Читать книгу Professionell lehren und lernen - Adi Winteler - Страница 12
1.3 Was ist gute Hochschullehre?
ОглавлениеObwohl manche Dozenten der Überzeugung sind, dass man gute Lehre nicht definieren könne, weil Lehre eher eine Kunst als ein Handwerk sei, zeigt doch die Forschung dazu, dass bestimmte Merkmale nach Ansicht sowohl von Studierenden als auch von Dozenten regelmäßig mit guter Lehre verbunden sind. So lassen die Ergebnisse aus offenen Befragungen eine hohe Übereinstimmung zwischen Lehrenden und Lernenden darüber erkennen, was ihrer Meinung nach einen guten Dozenten auszeichnet. Neben didaktischen Fertigkeiten werden vor allem Persönlichkeitsmerkmale wie Freundlichkeit sowie soziale Verhaltensmerkmale wie Kooperation und Motivierung als bedeutsam eingeschätzt. Gute Veranstaltungen werden über gutes Dozentenverhalten definiert. Dozenten betonen dabei mehr die fachlich-inhaltlichen Aspekte, Studierende dagegen die Art der Vermittlung der Studieninhalte.
Auf der anderen Seite gibt es durchaus die Ansicht (auch wenn sie häufig nicht offen ausgesprochen wird), dass schlechte Lehre zu besserem Lernen führt. Dabei ist der Gedankengang etwa folgender: Es sei die Aufgabe der Studierenden, für ihr Lernen zu sorgen, nicht die Aufgabe der Dozenten. Durch schlechte Lehre würden die Studierenden gezwungen, sich die Informationen selbständig zu suchen, Texte zu studieren, nach Bedeutung und Sinn zu suchen – also aktiv zu lernen. Und das sei allemal besser, als wenn ihnen die Informationen durch einen »guten« Dozenten lediglich dargeboten würden. Ergo führt schlechte Lehre zu besserer Lernqualität.
Oft genug geht diese Ansicht über Lehre auf Erfahrungen der Betreffenden aus der eigenen Studentenzeit zurück. Was dabei jedoch übersehen wird: Die betreffende Person war trotz der schlechten Lehre erfolgreich. Und was ist mit den vielen anderen Studierenden, die an diesem System gescheitert sind? Die Realität und die Forschungsergebnisse sprechen eine andere Sprache: Gute Lehre führt zu hoher Qualität des Lernens.
Effektive Hochschullehre hat zwei Dimensionen:
1 intellektuelle Begeisterung (Enthusiasmus, Fachkompetenz, Inspiration, Humor, interessante Darstellung, Klarheit, Organisation);
2 interpersonale Fähigkeiten bzw. effektive Motivation (Verfügbarkeit, Freundlichkeit, Zugänglichkeit, Hilfsbereitschaft, Unterstützung, Ermutigung, Herausforderung).
Eine »gute« Lehrveranstaltung erfüllt dabei die folgenden Kriterien:
Sie stellt hohe Lernanforderungen. Ihr geht es über grundlegende Informationen und Konzepte hinaus u. a. um kritisches, kreatives, problemlösendes Denken und Entscheiden.
Sie fördert aktives Lernen. Neben den eher passiven Lernformen wie Lesen und Zuhören werden durch die aktiven Formen des Lernens, durch Gruppenarbeit, Diskussion, Problemlösung usw. die höheren Lernziele angestrebt.
Sie sorgt für häufige und unmittelbare Rückmeldung an die Studierenden über deren Lernfortschritt. Damit die Studierenden wissen, ob sie es richtig machen, reichen Prüfungszensuren und benotete Seminarscheine nicht aus.
Sie sorgt für eine strukturierte Abfolge unterschiedlicher Lernaktivitäten. In jeder Lehrveranstaltung sind unterschiedliche Formen des Lernens notwendig (Vorlesung, Kleingruppenarbeit, Projektarbeit, Referate usw.). Damit können einerseits unterschiedliche Lernziele erreicht werden, andererseits wird unterschiedlichen Lernstilen der Studierenden Rechnung getragen. Die Lernaktivitäten müssen so strukturiert sein, dass zu Beginn die Grundlagen für die späteren komplexeren Aufgaben gelegt werden.
Sie hat ein faires System zur Leistungsbeurteilung und zur Notenvergabe. Die Zensur soll die erreichte Leistung in den verschiedenen Lernaktivitäten widerspiegeln. Das Notensystem sollte objektiv und reliabel (zuverlässig) sein, die Noten sollten schriftlich begründet werden.
Das Ziel guter Lehre ist, studentisches Lernen zu erleichtern und in der Folge die Qualität des Lernens zu verbessern. In einschlägigen Untersuchungen wurden die studentischen Beurteilungen der verschiedenen Aspekte der Hochschullehre in Beziehung gesetzt zu den studentischen Prüfungsleistungen in der entsprechenden Veranstaltung.
Danach fördern besonders die folgenden Merkmale von Hochschulunterricht das studentische Lernen (aufgeführt in der Reihenfolge der Bedeutung für die Leistung in Prüfungen):
1 Vorbereitung des Dozenten
2 Organisation der Veranstaltung
3 Klarheit und Verständlichkeit
4 wahrgenommene Effizienz des Unterrichts
5 Ermutigung durch den Dozenten, Fragen zu stellen und zu diskutieren
6 Offenheit für andere Meinungen
Dies alles sind Merkmale, die wesentlich vom Dozenten abhängen und die er oder sie deshalb auch lernen und im Unterricht effizient einsetzen kann.