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cc) Der nur indirekte Dialog zwischen dem Verfassungsgericht und dem EuGH

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Der EuGH ist zuständig, im Wege der Vorabentscheidung die europarechtlichen Normen zu interpretieren (vgl. Art. 234 lit. a und b EG) und gegebenenfalls die unmittelbare Geltung einer europarechtlichen Norm festzustellen, sofern eine derartige Frage vor einem Gericht eines Mitgliedstaates entscheidungserheblich wird. Damit hängen der Sache nach sowohl die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit eines einer Gemeinschaftsnorm widersprechenden nationalen Gesetzes[39] als auch die Kompetenz der Corte costituzionale von der Vorabentscheidung des EuGH ab. Die Corte costituzionale wollte jedoch nicht akzeptieren, in „Gemeinschaftsangelegenheiten“ eine dem EuGH so deutlich untergeordnete Rolle zu spielen und lehnt es daher ab, als ein „Gericht eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 234 EG verstanden zu werden.[40] Sie begründet dies damit, dass sie wegen der erheblichen Unterschiede zwischen ihrer Funktion und derjenigen anderer Gerichte nicht zu den ordentlichen oder besonderen Gerichten gerechnet werden könne (siehe Beschluss Nr. 536 vom 29.12.1995). Das Verfassungsgericht fordert daher, dass jede „Gemeinschaftsfrage“, die die strittige Norm betrifft, zunächst vom direkt befassten Gericht entschieden wird; andernfalls droht die Unzulässigkeit der Vorlage zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit und die Rückverweisung der Sache an das zunächst befasste Gericht, damit dieses sich im Wege der Vorabentscheidung an den EuGH wendet. Nur in dem Fall, in dem die Gemeinschaftsnorm unmissverständlich scheint und die unmittelbare Geltung ebenfalls eindeutig auszuschließen ist, nimmt das Verfassungsgericht die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vor.

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Diese Auffassung ist kritisiert worden, nicht nur, weil das Verfassungsgericht in jeder Beziehung als ein „Gericht eines Mitgliedstaats“ anzusehen ist, sondern auch weil es ein Gericht letzter Instanz ist, das als solches nicht nur befugt, sondern verpflichtet ist, sich im Wege der Vorabentscheidung an den EuGH zu wenden (vgl. Art. 234 Abs. 3 EG). Die Auffassung der Corte costituzionale wird zudem heftig kritisiert, weil bei Kompetenzkonflikten zwischen Staatsorganen oder zwischen Staat und Regionen oder bei der abstrakten Normenkontrolle eine Rückverweisung an das zunächst befasste Gericht nicht in Betracht kommt, weil es in diesen Fällen kein vorher befasstes Gericht gibt. Zumindest in diesen letztgenannten Fällen habe das Verfassungsgericht bei Fragen über die Auslegung von Gemeinschaftsnormen keine andere Möglichkeit, als dem EuGH die Frage über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorzulegen.[41]

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