"Du machst keinen glücklichen Eindruck, Helmut. Sag mir, was du hast. Vielleicht kann ich dir helfen."

Er schüttelte wieder den Kopf. Er wollte nicht davon sprechen.

Erika legte ihre Hand auf seinen Arm, sah ihm in die Augen und sagte eindringlich: "Bitte, Helmut. Sag es mir."

Er zuckte die Achseln, als wollte er die Sache verniedlichen.

"Ich kann in letzter Zeit nicht mehr richtig schlafen."

"Geh doch zum Arzt. Der bringt das ganz bestimmt wieder in Ordnung. Sicher kommt das daher, weil du zuviel arbeitest."

"Das glaube ich nicht. Und ich glaube auch nicht, dass mir ein Arzt helfen kann. An meiner Schlaflosigkeit ist irgendetwas anderes schuld."

"Was, Helmut?"

Schramm zündete sich eine Zigarette an. Erika sah, wie seine Hände zitterten. Es schien ihm sehr ernst zu sein.

"Mich quält immer wieder derselbe abscheuliche Traum."

"Was für ein Traum ist das?"

"Ich sehe meine Mutter. Sie ist ungefähr zwanzig. Jung. Hübsch. Betrunken und nackt. Sie erwartet einen Mann. Ein widerlicher Kerl. Sie schläft mit ihm auf eine ganz ekelhafte Art. Ich habe den Eindruck, als wäre dieser schreckliche Kerl der Teufel selbst, als würde er mit meiner Mutter eine satanische Brut zeugen. Ich träume das immer wieder. Es macht mich ganz krank…"

Schramm fuhr sich verzweifelt über die müden Augen. Sein Gesicht sah in diesem Augenblick alt aus.

"Vielleicht kann dir ein Psychiater helfen, Helmut", sagte Erika besorgt. Er tat ihr leid. "Irgendeinen Grund hat dieser Traum bestimmt. Ein Psychiater könnte ihn vielleicht herausfinden."

Schramm seufzte. "Ich weiß es nicht…"

Erika drückte seinen Arm. Sie sagte sanft: "Möchtest du, dass ich dich heute Nacht von diesem bösen Alptraum befreie?"

Schramm lächelte matt. "Natürlich möchte ich das."

"Dann werde ich heute Nacht bei dir bleiben."

Schramm sah Erika dankbar an und nickte. Vielleicht half ihm ihre Nähe wirklich.

Er bezahlte die Zeche. Sie machten einen ausgedehnten Bummel durch den Prater.

Der Abend kam viel zu schnell.

Sie fuhren zu Schramm nach Hause. Der Schriftsteller schloss die Tür auf. Er hörte das Schrillen des Telefons und beeilte sich, ins Arbeitszimmer zu kommen.

"Schramm!", sagte er hastig, nachdem er abgehoben hatte.

Am anderen Ende des Drahtes war Dr. Wulf Zimmermann, der Steuerberater.

Erika trat ebenfalls ins Arbeitszimmer. Schramm verdrehte die Augen, hielt die Sprechmuschel zu und sagte zu ihr seufzend: "Zimmermann, die Nervensäge. Du kennst ihn ja. Mach uns inzwischen etwas zu trinken."

Erika ging.

"Was gibt's denn, Dr. Zimmermann?", fragte er dann in die Sprechmuschel.

"Ich versuche Sie seit nunmehr zwei Stunden zu erreichen, Herr Schramm!", rief der Steuerberater vorwurfsvoll.

"Nun haben Sie es ja geschafft", grinste Schramm.

"Sparen Sie doch Ihren Spott, ja!", ärgerte sich der Steuerberater.

"Ich werde doch noch mein Haus verlassen dürfen, ohne mich bei Ihnen abmelden zu müssen", reagierte Schramm nun ebenfalls scharf. "Was wollen Sie? Machen Sie es kurz. Ich habe zu arbeiten."

"Denken Sie, ich nicht?"

"Das habe ich nicht behauptet."

"Ich muss mich bis in die Nacht hinein mit Ihren unvollständigen Unterlagen herumärgern."

"Soweit mir auffiel, haben Sie dafür ein nicht unerhebliches Honorar verlangt und bekommen, Dr. Zimmermann!", erwiderte Schramm trocken. "Es ist nun mal auf der Welt so eingerichtet, dass man sich sein Geld durch Arbeit verdienen muss. Was glauben Sie eigentlich, wofür ich Sie bezahle, Zimmermann? Fürs Nichtstun?"

