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Erstes bis fünftes Bändchen
Drittes Kapitel.
Die Catalonier

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Hundert Schritte von dem Orte wo die zwei Freunde, die Blicke nach dem Horizont gerichtet, das Ohr auf der Lauer, den sprudelnden Lamalgue-Wein tranken, erhob sich hinter einem nackten, von der Sonne und dem Mistral zerfressenen Hügel das kleine Dorf der Catalonier.

Eines Tags brach eine geheimnisvolle Colonie von Spanien auf und landete an der Erdzunge, wo sie sich noch heutigen Tages befindet. Man wußte nicht, woher sie kam, und sie sprach eine unbekannte Sprache. Einer von den Führern, der das Provencalische verstand, bat die Gemeinde Marseille, ihnen dieses nackte, unfruchtbare Vorgebirge zu geben, auf das sie wie die Matrosen des Altertums, ihre Schiffe gezogen hatten. Die Bitte wurde bewilligt, und drei Monate nachher erhob sich um zwölf bis fünfzehn Fahrzeuge, welche diese Zigeuner des Meeres mitgebracht hatten, ein kleines Dorf.

Dieses Dorf, auf eine bizarre und malerische Weise halb im maurischen, halb im spanischen Style gebaut, ist dasjenige, welches man noch heutzutage von den Abkömmlingen dieser Menschen bewohnt sieht, die auch die Sprache ihrer Väter beibehalten haben. Seit drei bis vier Jahrhunderten sind sie dem kleinen Vorgebirge treu geblieben, auf das sie eingefallen waren, wie ein Schwarm von Seevögeln, ohne sich in irgend einer Beziehung mit der Bevölkerung von Marseille zu vermischen, denn sie heirateten unter sich und behielten die Sitten und die Tracht ihres Mutterlandes bei, wie sie die Sprache bei. behalten hatten.

Die Leser müssen uns durch die einzige Straße dieses Dörfchens folgen und mit uns in eines von den Häusern eintreten, denen die Sonne außen die schön braungelbe, den Denkmälern des Landes eigentümliche, Färbung, und eine Lage von Steinmörtel innen die weiße Tinte gegeben hat, welche die einzige Ausschmückung der spanischen Posadas bildet.

Ein junges Mädchen mit rabenschwarzen Haaren und Augen sammetartig, wie die der Gazelle, stand an eine Wand gelehnt und zerknitterte mit ihren zart zugespitzten Fingern ein unschuldiges Heidekraut, von dem sie die Blumen abriß und dessen Stücke sie auf dem Boden umher streute. Ihre bis an den Ellbogen entblößten Arme, weiche zwar gebrannt waren, aber nach denen der Venus von Arles geformt zu sein schienen, bebten von einer gewissen fieberhaften Ungeduld, und sie schlug mit ihrem geschmeidigen, schön gebogenen Fuße auf die Erde, so daß man halb die reine, stolze kühne Form ihres in einen baumwollenen Strumpf mit grau und roten Zwickeln eingeschlossenen Beines sah.

Drei Schritte von ihr auf einem Stuhle sitzend, den er hin und her wiegte, den Ellbogen auf einen wurmstichigen Schrank gestützt, betrachtete sie ein großer Bursche von zwanzig bis einundzwanzig Jahren mit einer Miene in der sich Unruhe und Trotz bekämpften; Seine Augen fragten, aber der feste, entschiedene Blick des jungen Mädchens beherrschte den Jüngling.

