Читать книгу Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band - Alfred Bekker - Страница 11
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ОглавлениеDie Männer in der Kutsche griffen zu ihren Waffen. Chaco hebelte eine Patrone in die Kammer seiner Winchester und spähte aus dem Fenster.
Die Kutsche verringerte nicht die rasende Fahrt. Im Gegenteil. Wilder trieb das Gespann nur noch mehr an.
Dann sah Chaco die Reiter hinter einer Gruppe Saguaro-Kakteen in der Ferne auftauchen. Es war ein kleiner Trupp, sieben, acht Apachen, soweit Chaco das in der Staubwolke erkennen konnte, die von den Ponys aufgewirbelt wurde.
„Die greifen Kellys Station an!“, brüllte Tony. „Los, Wilder, leg noch ’nen Zahn zu!“
„Sag das mal diesen lahmen Gäulen!“, schrie Wilder gegen das Hämmern der Hufe und die Fahrgeräusche an.
Jetzt waren die Schüsse zu hören, seltsam gedämpft und noch weit entfernt.
„Komisch“, sagte Tony. „Seit zwei Jahren war auf dieser Strecke alles friedlich. Keine einzige Rothaut hat sich je sehen lassen.“
„Vielleicht hat ihnen Kellys Whisky nicht geschmeckt“, erwiderte Barrymore. „Oder Kathy hat ihnen einen Schrecken eingejagt, so dass sie glauben, sich verteidigen zu müssen.“
„Sehr witzig“, erwiderte Tony.
Chaco konzentrierte sich mehr auf die Apachen als auf das Wortgeplänkel der beiden.
Die Indianer ritten im Kreis um die Station, die im Hitzeschleier und dem aufgewirbelten Staub nur schemenhaft zu erkennen war. Einige der Apachen waren mit Gewehren bewaffnet und schossen auf das Stationsgebäude. Offensichtlich stießen sie auf heftigen Widerstand.
Eines der Apachenponys brach getroffen zusammen, und sein Reiter verschwand im wirbelnden Staub. Ein anderes Pony war bereits reiterlos.
Wilder schrie auf das Gespann ein. Dann war die Kutsche auf Schussweite heran. Der Begleitfahrer schoss als Erster. Die Apachen befanden sich plötzlich zwischen zwei Feuern. Sie hatten sich ganz auf die Station konzentriert und fast zu spät das Nahen der Kutsche bemerkt. Jetzt feuerten sie wütend auf die Kutsche. Tonys Gewehr krachte. Ein Apache stürzte vom Pony und rollte durch den heißen Sand. Er war wohl nur leicht verletzt, denn er sprang auf und warf sich mit einem wahren Panthersatz auf ein reiterloses Pony.
Jetzt waren die kehligen Schreie durch das Peitschen der Schüsse zu hören. Einer der Apachen, ein junger Krieger, aber offenbar der Anführer des kleinen Trupps, stieß eine Faust in die Luft, schrie etwas und änderte die Richtung. Er drehte nach Süden ab, preschte fort von der Station und der sich nähernden Kutsche. Die anderen Apachen folgten ihm.
„Nicht mehr schießen“, rief Chaco, „sie haben genug!“
Doch es war zu spät.
Sowohl Barrymore als auch Tony und Elmore feuerten auf die fliehenden Apachen. Der Anführer sank vornüber auf den Pferdehals, und selbst auf die Entfernung hin konnte Chaco den dunklen Fleck auf dem nackten Rücken des Apachen sehen.
„Ich hab ihn erwischt!“, rief Barrymore triumphierend.
Chaco blickte den davon galoppierenden Apachen nach. Ihre gutturalen Schreie verklangen, und ein Staubschleier verschluckte die Reiter.
„Das war nicht nötig“, sagte Chaco hart zu Barrymore.
Der Mann starrte ihn finster an.
„Zu wem hältst du eigentlich?“
Chaco wollte Barrymore eine wütende Antwort geben, doch dann wurde er gegen den Sitz geschleudert, und ein anderer Mann prallte gegen ihn, denn Wilder stoppte die Kutsche. Der Kutscher war nicht nur für seinen rasanten Start und seine wilde Fahrt bekannt, sondern auch für seinen Stopp. Unter den Frachtwagen und Postkutschenfahrern im Umkreis von ein paar hundert Meilen wurde vom „Wilder-Stop“ geredet, wenn ein Fahrer sein Gespann und das Gefährt erst in letzter Sekunde und mit unglaublich kurzem Halteweg zum Stoppen brachte. Schon mancher wartende Passagier hatte geglaubt, die Kutsche würde an der Station vorbeirasen. Aber Wilder hatte es immer wieder geschafft, genau vor dem Eingang zu halten.
Dieses Mal schien es Wilder einen besonderen Spass zu bereiten, seine „Vollbremsung“ hinzulegen. Die Passagiere wurden regelrecht durch die Kutsche gewirbelt. Elmore holte sich eine Beule am Hinterkopf. Masters stieß sich den Ellenbogen, als er gegen die Kante des gegenüberliegenden Sitzes prallte. Elmore rieb sich fluchend über den Kopf.
