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2.3 Lehrende: Ihr Einfluss auf Lernende

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Als Lehrende haben Sie darüber hinaus einen ganz entscheidenden Einfluss darauf, wie Studierende ihre Lernumgebung wahrnehmen. Dies betrifft hauptsächlich explizite und implizite Botschaften an die Studierenden darüber, wie er oder sie studieren, d. h. welche Lernorientierung (Lernkonzeption und Lernstrategie) er oder sie verfolgen soll.

Die Forschung über die Entwicklung der Lernkompetenz im Verlauf des Studiums hat gezeigt, dass die von Studierenden wahrgenommene Lernumgebung von einer Reihe von Faktoren determiniert wird, die der Dozent in der Hand hat. Auf die wichtigsten unter ihnen gehen wir im Folgenden zunächst kurz ein. Ausführlicher werden sie dann in den jeweiligen Kapiteln besprochen.

Curriculum

Einer der wesentlichen Gründe für den Studienabbruch von Studierenden (immerhin ein Drittel der Studienanfänger!) ist die erlebte Diskrepanz zwischen den Erwartungen an das Studium und den Erfahrungen im Studium in Bezug auf Inhalte, Schwierigkeitsgrad und Klima und die daraus resultierenden Zweifel am Sinn des Studiums. Studierende haben oft Schwierigkeiten, die Ziele des Studiums und das Wesen der studierten Disziplin zu verstehen. Ihre Erwartungen an die praktische Anwendbarkeit des Wissens, an das vermittelte Know-how und an die Relevanz der Inhalte werden oft enttäuscht. Sie haben Probleme, effektiv zu lernen und kommen mit neuen Lehrmethoden wie problemorientiertem Lernen oder Teamlernen nicht zurecht, weil sie darin nicht trainiert worden sind.

Studierende bekommen auch oft den Eindruck, dass in den verschiedenen Lehrveranstaltungen jeweils ein in sich geschlossenes Wissensgebäude vorgestellt wird und zwischen den Veranstaltungen wenig Beziehungen bestehen. Dies verhindert, dass sie einen Gesamtüberblick über die Struktur des Studiengangs und die Querbeziehungen zwischen den Fächern entwickeln können. Es führt auch dazu, dass sie rasch den Überblick verlieren und sich in Einzelheiten verzetteln.

Was können Sie tun?

Machen Sie den Studierenden klar, welches Wissen, welche Fertigkeiten und Fähigkeiten, welche Einstellungen und Werte von einem Absolventen erwartet werden, damit er oder sie den angestrebten Beruf erfolgreich ausüben kann. Erläutern Sie die Natur Ihrer Disziplin: Wie ist Ihr Studienfach definiert? Womit beschäftigen Sie sich in Ihrem Fach? Wie wird es vermittelt? Wozu dient das Ganze? Welchen Nutzen hat es? Wohin führt es die Studierenden?

Verdeutlichen Sie in Ihren eigenen Veranstaltungen die Einordnung in das Gesamtcurriculum, die Beziehung zu anderen Fächern, fordern Sie die Studierenden auf, ihr Wissen aus anderen Fächern mit Ihrem Fach zu verknüpfen, verlangen Sie die Anwendung des Gelernten in anderen Kontexten. Alles, was zu dem Verständnis beiträgt, dass Ihr Fachgebiet nicht isoliert dasteht, sondern Beziehungen sowohl innerhalb der Struktur des Fachs als auch zwischen den Fachgebieten bestehen, fördert das Verständnis für das Ganze (mehr darüber im folgenden Kapitel).

Lehre

Alle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass gute Lehre mit einer hohen Qualität des Lernens verbunden ist. Wenn Sie Ihre Lehrkompetenz entwickeln und z. B. das Material gut strukturieren, es auf die studentische Erfahrungswelt beziehen, Beispiele, Analogien und Metaphern benutzen, ein gutes Lernklima schaffen und eine gute Beziehung zu den Studierenden herstellen, dann steigert dies die Qualität des Lernens und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Sie die Interessenentwicklung und das Tiefenlernen der Studierenden fördern.

Was können Sie tun?

Sie sind gerade dabei, es zu tun. Wenn Sie dieses Buch mit Verständnis gelesen haben und die darin enthaltenen Ideen, Tipps und Vorschläge auf eine zu Ihnen passende Weise in Ihre Lehre integrieren, sind Sie auf dem besten Weg, professionell zu lehren.

Aufgabenstellung

Die meisten Aufgaben, die Studierenden im Studium gestellt werden, wie Prüfungen, Tests, Präsentationen und Forschungsaktivitäten, sind von ihnen individuell und in Konkurrenz mit den anderen Studierenden zu erledigen. Gelernt wird hierdurch unter Umständen, dass jede Form der Teilung des Wissens oder der Kooperation unerwünscht ist. Aus der Forschung wissen wir jedoch, dass effektives Lernen durch das gemeinsam entwickelte Verständnis und die dadurch gewonnenen Einsichten, durch das Verteidigen einer Position, die kritische Reflexion einer anderen Meinung und auch dadurch entsteht, dass Gelerntes so an andere weitergegeben wird, dass diese es verstehen (teaching is learning twice).

