Читать книгу Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket - A. F. Morland - Страница 63
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ОглавлениеGisela kam aus dem Bad. Sie trug einen Bademantel, der ihr viel zu groß war. Sie sah darin wie ein kleines Kind aus. Während sie auf Dr. Wulf Zimmermann zuging, frottierte sie sich die Oberarme.
"Ich habe mir deinen Bademantel geliehen", lächelte das Mädchen.
Zimmermann nickte. "Er passt dir; wie angegossen."
"Das ist nicht wahr. Ich sehe darin unmöglich aus."
"Unmöglich nicht."
"Wie denn?"
"Bezaubernd", grinste Zimmermann.
Er küsste sie. Sie erwiderte den Kuss, glitt mit den Lippen zu seinem linken Ohr hin und flüsterte ihm leise zu: "Ich habe auch ein bisschen von dem Parfüm genommen, der im Spiegelschrank steht. Es ist doch für Mädchen bestimmt, oder?"
Der Steuerberater lächelte verschmitzt. "Ich habe es eigens für dich gekauft."
"Lügner. Du hast ja gar nicht gewusst, dass ich mit dir hierherkommen werde."
"Doch. Das habe ich von Anfang an gewusst."
Seine Finger tasteten sich aufgeregt nach dem dicken Gürtel.
Er krallte sich daran fest und riss ihn dann mit einem schnellen Ruck auf.
Der Bademantel klaffte auf.
Giselas schlanker, duftender Körper kam zum Vorschein. Es war keine unschuldige Nacktheit, die sich dem Mann nun präsentierte.
Der Steuerberater spürte eine heiße Welle ins Gesicht schießen. Er atmete plötzlich wesentlich schneller.
"Du bist wunderschön, Gisela", keuchte er aufgeregt.
Seine Hände zitterten leicht, als er den Bademantel von ihren Schultern streifte.
Das Frotteegebilde fiel zu Boden.
Nun war Gisela vollkommen nackt.
Auch sie war erregt, das sah Zimmermann an ihrem flatternden Blick.
"Komm!", flüsterte sie und streckte die Arme verlockend nach ihm aus. "Komm zu mir, Wulf. Ich brauche dich. Jetzt gleich."
Sie stand vor dem offenen Kamin. Ihr Körper wurde vom flackernden Schein der Flammen umspielt. Es schien, als würde sie brennen.
Sie brannte wirklich. Der Wunsch nach Liebe brannte in ihr.
"Komm!", keuchte sie heiser.
Er machte einen benommenen Schritt auf sie zu. Ihre Arme schlossen sich um seinen Nacken. Sie sanken gleichzeitig auf das schneeweiße Eisbärenfell nieder.
"Wulf! Wulf!", keuchte das Mädchen und drängte sich zitternd an seinen Körper.
Ein leidenschaftliches Ringen begann…
Plötzlich ging das Licht aus.
Gisela erschrak, zuckte hoch und fragte nervös: "Was ist das, Wulf?"
Mit einem mal war die knisternde, elektrisch aufgeladene Atmosphäre wie eine Seifenblase zerplatzt.
Gisela hatte aus unerklärlichen Gründen Angst.
Sofort fiel ihr wieder das seltsame Gefühl ein, das sie befallen hatte, als sie im Bad gewesen war.
Sie hatte sich beobachtet gefühlt. Und nun ging das Licht im Haus aus. Das Knacken der Holzscheite im Kamin machte sie noch nervöser. Das Heulen des Sturms, der über den Schornstein strich und ein orgelndes, unheimliches Geräusch erzeugte, war ebenfalls nicht angetan, sie zu beruhigen.
"Wieso geht plötzlich das Licht aus, Wulf?"
Zimmermann schüttelte den Kopf, als würde er der Sache keine Bedeutung beimessen.
Er wollte sich jetzt nicht mit solchen Dingen befassen. Da war Gisela. Sie lag auf dem Eisbärenfell. Er konnte ihren warmen, schönen Körper berühren. Der Schein der flackernden Flammen zauberte bizarre Schatten auf ihre nackte Haut.
Warum sollte er sich darum kümmern, weshalb das Licht ausgegangen war?
Nachher. Es war nachher noch genug Zeit, sich darum zu kümmern. Jetzt war die Zeit reif für etwas anderes. Für etwas weit Erfreulicheres. Er wollte sich davon nicht abhalten lassen.
Seine gierigen Hände tasteten über den flachen Bauch des Mädchens. Ganz langsam glitten sie nach unten.
"Wir brauchen doch jetzt kein Licht, Gisela!", flüsterte er aufgeregt.
Seine Gier nach dem Mädchen ließ seine Schläfen pochen. Er war ganz verrückt nach Gisela.
Zum Teufel mit dem Licht. Er brauchte es im Augenblick wirklich nicht. Er brauchte nur Gisela. Alles andere war ihm im Moment gleichgültig.
"Was ist mit dem Licht, Wulf…?"
"Der Schein des Feuers genügt doch vollkommen, Gisela."