»Laßt hören, Mercedes,« sagte der junge Mann, »Ostern kommt wieder, es ist die Zeit, Hochzeit zu machen, antwortet mir?«

»Ich habe Euch hundert Mal geantwortet, Fernand; und Ihr müßt in der Tat Euer eigener Feind sein, daß Ihr mich noch ein Mal befragt!«

»Nun, wiederholt es, ich bitte Euch, wiederholt es noch ein Malz daß ich es endlich glauben kann. Sagt mir zum hundertsten Male, daß Ihr eine Liebe ausschlagt, die Euere Mutter billigte. Macht mir begreiflich, daß Ihr mit meinem Glücke Euer Spiel treibt, daß mein Leben und mein Tod nichts für Euch und sind. Ach mein Gott, mein Gott! zehn Jahre lang geträumt haben, Euer Gatte zu werden, und diese Hoffnung verlieren, welche der einzige Zweck meines Lebens war!«

»Ich bin es wenigstens nicht gewesen, die Euch in dieser Hoffnung ermutigt hat, Fernand,« antwortete Mercedes. Ihr habt mir keine einzige Coquetterie in dieser Hinsicht vorzuwerfen. Stets sagte ich Euch: Ich liebe Euch wie meinen Bruder: fordert aber nie etwas Anderes von mir, als diese brüderliche Liebe; denn mein Herz gehört einem Anderer. Ich habe Euch das immer gesagt. Fernand.«

»Ja, ich weiß es wohl. Mercedes,« antwortete der junge Mann. »Ja, Ihr habt Euch mir gegenüber das grausame Verdienst der Offenherzigkeit gegeben. Aber vergeßt Ihr, daß bei den Cataloniern das heilige Gesetz besteht, sich nur unter einander zu heiraten?«

»Ihr täuscht Euch, Fernand, es ist kein Gesetz, es ist eine Gewohnheit, und nichts weiter. Führt diese Gewohnheit nicht zu Euren Gunsten an. Ihr seid der Conscription verfallen. Die Freiheit, die man Euch läßt, ist eine einfache Duldung. Jeden Augenblick könnt Ihr unter die Fahne gerufen werden. Seid Ihr einmal Soldat, was wird aus mir werden? aus einem armen traurigen, vermögenlosen Mädchen, das als einzige Habe nur eine baufällige Hütte besitzt, in der ein paar abgenutzte Netze hängen, . .die elende Erbschaft von meinem Vater meiner Mutter, von meiner Mutter mit hinterlassen! Seit einem Jahre, daß sie tot ist, lebe ich beinahe von der öffentlichen Wohlthätigkeit. Zuweilen gebt Ihr Euch den Anschein, als ob ich Euch nützlich wäre, um das Recht zu haben, Euren Fischfang mit mir zu teilen. Ich nehme es an. Fernand, weil Ihr der Sohn eines Bruders von meinem Vater seid, weil wir mit einander erzogen worden sind, und mehr noch als alles Dies, weil es Euch zu viel Kummer machen würde, wenn ich es ausschlüge; aber ich fühle wohl, daß der Fisch, den ich verwerte, und wovon ich das Geld beziehe, mit dem ich den Hanf kaufe, welchen ich spinne, ich fühle es wohl, Fernand. daß er ein Almosen ist.«

»Und was liegt daran. Mercedes. wenn Ihr. arm und vereinzelt, wie Ihr seid, mir besser zusagt. als die Tochter des stolzesten Reeders und des reichsten Banquier von Marseille! Was brauchen wir Leute? ein ehrliches Weib, eine gute Hauswirthin. Wo sollte ich in diesen beiden Beziehungen etwas Besseres finden, als Ihr seid?«

»Fernand.« antwortete Mercedes den Kopf schüttelnd. »man wird eine schlechte Hauswirthin und kann nicht dafür stehen. daß man eine ehrliche Frau bleibt, wenn man einen andern Mann liebt, als seinen Gatten. Begnügt Euch mit meiner Freundschaft. denn ich wiederhole Euch, das ist Alles, was ich Euch versprechen kann, und ich verspreche nur das, was ich geben zu können sicher bin.«

»Ja. ich begreife.« sagte Fernand. »Ihr ertragt geduldig Eure Armut, aber ihr habt bange vor der meinigen. Nun wohl. Mercedes. von Euch geliebt, werde ich mich aufzuschwingen suchen. Ihr bringt mir Glück, und ich werde reich. Ich kann mein Fischergewerbe ausdehnen. ich kann als Commis in ein Comptoir eintreten, ich kann sogar Kaufmann werden!«

