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GIFTE REGNEN VOM HIMMEL
ОглавлениеLarus hat mir Der stumme Frühling von Rachel Carson geschenkt, weil es »eins der wichtigsten Bücher ist, die du je lesen wirst«. Der stumme Frühling ist 1962 erschienen und enthüllte damals, dass verschiedene Chemikalien, die ursprünglich entwickelt worden waren, um in den Weltkriegen Menschen zu töten, als Pestizide eingesetzt wurden und unerwartete Folgen nach sich zogen, wie den Tod von Vögeln und Kindern. Damals in den Sechzigern waren die Leute doppelt sauer auf die Regierung, weil man sie ohnehin schon der Gefahr von Nuklearwaffen aussetzte, die jederzeit ohne Vorwarnung auf sie niedergehen konnten, und ihnen vorgaukelte, sie könnten sich unter einem Schreibtisch in Sicherheit bringen.
Carsons Buch führte dazu, dass der großflächige Einsatz von DDT verboten wurde, und ließ in den USA ein allgemeines Umweltbewusstsein aufkeimen. Die Unterdrückung durch das ambivalente System wurde nicht länger fraglos hingenommen. Frauen konnten Rechte haben, Schwarze konnten Rechte haben, Homosexuelle konnten Rechte haben, Tiere konnten Rechte haben, sogar Gras und Bäume konnten Rechte haben, und wenn man mit Plakaten in einer Menschenmenge auf die Straße ging, konnte man alles erreichen.
Larus verwendet seine selbst erfundenen Sammelbegriffe wie »die aufkeimende Jugend von heute« und »die ignorante Herde« entschieden zu oft. Er ist genau der Typ Mann, wie man sich einen Mann vorstellt, dem das Bienensterben zusetzt. Er redet, als spielte er einen inneren Monolog im Dauerdurchlauf ab, den er in die Welt aussendet, als wäre sein Mund ein Lautsprecher. Ein Blick genügt, und ich denke, dass er bei der Erwähnung von Ölbohrungen in der Arktis in Tränen ausbrechen wird.
Es gibt gewisse Stereotypen über Menschen, denen unser Planet nicht scheißegal ist, und komischerweise besitzen sie im Allgemeinen feminine Züge. Um ein sozial akzeptierter Umweltschützer zu sein, muss man entweder weiblich sein, ein Kind oder ein Exzentriker (was wiederum etwas Weibisches an sich hat, falls man schon ein erwachsener Mann ist). Das liegt vermutlich daran, dass Umweltprobleme als melodramatisch empfunden werden, und Melodramatik gehört in die weibliche Domäne, weil Frauen natürlich von Haus aus hysterisch sind, »mit der Natur im Einklang«, und bei Bildern von Möwen, die in Coladosen feststecken, untermalt von trauriger Klaviermusik, in Tränen ausbrechen. Melodramatisch, weil es dringlichere Themen gibt, wie Terroristen und Faschismus und die drohende Jobkrise durch Roboterarbeitskräfte, wen interessieren da die Bienen. Frauen mögen Tiere nur, weil sie niedlich sind und ihre mütterlichen Instinkte wecken.
Es ist ein Teufelskreis, weil man diese Themen unmöglich ansprechen kann, ohne sich einen ganzen Vortrag anhören zu müssen, der durch unseren angeblichen Hang zur Melodramatik negativ vorbelastet ist. Sich Sorgen um die Umwelt zu machen, ist öde, Greenpeace wird von Panikmachern und verrückten Verschwörungstheoretikern geleitet, und ja, die Bienen sind irgendwohin verschwunden, aber das ist ein langweiliges Mysterium.
Kannst DU nur ein Pfund im Monat spenden? NUR EIN PFUND IM MONAT? Mit einem Pfund könnte man Katzen wie Maurice ein ganzes Jahr lang füttern, ihm einen Unterschlupf für regnerische Nächte und windige Tage bereitstellen und die Liebe kaufen, nach der er sich so sehnt. Maurice hat sein Frauchen und Herrchen geliebt (Einsatz traurige Klaviermusik, Bild von Maurice, der durchnässt in einem Karton am Straßenrand hockt), aber eines Tages haben sie ihn ins Auto gepackt und ihn einfach am Straßenrand zurückgelassen, weil er Flöhe hatte und stank. Wir müssen Tiere wie Maurice beschützen, die kleinen Pelzgeschöpfe, die Gott in unsere Obhut gegeben hat.
Aber Bienen bestäuben so ziemlich alles, was wir essen. Also mal ernsthaft, Larus, wohin sind die Bienen verschwunden?