Читать книгу Professionell lehren und lernen - Adi Winteler - Страница 22
3.5 Lernzielebenen berücksichtigen
ОглавлениеWer nicht weiß,
wohin er will, braucht sich
nicht zu wundern,
wenn er ganz woanders ankommt.
Eine Möglichkeit, um zu wissen, wohin Sie wollen und in der Folge dort auch anzukommen, ist die Formulierung von Lernzielen. Hiermit beschreiben Sie, wozu die Studierenden in der Lage sein sollen, nachdem sie Ihre Lehrveranstaltung besucht haben.
Lernzielarten
Drei Lernzielarten können unterschieden werden. Sie reichen von sehr allgemeinen bis zu sehr präzisen Lernzielformulierungen.
1 Lernziele hoher Abstraktion: Richtziele. Sie schließen nur wenige Alternativen aus und sind sehr unspezifisch formuliert. Beispiel: »Lehre und Studium sollen den Studenten auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten.«
2 Lernziele mittlerer Abstraktion: Grobziele. Sie sind durch unspezifische Begriffe formuliert und lassen viele Alternativen zu. Beispiel: »Intelligenztheorien vergleichend betrachten können.« Das angestrebte Ziel ist eher vage ausgedrückt, es gibt keinen Beurteilungsmaßstab.
3 Lernziele niedriger Abstraktion: Feinziele. Sie sind eindeutig formuliert, schließen Alternativen weitgehend aus und machen konkrete Angaben zur beabsichtigten Qualifikation, die ein Lernender erreichen soll. Beispiel: »Die Hauptgütekriterien standardisierter Testverfahren benennen und definieren können.«
Lernzieltaxonomie
Für den kognitiven Bereich können Lernziele danach unterschieden werden, welchen Komplexitätsgrad die notwendigen kognitiven Prozesse haben. Auf diese Weise erhält man ein Klassifikationssystem (Taxonomie), das von einfachen kognitiven Fähigkeiten (Wissen erinnern) zu immer komplexeren kognitiven Fähigkeiten (Synthese und Beurteilung des Wissensbestandes) aufsteigt.
Wissen
Einzelheiten erinnern: Kenntnis von Begriffen und Wörtern
Kenntnisse einzelner Fakten (z. B. Formeln)
Kenntnis von Wegen und Mitteln für den Umgang mit konkreten Einzelheiten
Kenntnis der Universalien und Abstraktionen eines Gebietes, Kenntnisse von Prinzipien (z. B. Merkmale von Testverfahren)
Kenntnisse von Theorien und Strukturen; klare Betrachtungsweise eines bestimmten Gebietes
Verständnis
Übertragung (z. B. Daten in Diagramme übertragen)
Interpretation (z. B. Ergebnisse von Datensätzen interpretieren)
Extrapolation (aus gegebenen Daten Prognosen ableiten)
Anwendung
Gelerntes auf neue Probleme oder Aufgabenstellungen anwenden
Analyse
Analyse von Elementen. Identifizierung einzelner Elemente
Analyse von Beziehungen: Fähigkeit, die Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen zu verstehen
Analyse von Organisationsprinzipien: Strukturen verstehen
Synthese
Zusammensetzung von Elementen und Teilen zu einem Ganzen
Fähigkeit, sich schriftlich oder mündlich auszudrücken
Entwerfen eines Plans oder eines Programms für eine Reihe von Operationen, z. B. Ablaufplan entwickeln
Ableitung einer Reihe abstrakter Beziehungen, z. B. neue Hypothesen entwickeln
Beurteilung
Beurteilung im Hinblick auf innere Klarheit
Erkennen von Fehlern und Begründung
Beurteilen im Hinblick auf äußere Kriterien
Die Taxonomie kann ein wichtiges Hilfsmittel bei der Unterrichtsplanung sein. Mit ihrer Hilfe können Sie feststellen, ob Sie in Ihrem Unterricht Lernziele auf allen Stufen anstreben, ob die gestellten Prüfungsaufgaben den Lernzielen entsprechen und ob Sie adäquate Lehrstrategien zur Erreichung der Lernziele einsetzen. Lernzieltaxonomien sind nicht unumstritten. Wenn man Lernziele in Verhaltensbegriffen definiert, wird leicht übersehen, dass tatsächlich geäußertes Verhalten kein sinnvolles Lernziel ergibt, da das geäußerte Verhalten nicht ohne Abweichungen wiederholt werden kann. Daher sollte das Ziel ein Verhaltensmuster sein, d. h. das regelmäßige zukünftige Verhalten. Dies bedeutet, dass eine Persönlichkeitsänderung angestrebt wird. Dabei ist das gezeigte Verhalten der Indikator für das Erreichen des Ziels, nicht aber das Ziel selbst.