"Passiert das öfter, Wulf?"
"Was?", fragte Zimmermann. Er war nicht ganz bei der Sache.
"Dass das Licht ausgeht!", sagte Gisela nervös und schob seine Hände aufgeregt von sich.
"Eigentlich nie", sagte er ein wenig ärgerlich. Sollte die ganze schöne Stimmung dadurch wirklich kaputtgehen? "Vielleicht haben wir eine Stromstörung. Mein Gott, das ist doch vollkommen gleichgültig."
"Drüben im Nachbarhaus brennt aber Licht, Wulf."
Zimmermann merkte, wie nun auch seine Erregung abzuflauen begann. Es ärgerte ihn.
"Dann ist eben hier im Haus eine Sicherung durchgegangen. Ist doch kein so großes Malheur."
"Eine Sicherung…", sagte Gisela aufgeregt. Sie steigerte sich - immer mehr in eine sinnlose Aufregung hinein, wie Zimmermann meinte.
"Ich sehe nachher nach", sagte der Steuerberater, um das Mädchen zu beruhigen.
Doch Gisela war nicht mehr zu beruhigen. Sie schüttelte ängstlich den Kopf und bettelte mit furchtgeweiteten Augen: "Sieh bitte gleich nach, Wulf."
"Aber…"
"Ich fürchte mich, Wulf."
Zimmermann lachte. "Dummchen. Wovor fürchtest du dich denn? Ich bin doch bei dir."
"Bitte, sieh nach, Wulf! Bitte. Ich halte diese Ungewissheit nicht aus."
"Was ist denn schon so schlimm daran, wenn einmal das Licht ausfällt?", fragte der Steuerberater nun vollends ernüchtert.
Die schöne Stimmung war beim Teufel.
"Ich weiß es nicht", erwiderte Gisela achselzuckend. Sie zog die Beine an ihren nackten Körper und fröstelte leicht. "Vorhin, als ich im Bad war, hatte ich das Gefühl, jemand würde mich beobachten."
Zimmermann lachte. "Unsinn. Sieh doch einmal aus dem Fenster. Kein normaler Mensch verlässt sein Haus bei so einem Wetter, wenn er nicht dazu gezwungen ist."
Giselas furchtsamer Blick hing flehend an Zimmermanns Augen.
"Ich werde das schreckliche Gefühl nicht los, dass außer uns noch jemand im Haus ist, Wulf."
Zimmermann lachte schallend. "Jetzt mach aber endlich einen Punkt. Du beginnst ja Gespenster zu sehen!"
Gisela starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sie zitterte nun heftiger. Sie fürchtete sich. Ihre Angst wurde immer größer.
"Er hat die Sicherungen herausgeschraubt. Oder den Hauptstromschalter ausgeschaltet!"
"Wer denn, um Himmels willen?", fragte Zimmermann ärgerlich. Langsam hatte er dieses Spiel satt.
"Ich weiß es nicht", sagte Gisela mit furchtgeweiteten Augen.
Allmählich schaffte sie es, ihn mit ihrer Angst anzustecken.
Das ärgerte ihn am meisten.
Plötzlich erinnerte er sich an das Klirren des Fensters.
Und mit einem mal wurde er unsicher. Er stellte sich insgeheim die Frage, ob Gisela recht hatte.
Ihr gegenüber blieb er jedoch zuversichtlich. Sie waren nach wie vor allein im Haus. Das sagte er zumindest. Glauben wollte auch er nicht mehr so recht daran.
"Also gut. Ich werde jetzt nachsehen, damit du beruhigt bist, ja?"
"Ja", hauchte das aufgeregte Mädchen und nickte heftig.
Er ging eigentlich mehr, um sich selbst zu beruhigen, um sich selbst Gewissheit zu verschaffen, aber das musste Gisela ja nicht wissen.
Der Wind nahm an Stärke zu.
"Es ist unheimlich hier, wenn kein Licht brennt, Wulf!", sagte das zitternde Mädchen.
Zimmermann nickte zuversichtlich. "Wir werden gleich wieder Licht haben, Gisela."
Sie griff nach dem Frotteemantel und zog ihn fröstelnd an.
Die Wohnzimmertür quietschte leise, als der Steuerberater sie aufmachte.
Gisela lief es eiskalt über den Rücken.
Zimmermann ging hinaus.
Das Mädchen wartete ängstlich. Sie kauerte vor dem offenen Kamin und wagte sich nicht zu bewegen. Sie wagte kaum zu atmen, solche Angst hatte sie, ohne sich erklären zu können, wovor.
Sie grub ihre perlweißen Zähne in die bebende Unterlippe und starrte gespannt zur Tür, durch die der Steuerberater das Wohnzimmer verlassen hatte. Irgendwie fühlte sie mit jeder Faser ihres zitternden Körpers, dass nun gleich etwas ganz Schreckliches passieren würde. Dieser furchtbare Gedanke ließ sie nicht mehr los. Er machte sie vor Angst beinahe verrückt.