»Ihr könnt von allem Dem nichts versuchen. Fernand. Ihr seid Soldat. und wenn Ihr unter den Cataloniern weilt. so ist dies nur der Fall, weil gegenwärtig kein Krieg geführt wird. Bleibt also Fischer, haltet Euch fern von den Träumen, die Euch die Wirklichkeit nur noch furchtbarer erscheinen lassen würden, begnügt Euch mit meiner Freundschaft. da ich Euch nichts Anderes geben kann.«

»Ihr habt Recht, Mercedes, ich werde Seemann. Ich habe dann statt der Tracht unserer Väter, die Ihr verachtet, einen gefirnißten Hut, ein gestreiftes Hemd und ein blaues Wamms mit Ankern auf den Knöpfen. Muß man nicht so gekleidet sein. um Euch zu gefallen?«

»Was wollt Ihr damit sagen?« fragte Mercedes und schleuderte ihm einen gebieterischen Blick zu. »Was wollt Ihr damit sagen, ich verstehe Euch nicht.«

»Ich will damit sagen. Mercedes. daß Ihr nur so grausam und hart gegen mich seid. weil Ihr Einen erwartet, der auf diese Art gekleidet ist. Aber der Mann, den Ihr erwartet. ist vielleicht unbeständig. und wenn er es nicht ist, so ist es das Meer für ihn.«

»Fernand.« rief Mercedes. »ich hielt Euch für gut. aber ich täuschte mich! Ihr habt ein schlechtes Herz, daß Ihr mit.Eurer Eifersucht den Zorn des Himmels herabruft. Nun wohl, ja. ich verstelle mich nicht: ich erwarte und liebe denjenigen, welchen Ihr meint, und wenn, er nicht zurückkehrt. so werde ich. statt die Unbeständigkeit anzuklagen, die Ihr bezeichnet, behaupten. er sei mich liebend gestorben.«

Der junge Catalonier machte eine Gebärde der Wut.

»Ich verstehe Euch. Fernand, Ihr werdet Euch dafür rächen., daß ich Euch nicht liebe. Ihr werdet Euer catalonisches Messer mit seinem Dolche kreuzen! Wozu soll Euch das führen? Dazu. daß Ihr meine Freundschaft verliert, wenn Ihr besiegt werdet, daß Ihr meine Freundschaft sich in Haß verwandeln seht, wenn Ihr Sieger seid. Glaubt mir, Streit, mit einem Manne suchen, ist ein schlechtes Mittel, der Frau zu gefallen, die diesen Mann liebt. Nein, Fernand, Ihr werdet Euch nicht so durch Eure, schlimmen Gedanken hinreißen lassen. Da Ihr mich nicht als Frau besitzen könnt, so werdet Ihr Euch begnügen. mich zur Freundin und zur Schwester zu haben, und überdies,« fügte sie mit unruhigen. Tränenfeuchten Augen bei, »wartet, Fernand: Ihr habt so eben gejagt. das Meer sei treulos; und er ist schon vier Monate abgereist, seit vier Monaten habe ich viele Stürme gezählt.«

Fernand blieb unempfindlich. Er suchte nicht die Tränen zu trocknen, welche über die Wangen von Mercedes herabrollten, und dennoch hätte er für jede von ihrer Tränen ein Glas von seinem Blute gegeben: aber diese Tränen flossen nicht für ihn.

