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2. Gläubigerdisposition über Art und Gegenstand der Vollstreckung und Verhältnismäßigkeit
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Die Gläubigerdisposition über die Vollstreckungsart und den Vollstreckungsgegenstand (Rn. 6.14 ff.) kann dazu führen, dass der Gläubiger eine sehr belastende Vollstreckungsart wählt, z.B. Immobiliarvollstreckung statt Forderungspfändung, oder einen Vollstreckungsgegenstand besonderen Gewichts aussucht, z.B. das Eigenwohnheim des Schuldners und nicht das Mietshaus. Der Versuch, aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Verfassung das Gebot des schwächsten Eingriffs herzuleiten[36], ist indessen schon im Ansatz verfehlt. Er übersieht, dass der Schuldner stets den schwereren Eingriff verhindern kann, indem er im Wege der erfüllenden Selbstliquidation den geringeren Eingriff wählt. Falls er den Überblick verloren hat, hilft der Hinweis der Vollstreckungsorgane (§ 139) als Ausfluss der grundrechtlichen Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Ein „gradus executionis“ (Rn. 6.14 ff.) ist folglich verfassungsrechtlich nicht geboten[37], es sei denn, der Schuldner hat keine Befriedigungsalternative, wie z.B. bei der Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung durch Beugemittel (Rn. 7.7 ff., 7.9).
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Umgekehrt ist allerdings die Gläubigerdisposition für die Vollstreckungsarten und die Vollstreckungsgegenstände nicht verfassungsmäßig garantiert. Es stünde dem Gesetzgeber frei, einen gradus executionis einzuführen: Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet nur die Freiheit des Gläubigers, über das „Ob“ der Vollstreckung zu entscheiden. Wie sich die Vollstreckung vollzieht, kann der Gesetzgeber gestaltend festlegen. Eine andere Frage ist, ob die Einführung einer Vollstreckungsreihenfolge rechtspolitisch wünschenswert erschiene; dies ist klar zu verneinen (hierzu Rn. 6.18).