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a) Zunächst: Reiner Dualismus

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Das Verfassungsgericht hat in einer ersten Phase mit dem schon erwähnten Urteil Costa gegen ENEL Nr. 14 vom 7.3.1964 den Vorrang des Europarechts vor dem nationalen Recht kategorisch ausgeschlossen. Der Fall betraf einen Konflikt zwischen dem Gesetz über die Verstaatlichung der Erzeugung elektrischer Energie[22] und einigen Vorschriften des EWG-Vertrags, d.h. zwischen einem nachfolgenden einfachen nationalen Gesetz und dem einfachen Gesetz, das den Anwendungsbefehl des EWG-Vertrags enthielt. Die Corte costituzionale schloss insbesondere aus, dass ein dem Gemeinschaftsrecht widersprechendes späteres nationales Gesetz wegen eines mittelbaren Widerspruchs zu Art. 11 Cost. für verfassungswidrig gehalten werden konnte. Sie wandte hingegen das zeitliche Kriterium lex posterior derogat legi priori mit der Folge an, dass ein späteres einfaches Gesetz eine vorhergehende gemeinschaftsrechtliche Norm innerhalb des nationalen Rechts aufheben konnte. Zur Begründung führte sie an, dass Art. 11 Cost. als „norma permissiva“ (Öffnungsklausel) zwar eine Beschränkung der Souveranität durch einfaches Gesetz (d.h. das Umsetzungsgesetz zum EWG-Vertrag) zulässt, diesem Gesetz aber keinen besonderen Status im Verhältnis zu allen anderen einfachen Gesetzen zuweist mit der Folge, dass eine eventuelle Verletzung der Gemeinschaftsverträge durch ein späteres einfaches Gesetz die Verfassungsmäßigkeit und die Anwendbarkeit eines solchen Gesetzes nicht berührt, auch wenn dies eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit auslösen würde. Das Verfassungsgericht ordnete damit die europäische Integration ausschließlich dem Bereich des Völkerrechts zu und wandte die für die Beziehung zwischen nationalem Recht und Völkerrecht geltende streng dualistische Theorie auch auf die Beziehungen zwischen der nationalen Rechtsordnung und der der Gemeinschaft an.

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Anders als die Corte costituzionale hat der EuGH dagegen von Anfang an auf das Verhältnis zwischen den beiden Rechtssystemen die monistische Theorie angewendet und den Vorrang des Europarechts vor dem nationalen Recht bekräftigt. Nach seiner Auffassung sind das Europarecht und das nationale Recht Bestandteile eines einzigen Rechtssystems, das auf den europäischen Verträgen beruht. Deshalb erkannte der Gerichtshof, der im Wege einer Vorlage zur Vorabentscheidung mit dem Fall Costa gegen ENEL befasst wurde, nur wenige Monate nach der Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichts mit Urteil vom 15.7.1964[23] den Vorrang des Europarechts vor dem nationalen, auch zeitlich späteren, Recht an.

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