Er stand auf, ging in der Hütte umher, kehrte zurück, blieb mit düsterem Auge und geballten Fäusten vor Mercedes stehen und sagte:

»Laßt hören. Mercedes, noch ein Mal, antwortet; steht Euer Entschluß fest?«

»Ich liebe Edmond Dantes,« antwortete kalt das junge Mädchen. »und kein Anderer als Edmond soll mein Gatte werden.«

»Und Ihr werdet ihn immer lieben?«

»So lange ich lebe.«

Fernand ließ das Haupt sinken wie ein entmutigter Mensch und stieß einen Seufzer aus. Dann plötzlich die Stirne wieder erhebend, die Zähne zusammengepreßt und die Nase weit ausgedehnt. rief er:

»Aber wenn er tot ist?«

»Wenn er tot ist. sterbe ich.«

»Aber wenn er Euch vergißt?«

»Mercedes!« rief eine freudige Stimme vor dem Hause. »Mercedes!«

»Ah!« rief das junge Mädchen vor Entzücken errötend und vor Liebe hoch aufspringend. »Ihr seht, daß er mich nicht vergessen hat, denn er ist da!«

Und sie lief nach der Thüre, öffnete sie und schrie:

»Herein. Edmond. hier bin ich!«

Fernand wich bleich und bebend zurück. wie dies der Reisende bei dem Anblick einer Schlange tut, stieß an seinen Stuhl und sank auf denselben nieder.

Edmond und Mercedes lagen einander in den Armen. Die glühende Sonne von Marseille drang durch eine Öffnung der Thüre und übergoß sie mit einer Woge von Licht. Anfangs sahen sie nichts von dem, was sie umgab. Ein unermeßliches Glück trennte sie von der Welt und sie sprachen nur in den abgebrochenen Worten, welche die Ergüsse einer so lebhaften Freude sind, daß sie der Ausdruck des Schmerzes zu ein scheinen.

Plötzlich erblickte Edmond das finstere Antlitz von Fernand, wie es bleich und drohend aus dem Schatten hervortrat. Durch eine Bewegung, von der er sich vielleicht selbst nicht Rechenschaft gab, hielt der junge Catalonier die Hand an das Messer, das in seinem Gürtel stak

»Ah! um Vergebung,« sagte Dantes, ebenfalls die Stirne faltend, »ich hatte nicht bemerkte daß wir zu Drei sind!«

Sich sodann gegen Mercedes umwendend, fragte er:

»Wer ist dieser Herr?«

»Dieser Herr wird Dein bester Freund sein, Dantes denn es ist auch mein Freund, es ist mein Vetter, es ist mein Bruder, es ist Fernand, der Mann, den ich nach Dir, Edmond, am meisten in der Welt liebe. Erkennst Du ihn nicht mehr?«

»Ah, gewiss!« sprach Edmond, und ohne Mercedes zu verlassen, deren Hand er in einer von den seinigen hielt, reichte er mit einer herzlichen Bewegung seine andere Hand dem Catalonier.

Aber Fernand, weit entfernt, diese freundschaftliche Gebärde zu erwidern, blieb stumm und unbeweglich wie eine Statue.

Da ging Edmond mit seinem forschenden Blicke von der bewegten zitternden Mercedes zu dem düsteren drohenden Fernand über.

Dieser einzige Blick sagte ihm Alles.

Der Zorn stieg ihm zu Kopfe.

»Als ich mit so großer Eile zu Euch lief, Mercedes wußte ich nicht, daß ich einen Feind hier finden würde,« sagte er.

»Einen Feind!« rief Mercedes mit einem zornigen Blicke auf ihren Vetter; »einen Feind bei mir, sagst Du, Edmond! Wenn ich das glaubte so nähme ich Dich beim Arme, ginge nach Marseille, und würde dieses Haus verlassen, um nie mehr dahin zurückzukehren.«

Das Auge von Fernand schleuderte einen Blitz.

»Und wenn Dir Unglück widerführe, mein Edmond,« fügte sie mit einer unversöhnlichen.Kälte bei, welche Fernand bewies, daß das Mädchen in der Tiefe seiner finsteren Gedanken gelesen hatte, »wenn Dir Unglück widerführe, so stiege ich auf das Cap Morgiou und stürzte mich kopflings auf die Felsen hinab.«

Fernand wurde furchtbar bleich.