Der Steuerberater verlor die Beherrschung. "Hören Sie, Herr, Schramm, so können Sie vielleicht mit Ihrer Freundin reden, aber nicht mit mir. Ich werde die geschäftlichen Beziehungen mit Ihnen abbrechen, wenn Sie mich weiterhin wie den letzten Dreck behandeln."

"Sie meinen also auch, dass es besser für mich wäre, wenn ich mich um einen anderen Steuerberater umsehen würde?"

"Jawohl!", schrie Dr. Zimmermann, außer sich vor Wut. "Das meine ich!"

"Somit sind wir ein einziges Mal einer Meinung", höhnte Schramm verärgert.

"Ich werde Ihnen den ganzen Kram hier zurückschicken!"

"Ist mir recht!", knurrte Schramm. "Ich hatte ohnedies schon seit langem den Eindruck, den unfähigsten Steuerberater von Wien zu beschäftigen."

"Sie!", brüllte Dr. Zimmermann so laut, dass Schramm den Hörer ein wenig vom Ohr nehmen musste. Der Steuerberater begann zu schimpfen. Er wurde ausfällig. "Wissen Sie, was Sie in meinen Augen sind, Herr Schramm? Ein dümmlicher Laffe, der sein Geschmiere weit überbewertet."

Das war Schramm zuviel.

Er knallte den Hörer wütend auf die Gabel, ohne ein weiteres Wort zu erwidern.

"Nichts als Ärger!", zischte er und knallte die geballte Rechte in die linke Handfläche. "Immer nur Ärger. Mit jedem muss ich mich anlegen. Ich weiß nicht, was mit mir los ist."

Erika stand mit den Drinks in der Tür.

Er schaute sie ratlos an. "Früher kam ich mit allen Leuten wunderbar aus. Mit einem mal ist es wie verhext."

Erika kam zu ihm und gab ihm sein Glas. "Dich trifft keine Schuld, Helmut."

"Wen denn?"

"Es sind die anderen. Sie fordern dich heraus."

"Ja. Aber wieso? Sie haben das doch früher nicht getan. Warum greifen sie mich plötzlich von allen Seiten an? Ich will mich nicht ständig wehren. Ich will meine Ruhe haben."

Erika schmiegte sich an ihn, um ihn zu beruhigen. "Komm, Helmut. Trink und vergiss den Ärger. Du weißt doch hoffentlich noch, was wir uns für heute Abend vorgenommen haben?"

Sie hob ihr Gesicht zu ihm. Ihre Augen glänzten verliebt, wie im Fieber. Sie bot ihm ihre roten Lippen. Er küsste sie, obwohl er nicht ganz bei der Sache war. Er konnte einfach nicht abschalten. Es war so schwer, an all das nicht mehr zu denken. So furchtbar schwer. Sie tranken ihre Gläser leer. Schramm küsste sein Mädchen wieder. Diesmal inniger. Sie löste sich mit einem Lächeln von ihm.

"Ich nehme noch schnell ein Bad, ja?"

"Okay", nickte Schramm.

Er wandte den Blick und schaute gedankenverloren auf seine Schreibmaschine.

Irgendetwas musste in seinem Gesicht zu erkennen sein, denn Erika sagte plötzlich vorwurfsvoll: "Helmut! Das ist doch nicht dein Ernst."

"Was?", fragte er irritiert.

"Du willst doch nicht etwa jetzt zu schreiben anfangen."

"Nur ein paar Zeilen."

"Nein, Helmut!"

"Nur, solange du dein Bad nimmst."

Erika kräuselte den Mund.

"Ich habe da eine Idee…", sagte Schramm gedankenverloren.

Erika gab ihren Widerstand auf. Sie kannte ihn. Wenn er eine Idee hatte, die er zu Papier bringen wollte, war er durch nichts davon abzuhalten.

In dem Punkt war er ein Besessener.

Sie ging seufzend ins Bad.

Schramm setzte sich mit starrem Blick an die Schreibmaschine. Er schaltete sie ein, nahm zwei leere Blätter, legte das Kohlepapier dazwischen, spannte die Bogen in die Maschine und begann sofort zu schreiben…

Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket

Подняться наверх