Was können Sie tun?

Mit den oben beschriebenen Prinzipien sind Sie in Ihrer Forschungstätigkeit wahrscheinlich bestens vertraut. Ebenso gut können Sie diese Prinzipien auch in der Lehre anwenden.

Sorgen Sie für eine breite Palette an Aufgabenstellungen für Ihre Studierenden: Aufgaben, bei denen sie kooperieren müssen, Aufgaben, bei denen sie die Lösung selbst finden müssen, bei denen sie Lösungen präsentieren und miteinander diskutieren, zusammen einen Projektbericht erstellen usw. Und sorgen Sie auch dafür, dass diese Leistungen honoriert werden und in die Leistungsbeurteilung eingehen (mehr darüber in den Kapiteln »Lehrstrategien, die das aktive Lernen fördern« und »Wie Sie die Qualität des Lernens steigern können«).

Arbeitsbelastung

Als bereits in der Lehre Tätige kennen Sie vermutlich die folgende Situation: Sie kommen wieder einmal mit Ihrem Stoff nicht durch. In der Folge können Sie versuchen, dennoch »durchzukommen«, indem Sie einfach schneller vorangehen, die Stunde überziehen, den Studierenden Hausaufgaben geben, Fragen abwürgen, auf die fehlende Zeit verweisen usw.

Die Forschung zur Arbeitsbelastung von Studierenden macht deutlich, was Sie aus Ihren eigenen Erfahrungen in Ihrer Studentenzeit wahrscheinlich bestätigen können: Wenn Studierende sich überlastet fühlen, dann bleibt Ihnen keine Zeit mehr, den Stoff wirklich zu verstehen oder zu erforschen. Sie nehmen dann Zuflucht zum Auswendiglernen. Für diese Art des Lernens charakteristisch ist die Aussage eines Studenten: »Vor der Prüfung ziehe ich mir den Stoff rein, und in der Prüfung kotze ich ihn wieder aus.«

Möchten Sie das? Selbst wenn Sie lediglich den Eindruck erwecken, dass der Stoff eigentlich gar nicht zu schaffen ist, dann kann dies bei den Studierenden den Effekt haben, dass sie keine Zeit darauf ver(sch)wenden, ihn zu verstehen. Sie versuchen dann lediglich, ihn so vollständig wie möglich zur Prüfung zu reproduzieren (s. o.). Dieser Eindruck kann bereits entstehen durch Aussagen wie: »Wir haben hier jetzt nicht die Zeit dazu, das müssen Sie zu Hause lesen«; »Wir müssen uns jetzt beeilen, wir sind im Stoff schon zurück«; »Wir müssen jetzt weitermachen, wir haben noch viel Stoff vor uns« usw.

Was können Sie tun?

Stellen Sie sicher, dass die Studierenden noch »Luft« haben, den Lernstoff wirklich zu verstehen. Ich weiß, dass dies gegen die Tendenz gerichtet ist, Veranstaltungen zu überladen, indem man einfach Stoff hinzufügt, ohne gleichzeitig etwas anderes wegzulassen. Wo steht eigentlich geschrieben, dass »alles gebracht« werden muss? Dieses Unterfangen ist bei der jetzigen Wissensexplosion aussichtslos. Stellen Sie sich einfach die Frage: Was will ich, dass die Studierenden tun? Will ich, dass die Studierenden für einen (größeren) Teil des reduzierten Stoffs ein wirkliches Verständnis entwickeln oder will ich, dass die Studierenden einen (kleineren) Teil des überladenen Stoffumfangs lediglich reproduzieren? (Mehr darüber in den folgenden Kapiteln, insbesondere im Kap. 11 Lehrstrategien, die das aktive Lernen fördern.)

Prüfungen

Studierende lernen entsprechend ihren Erwartungen an die Prüfung. Deshalb spielt die Art der Prüfung eine ganz entscheidende Rolle für die Qualität des studentischen Lernens. Wenn die Prüfung auf Faktenwissen abzielt, dann lernen die Studierenden die Fakten. Wenn sie eine multiple-choice-Prüfung (MC) ist, dann lernen die Studierenden, darauf Antworten zu geben. Auch wenn man mit MC-Tests Verständnis und Anwendung prüfen kann, tendieren die Studierenden dennoch dazu, sie als auf Inhalt und Fakten bezogen zu betrachten. Wenn die Prüfung darauf ausgerichtet ist, dass die Studierenden Literaturstudien betreiben, Aufzeichnungen anfertigen, Fallstudien analysieren, Projekte durchführen, dann ist es wahrscheinlicher, dass sie dem Ganzen einen Sinn abgewinnen wollen, zu verstehen und ein kohärentes Bild zu entwickeln versuchen.

Was können Sie tun?

Die Botschaft ist deutlich – Sie müssen sich gut überlegen, welche Art des Lernens Sie bei Ihren Studierenden fördern wollen: Reproduktion des Stoffs oder Verständnis und Analyse des Gelernten (mehr darüber im Folgenden und im Kap. 7).

Ich kann mir vorstellen, dass Sie bereits ungeduldig darauf warten, dass es endlich losgeht mit der Planung einer Lehrveranstaltung. Dies ist jetzt der Fall.

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