»Aber Du hast Dich getäuscht, Edmond,« fuhr sie fort, »Du hast keinen Feind hier, es ist nur Fernand mein Bruder, hier, der Dir die Hand wie ein ergebener Freund drücken wird.«

Und bei diesen Worten heftete Mercedes ihren gebieterischen Blick auf den Catalonier, der, als würde er von diesem Blicke bezaubert, sich langsam Edmond näherte und ihm die Hand reichte.

Sein Haß, einer ohnmächtigen, obgleich wütenden Welle ähnlich, hatte sich an der Herrschaft gebrochen, welche dieses Mädchen über ihn ausübte.

Aber kaum halte er die Hand von Edmond berührt, als er fühlte, daß er Alles getan, was er tun konnte, und aus dem Hause stürzte.

»Oh!« rief er, wie ein Wahnsinniger fortrennend, und die Hände in seine Haare tauchend, »oh! wer wird mich von diesem Menschen befreien! Wehe mir! wehe mir!«

»He, Catalonier! he, Fernand! wohin läufst Du?« sprach eine Stimme.

Der junge Mann blieb stille stehen, schaute umher und erblickte Caderousse, welcher mit Danglars unter einer Laube an einem Tische saß.

»He!« sagte Caderousse, »warum kommst Du nicht? Hast Du so große Eile, daß es Dir an Zeit gebricht, Deinen Freunden einen guten Morgen zu wünschen?«

»Besonders wenn sie noch eine beinahe volle Flasche vor sich stehen haben?« fügte Danglars bei.

Fernand schaute die zwei Männer mit einer einfältigen Miene an und antwortete nicht.

»Er scheint ganz verblüfft,« sagte Danglars und stieß dabei Caderousse mit dem Knie. »Sollten wir uns getäuscht haben und Dantes gegen unsere Voraussicht siegen!«

»Verdammt, man muß doch sehen!« erwiderte Caderousse. Dann sich gegen den jungen Mann umwendend, sagte er:

»Nun, Catalonier, willst Du Dich entschließen?«

Fernand trocknete den Schweiß ab, der von seiner Stirne floß, und trat langsam unter die Laube, deren Schatten seinen Sinnen etwas Ruhe, deren Frische seinem erschöpften Körper etwas Wohlbehagen zu geben schien.

»Guten Morgen,« sagte er, »Ihr habt mich gerufen nicht wahr?«

Und er fiel mehr als er sich setzte auf einen von den Stühlen, welche um den Tisch standen.

»Ich rief Dich, weil Du liefst wie ein Narr, und weil ich befürchtete Du könntest Dich in das Meer stürzen,« erwiderte lachend Caderousse. »Was Teufels, wenn man Freunde hat, so ist es nicht nur der Fall, um ihnen ein Glas Wein anzubieten, sondern auch um sie zu verhindern, drei bis vier Pinten Wasser zu trinken!«

Fernand stieß einen Seufzer aus, der einem Schluchzen glich, und ließ seinen Kopf auf seine zwei Fäuste sinken, die er kreuzweise auf den Tisch gelegt hatte.

»Willst Du, daß ich es Dir sagen soll, Fernand,« versetzte Caderousse, das Gespräch mit der gemeinen Plumpheit der Leute aus dem Volke anknüpfend, welche die Neugierde jede Diplomatie vergessen läßt; »Du siehst aus, wie ein gänzlich geschlagener Liebhaber.«

Und er begleitete diesen Spaß mit einem schwerfälligen Gelächter.

»Bah,« sagte Danglars. »ein Junge von diesem Schnitte ist nicht gemacht. um in der Liebe unglücklich zu sein. Du scherzest Caderousse.«

»O nein,« erwiderte dieser, »höre nur, wie er seufzt. Ruhig. Fernand.« fügte Caderousse bei, »die Nase hoch gehalten und geantwortet. Es ist nicht liebenswürdig, Freunden nicht zu antworten, welche sich nach unserer Gesundheit. erkundigen.«

»Meine Gesundheit ist gut,« antwortete Fernand, seine Fäuste krampfhaft zusammenziehend. aber ohne den.Kopf zu heben.