„Typisch Wilder“, meinte Tony, nahm seinen Hut ab und fächerte damit gegen den Staub an, der in die Kutsche wolkte.
„Aussteigen, Gentlemen!“, rief Wilder mit rauer Stimme vom Kutschbock herab. „Unsere roten Freunde haben’s mit der Angst gekriegt.“
„Hoffentlich ist in der Station nichts passiert“, murmelte Tony sorgenvoll.
„Glaube ich nicht“, meinte Barrymore. „Wir sind gerade rechtzeitig gekommen. Die waren wohl erst beim Vorgeplänkel.“
„Ob die noch mal zurückkehren?“, überlegte Tony.
Barrymore schüttelte den Kopf.
„Glaube ich nicht. Und wenn schon. Mit den paar Typen werden wir spielend fertig.“
Chaco teilte nicht Barrymores Optimismus. Sicher, es waren nur ein paar Apachen gewesen. Aber wo ein paar waren, gab es noch mehr. Sie konnten auf die Idee kommen, Verstärkung zu holen, um sich zu rächen. Aber er sagte nichts von seinen Gedanken. Warum sollte er die anderen unnötig beunruhigen?
Er stieg aus. Barrymore und Tony folgten ihm. Die anderen beiden blieben in der Kutsche. Sie waren diesmal mit der Wache an der Reihe. Bei keiner Rast wurde die Kutsche unbeaufsichtigt gelassen.
„Schickt uns gleich mal was zu trinken!“, rief Elmore ihnen nach. „Mensch, hab ich einen Brand.“
Chaco warf einen Blick zu dem Kutscher, der vom Bock geklettert war und bei dem Begleitfahrer Tobe stand, der dem ins Hemd griff, denn es war an der Schulter blutgetränkt.
„Halb so schlimm“, versicherte er gerade Chris Wilder. „Nur ein Kratzer. Teufel, dafür hab ich den Kerl erwischt, der auf mich geschossen hat.“
Tony stürmte schon in die Station.
„Der kann es mal wieder kaum erwarten“, sagte Barrymore zu Chaco. „Jetzt wirst du gleich seine Kathy kennenlernen. Pass auf, dass dir nicht die Luft wegbleibt!“
„Wieso?“, fragte Chaco. „Ist sie so atemberaubend?“
„Und wie“, sagte Barrymore, und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. „Sie kommt ganz auf ihren Daddy.“
Chaco sah, dass ein Fenster an der Frontseite der Station zerschossen war. Gezackte Splitter steckten noch im Rahmen. Rechts und unterhalb des Fensters waren Kugeleinschläge zu erkennen.
Chaco betrat die Station. Im Innern war es angenehm kühl. Der Hauptraum war wie ein Saloon eingerichtet. Eine kleine Bar mit dem Flaschenregal, drei Tische mit Stühlen, ein Ölgemälde mit schneebedeckten Berggipfeln und zwei Werbeplakate einer Brauerei. Doch das registrierte Chaco nur am Rande. Sein Hauptaugenmerk galt Kathy.
Ihm blieb nicht die Luft weg, aber er staunte doch ein wenig. Sie war so groß wie Tony, aber bestimmt einen halben Zentner schwerer. Sie war üppig, ja man musste zugeben, sie war dick. Aber sie war nicht unansehnlich dick. Alles war irgendwie harmonisch aufeinander abgestimmt, prall und vor Kraft strotzend. Ihr hellblondes Haar fiel bis auf die Schultern. Ihr Puppengesicht mit himmelblauen Augen und einem herzförmigen Mund strahlte Tony an. Ihre Wangen waren gerötet, und ihr gewaltiger Busen wogte unter einem tiefen Atemzug, als wollte er die geblümte Bluse sprengen.
„Hallo, Tony Darling“, sagte sie gerade mit einer kräftigen Altstimme. „Mein Gott, als die Indianer auftauchten, da dachte ich, ich würde dich nie mehr wiedersehen. Gut, dass du da bist. Komm mit, ich muss dir unbedingt was zeigen!“
Tony warf Chaco und Barrymore noch einen Blick zu, zwinkerte bedeutungsvoll und verschwand mit Kathy durch die Tür mit der Aufschrift: Private.
„Letzteres sagt sie immer, wenn wir hier einkehren“, raunte Barrymore Chaco zu. „Und ’ne Stunde später kommt Tony mit leicht wackligen Knien, aber grinsend wie ein satter Kater aus ihrem Gemach. Jetzt rate mal, was sie ihm zeigen will.“
Chaco lächelte. Dann schaute er sich den Mann an, der gerade seinen Springfield Karabiner hinter der kleinen Bar ablegte.
„Hallo, Kelly“, sagte Barrymore. „Nett, dich mal wiederzusehen. Wie ich sah, hattest du Ärger mit den roten Kunden. War’s schlimm?“
„Ach was“, sagte Kelly mit dröhnender Stimme.
