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XIV. Kapitel

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Während all dies geschah, wurden Bertholds Mutter und sein Bruder Robert, an Händen und Füßen in Ketten gelegt wie Schwerverbrecher, in einem Gefängniskarren in die Pfalz gefahren. Sie konnten nicht erkennen, wohin die ermüdende und anstrengende Reise ging, da sich nur eine kleine, vergitterte Luke am oberen Teil der Wagentür befand, durch die sie den Himmel und manchmal Baumwipfel erkennen konnten. Das Aufstehen war ihnen untersagt und wurde sofort mit Schlägen geahndet, wenn es die Wachen bemerkten, die sie eskortierten. Einmal am Tag bekamen sie etwas Wasser und einen kleinen Kanten Brot. Ihre Notdurft mussten sie in einen stinkenden Kübel verrichten, der in einer Ecke stand.

Die Wege, die ihre Entführer wählten, waren wohlbedacht und lagen stets abseits von Dörfern und Städten. Mussten sie doch einmal auf stärker befahrenen Wegen reisen, wurde die Luke des Karrens zusätzlich mit einem Holzladen verschlossen, damit sich die Gefangenen nicht vielleicht gegenüber anderen Reisenden bemerkbar machen konnten.

Nach acht Tagen beschwerlicher Fahrt, in denen Margarethe und Robert stets von Ungewissheit und Angst gequält wurden, schien die Reise zu Ende zu gehen. Es war schon tiefe Nacht, als sie bemerkten, wie der Karren mit ächzenden Deichseln und knarrenden Achsen mühsam einen langen Anstieg hinauffuhr. Die erschöpften Pferde keuchten laut und zuweilen schienen ihre Hufe auf dem steilen Untergrund auszugleiten.

Dann kam der Karren zum Stehen. Stimmen waren zu hören und das geräuschvolle Öffnen eines schweren Tores. Der Wagen fuhr erneut kurz an und das Tor fiel krachend hinter ihm ins Schloss. Nach ein paar Metern hielt der Karren endgültig, der Kutscher sprang vom Bock und die Bewacher saßen von ihren Pferden ab. Wieder vernahmen Margarethe und Robert Stimmengewirr. Der Riegel der Wagentür wurde zur Seite geschoben und die Tür mit einem Ruck geöffnet. Die Gefangenen blinzelten geblendet in den Feuerschein einiger Fackeln.

In einer ungewohnten Mundart sagte eine derbe Männerstimme: „Holt sie aus dem Wagen und bringt sie in den Turm! Und gebt ihnen Wasser und etwas zu fressen, sie sehen schlecht aus. Nicht, dass sie uns verrecken, dann wäre all die Mühe umsonst gewesen.“

Derbe Hände zerrten die beiden aus dem Karren, noch ehe sie auf die Füße kommen konnten. Geblendet von den Fackeln, fiel Robert an der Türkante mit rasselnden Ketten vornüber aus dem Karren. Sofort verpasste ihm einer der Wachsoldaten einen Tritt in den Magen und herrschte ihn an: „Los, auf die Füße, du Missgeburt, sonst machen wir dir Beine!“

Robert krümmte sich vor Schmerzen und rang nach Luft. Mühsam erhob er sich, während ihn seine Mutter zu stützen versuchte. Bange Fragen kreisten in Margarethes Kopf: Wo waren sie? Und vor allem warum? Seit der Gefangennahme auf dem Hof hatte man kein Wort mit ihnen gewechselt. Nur eines war ihr klar: Hinter all dem steckte Wolfram Etzelroth. Doch nach solch einer langen Fahrt konnten sie sich unmöglich noch im heimischen Wildbann und dem Herrschaftsbereich des Vogtes befinden. Und wo, um Himmels willen, war bloß Peter?

Die Wachsoldaten ließen den beiden keine Zeit zum Überlegen und stießen sie vor sich her, bis sie den Fuß eines massigen Wehrturmes erreichten. Seine Höhe war in der Dunkelheit nur zu erahnen, aber aufgrund der Breite des Turms schätzte ihn Robert auf mindestens zehn Mannlängen. Ein heftiger Stoß in den Rücken beförderte ihn durch den schmalen Eingang. Nach zwei Absätzen auf einer engen Wendeltreppe standen sie vor einer Tür. Einer der beiden Männer nestelte einen Schlüssel unter seinem Hemd hervor und schloss sie auf. Robert und Margarethe wurden unsanft in die Dunkelheit des Raumes geworfen, wo ihnen der andere Soldat die Ketten abnahm.

„Ein Versuch von euch, hier Radau zu machen oder zu entkommen – und ich lege euch wieder in Ketten, aber dann im Burgverlies!“, sagte er drohend, während ein dritter Mann wortlos einen abgestoßenen Krug mit Wasser vor ihnen auf den Boden stellte und einen Laib Brot daneben legte. Die Männer verließen den Raum und die Tür wurde von außen abgeschlossen.

„Weißt du, wo wir sind?“, fragte Robert seine Mutter flüsternd.

„Nein, ich habe keine Ahnung. Aber ich bin sicher, wir werden es erfahren, denn ist es erst einmal Tag, so können wir aus der kleinen Schießscharte dort nach draußen spähen und vielleicht etwas erkennen.“

„Mutter, ich war noch nie so weit von zu Hause weg.“

„Ja, ich weiß, aber es ist nicht die Entfernung zu unserem Heim, Robert, die mir Sorgen bereitet. Es ist die Tatsache, dass wir keines mehr haben und die Umstände, unter denen wir so weit davon entfernt sind.“

Robert sagte leise: „Ich habe Angst.“

Margarethe strich ihm mir der Hand zärtlich durch die Haare und sagte: „Ich auch. Aber vertraue auf Gott und auf deinen Verstand.“

„Wie meinst du das?“

„Nun, wenn man uns umbringen wollte, würde man uns doch nicht erst quer durch das ganze Land karren, sondern hätte uns gleich auf unserem Hof getötet. Warum also dieser Aufwand? Aus irgendeinem Grund scheinen wir für jemanden eine gewisse Bedeutung zu haben.“

Schattenfehde

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