»Oh. siehst du Danglars.« sagte Caderousse und machte dabei seinem Freunde aus einem Augenwinkel ein Zeichen. »das ist die Sache: Fernand, den Du hier siehst, ein guter. braver Catalonier, einer der besten Fischer von Marseille. ist in ein schönes Mädchen Namens Mercedes verliebt. Doch leider scheint das junge Mädchen seinerseits in den Second des Pharaon verliebt zu sein. Und da der Pharaon heute in den Hafen eingelaufen ist, so verstehst Du . . . «

»Nein ich verstehe nicht.« erwiderte Danglars.

»Der arme Fernand wird seinen Abschied bekommen haben.« fuhr Caderousse fort.

»Wohl, und dann?« sprach Fernand das Haupt erhebend. und schaute Caderousse wie ein Mensch an, welcher Einen sucht, um seinen Zorn auf ihn fallen zu lassen. Mercedes hängt von Niemand ab. nicht wahr? es sieht ihr frei. zu lieben. wen sie will?«

»Ah! wenn Du es so nimmst,« entgegnete Caderousse. »so ist es etwas Anderes. Ich hielt Dich für einen Catalonier, und man hatte mir gesagt. die Catalonier wären nicht die Männer, um sich durch einen Anderen ausstechen zu lassen, man fügte sogar bei, Fernand besonders wäre furchtbar in feiner Rache.«

Fernand lächelte mitleidig und erwiderte:

»Ein Verliebter ist nie furchtbar.«

»Armer Junge,« versetzte Danglars, der sich den Anschein gab, als beklagte er den jungen Mann aus der Tiefe seines Herzens. »Was willst Du? Er war nicht darauf gefaßt, Dantes so plötzlich zurückkommen zu sehen.Er hielt ihn vielleicht für tot, für ungetreu, wer weiß! man ist bei dergleichen Dingen um so empfindlicher, je mehr sie uns unerwartet begegnen.«

»Ah! meiner Treue, in jedem Fall,« sagte Caderousse, welcher trank, während er sprach, und auf den der sprudelnde Wein von Lamalgue seine Wirkung zu machen anfing, »in jedem Fall ist Fernand nicht der Einzige, den die glückliche Ankunft von Dantes ärgert! Nicht wahr Danglars?«

»Nein, Du sprichst die Wahrheit, und ich glaube beinahe behaupten zu können, daß ihm dies Unglück bringen wird.«

»Doch gleichviel,« versetzte Caderousse, goß Fernand ein Glas Wein ein und füllte zum achten oder zehnten Male sein eigenes Glas, während Danglars nur an dem seinigen genippt hatte; »gleichviel, mittlerweile heiratet er Mercedes, die schöne Mercedes, er kommt wenigstens deshalb zurück.«

Während dieser Zeit betrachtete Danglars mit einem durchdringenden Blick den jungen Mann, auf dessen Herz die Worte von Caderousse wie geschmolzenes Blei fielen.

»Und wann soll die Hochzeit sein?« fragte er.

»Oh! sie ist noch nicht gemacht,« murmelte Fernand.

»Nein, aber sie wird sich machen,« entgegnete Caderousse, »so gewiss, als Dantes Kapitän des Pharaon sein wird; nicht wahr, Danglars?«

Danglars bebte bei diesem unerwarteten Stiche und wandte sich gegen Caderousse um, dessen Gesicht er ebenfalls studierte, um zu sehen, ob ihm der Stich mit Vorbedacht versetzt worden wäre. Aber er sah nichts, als den Neid auf dem durch die Trunkenheit bereits albernen Gesichte.

»Nun wohl,« sprach er, die Gläser wieder füllend, »trinken wir also auf die Gesundheit des Kapitän Edmond Dantes, des Gatten der schönen Catalonierin!l«

Caderousse setzte mit einer schweren Hand sein Glas an den Mund und leerte es auf einen Zug Fernand, nahm das seinige und schleuderte es auf die Erde.

»He, he, he!« rief Caderousse, »was erblicke ich da oben auf dem Hügel in der Richtung der Catalonier! Sieh doch, Fernand! Du hast ein besseres Gesicht als ich. Ich glaube, ich fange an doppelt zu sehen, und Du weißt, der Wein ist ein Verräter. Man sollte glauben, es wären zwei Liebende, welche Hand in Hand neben einander gingen. Gott vergebe mir! sie vermuten nicht, daß wir sie sehen, und umarmen sich sogar.«

Danglars verlor keine von den schmerzlichen Bewegungen von Fernand, dessen Gesicht sich augenscheinlich entstellte.

»Kennen Sie diese Leute, Herr Fernand?« sagte er.

»Ja,« antwortete dieser mit dumpfer Stimme; »es ist Herr Edmond und Mademoiselle Mercedes.«

»Ah, seht Ihr,« sprach Caderousse, »und ich erkannte sie nicht einmal! Oho, Dantes! oho schönes Mädchen! kommt ein wenig hierher und sagt uns wann die Hochzeit sein wird; denn Herr Fernand weigert sich hartnäckig, es uns zu sagen.«

»Willst Du wohl schweigen.« sprach Danglars, der sich den Anschein gab, als wollte er Caderousse zurückhalten, welcher sich mit der Halsstarrigkeit der Trunkenen aus der Laube hervorneigte. »Suche dich aufrecht zu halten und laß die Verliebten sich ruhig lieben. Sieh, schau’ Herr Fernand an und nimm ein Beispiel an ihm: er ist vernünftig.«

Vielleicht war Fernand auf das Äußerste gebracht, von Danglars aufgestachelt wie der Stier durch die Bandilleros, im Begriff hinauszustürzen, denn er hatte sich bereits erhoben und schien sich auf sich selbst zusammenzudrängen, um seinem Nebenbuhler entgegen zu springen; aber lachend und mutig erhob Mercedes ihr schönes Haupt und ließ ihren klaren Blick strahlen. Da erinnerte sich Fernand ihrer Drohung, zu sterben, wenn Edmond sterben würde, und fiel völlig entmutigt auf seinen Stuhl zurück.

Danglars schaute abwechselnd die zwei Männer an: der Eine schien verdumpft durch die Trunkenheit, der Andere bewältigt durch die Liebe.

»Ist werde aus diesen zwei Einfaltspinseln keinen Nutzen ziehen und fürchte sehr, hier zwischen einem Trunkenbold und einem Feigen zu sitzen, Da ist ein Eifersüchtiger, der sich im Weine berauscht, statt daß er sich mit Galle besaufen sollte. Hier ist ein Dummkopf, dem man seine Geliebte unter der Nase weggeschnappt hat, und der sich begnügt zu weinen und zu klagen, wie ein Kind. Und das hat doch flammende Augen, wie die Spanier, wie die Italiener und die Calabresen, die sich so schön rächen; das hat Fäuste, um einem Ochsen den Schädel so sicher zu zerschmettern, als es die Keule eines Schlächters tun wurde. Das Geschick von Edmond trägt entschieden den Sieg davon: er heiratet das schöne Mädchen, er wird Kapitän und spottet unserer, wenn nicht« . . . ein düsteres Lächeln trat auf die Lippen von Danglars . . . »wenn ich mich nicht darein mische,« fügte er bei.

»Holla,« schrie Caderousse, halb aufgestanden und mit den Fäusten auf den Tisch gestützt, »holla Edmond! siehst Du die Freunde nicht oder bist Du bereits zu stolz, um mit ihnen zu sprechen?«

»Nein, mein lieber Caderousse,« antwortete Dantes, »ich bin nicht zu stolz, ich bin glücklich, und das Glück blendet, glaube ich, noch mehr als der Stolz.«

»Das lasse ich mir gefallen; das ist eine Erklärung,« sprach Caderousse. »Ei, guten Morgen, Madame Dantes.«

Mercedes grüßte ernst und erwiderte:

»Das ist noch nicht mein Name, und in meinem Lande bringt es wie man sagt, Unglück; die Mädchen mit dem Namen ihres Bräutigams zu nennen, ehe dieser ihr Gatte geworden ist; ich bitte Sie also, nennen Sie mich Mercedes.«

»Man muß ihm verzeihen, diesem guten Caderousse,« sprach Dantes.

»Die Hochzeit soll also ungesäumt stattfinden, Herr Dantes?« fragte Danglars und begrüßte die zwei jungen Leute.

»So bald als möglich, Herr Danglars. Heute die Verträge bei dem Papa Dantes, und morgen, oder spätestens übermorgen das Hochzeitsmahl hier in der Reserve. Die Freunde werden sich hoffentlich dabei einfinden; das heißt, Sie sind eingeladen, Herr Danglars, und Du bist ebenfalls eingeladen, Caderousse.«

»Und Fernand?« versetzte Caderousse mit einem ekelhaften Gelächter; »Fernand auch?«

»Der Bruder meiner Frau ist mein Bruder, und wir könnten es nur mit tiefem Bedauern sehen, . . Mercedes und ich, . . wenn er sich in einem solchen Augenblicke von uns entfernen würde.«

Fernand öffnete den Mund, um zu antworten; aber, seine Stimme erlosch in seiner Kehle, und er vermochte nicht ein Wort zu artikulieren.

»Heute der Vertrag, morgen oder übermorgen die Hochzeit! Teufel, Sie sind sehr eilig; Kapitän!«

»Danglars,« entgegnete Edmond lachend! »ich sage Ihnen, wie Mercedes vorhin zu Caderousse gesagt hat: geben Sie mir nicht den Titel, der mir noch nicht gebührt, das würde mir Unglück bringen.«

»Ich bitte um Vergebung,« antwortete Danglars; »ich sagte ganz einfach, Sie schienen sehr eilig zu sein. Was Teufels! wir haben Zeit: der Pharaon wird nicht vor drei Monaten in See gehen.«

»Man hat stets Eile glücklich zu sein, Herr Danglars, denn wenn man lange gelitten hat, fürchtet man sich, an das Glück zu glauben. Es ist jedoch nicht die Selbstsucht, die mich handeln läßt: ich muß nach Paris reisen.«

»Ah, wirklich! nach Paris, und Sie kommen zum ersten Male dahin, Dantes?«

»Ja.«

»Sie haben Geschäft dort?«

»Nicht für meine Rechnung; es ist ein letzter Auftrag von unserem armen Kapitän Leclère, den ich zu erfüllen habe. Sie begreifen; Danglars, das ist heilig. Seien Sie übrigens unbesorgt, ich werde mir nur so viel Zeit nehmen, als ich zur Hin- und Herreise brauche.«

»Ja, Ja, ich verstehe,« sagte Danglars laut.

Dann fügte er leise bei:

»Nach Paris, ohne Zweifel, um den Brief, den ihm der Großmarschall gegeben hat, an seine Adresse abzuliefern. Bei Gott, dieser Brief bringt mich auf einen Gedanken, auf einen vortrefflichen Gedanken. Ha, Dantes, mein Freund! Du bist in dem Register des Pharaon noch nicht in Numero 1 eingetragen.«

Dann gegen Edmond gekehrt, der sich bereits entfernte, rief er diesem zu:

»Glückliche Reise!«

»Ich danke,« antwortete Edmond, drehte den Kopf um und begleitete diese Bewegung mit einer freundschaftlichen Gebärde.

Hierauf setzten die zwei Liebenden ihren Weg fort, ruhig und freudig, wie zwei Auserwählte, die zum Himmel emporsteigen.

Der Graf von Monte Christo

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