Die Stimme passte zu ihm. Er war ein imponierender Mann. Ein Koloss. Wie Kathys enormer Busen die Bluse, so schienen seine Muskeln fast das Hemd zu sprengen. Seinen massigen Schädel hielt er etwas vorgeneigt wie ein angriffslustiger Bulle. Von seinem Hals war kaum etwas zu sehen. Eine schwarze Haarsträhne hing ihm wirr ins Gesicht.
„Fred ist leicht verletzt worden“, fuhr Kelly fort. „Meine Frau kümmert sich um ihn in der Küche.“ Er hieb plötzlich seine geballte Rechte, die schon fast an eine Pranke erinnerte, in die linke Handfläche. „Weiß der Teufel, was in die Rothäute gefahren ist. Seit Jahren war hier Ruhe, und plötzlich tauchen sie hier auf und ballern los. Gut, dass Fred sie vom Corral aus frühzeitig sah und Alarm schlug. So konnten wir sie gebührend empfangen.“
„Gut, dass wir im richtigen Augenblick gekommen sind“, meinte Barrymore.
„Ach was“, sagte Kelly grollend. „Wir wären mit den paar Typen schon fertiggeworden. Da haben wir früher schon ganz andere Angriffe erlebt und überlebt.“ Er musterte Chaco kurz und wandte sich dann wieder Barrymore zu. „Neuer Mann?“
Barrymore nickte.
„Sieht ja fast aus wie’n Indianer“, sagte Kelly, ohne Chaco anzusehen.
„Er ist auch ein halber“, antwortete Barrymore mit einem leichten Grinsen. „Aber keine Sorge. Er ist nicht auf dem Kriegspfad.“
Kelly wischte mit einem nassen Lappen über die Bar. Er ließ die breiten Schultern etwas sinken und hob leicht den Kopf, als wollte er Chaco zeigen, dass er doch einen Hals hatte.
„Ich hab’ nichts gegen Indianer im Allgemeinen“, erklärte Kelly. „Solange sie mich in Ruhe lassen. Verdammt, ich möchte wissen, was in diese Burschen gefahren ist. Der Anführer war ein ganz junger Spund. Vielleicht wollte der mal ein bisschen die Flinte ausprobieren, die ihm sein Alter geschenkt hat. Nein, nein, Chuck, das war kein richtiger Angriff. Die Jungs haben sich angestellt wie die Anfänger. Haben mehr rumgebrüllt und Luftlöcher geschossen als sonst was. Abgesehen von dem Kratzer, den Fred abgekriegt hat. Aber das war wahrscheinlich ein Zufallstreffer. Ich sage dir ...“
„Erst mal hab ich Durst, Kelly“, unterbrach ihn Barrymore. „Wir alle haben Durst. Bringst du den Jungs auch was nach draußen?“
„Was darf s denn sein?“, fragte Kelly.
„Wenn dein Bier noch so sauer ist wie bisher, dann kannst du schon mal ein paar Liter laufen lassen.“
Kelly lachte, und jetzt bemerkte Chaco, dass Kelly und seine Tochter eine gewisse Ähnlichkeit hatten. Besonders die Augenpartie ähnelte der ihres Vaters.
„Mein Bier ist noch nie sauer gewesen“, erklärte Kelly dröhnend. „Aber leider kann ich heute nicht damit dienen. Alle Fässer sind leer. Mit der neuen Lieferung ist erst Anfang nächster Woche zu rechnen. Du siehst also, nicht nur du bist durstig bei dieser Hitze. Wie wär’s mit Wasser oder meinem exzellenten Bourbon?“
Barrymore und Chaco bestellten Bourbon. Der Whisky war wirklich gut. Sie setzten sich an einen der Tische. Kelly brachte Elmore und Masters ihre Drinks zur Kutsche. Chaco blickte Kelly nach und sagte: „Das ist aber ein Brocken.“
Barrymore grinste.
„Nicht wahr? Kelly war mal Boxchampion im Osten. ,Hammer von Boston' nannten sie ihn. Ein Ass mit den Fäusten. Wenn du ihn an seinen berühmten Kampf gegen Bill Cross und den sagenhaften K.o. in der fünften Runde erinnerst, gibt er dir einen aus.“ Er zwinkerte Chaco zu.
Chaco hatte gerade sein Glas ausgetrunken, als Kelly zurückkam.
„Na, wie schmeckt mein Bourbon?“, fragte Kelly.
„Ausgezeichnet“, sagte Chaco. „Wie wär’s mit einer neuen Füllung?“
„Na klar“, sagte Kelly. „Davon hab ich noch jede Menge.“ Er ging zur Bar und holte die Flasche.
„Ich hörte, Sie sind ein berühmter Boxer?“ Chaco hoffte nun, seinen Gratisdrink zu bekommen.
„Da haben Sie richtig gehört, Mister.“ Kelly lächelte geschmeichelt und schenkte großzügig ein.
„In Boston, nicht wahr?“, plauderte Chaco weiter, um den Mann bei Laune zu halten.
„Philadelphia, Boston ...“
„Man nennt ihn den Hammer von Boston“, warf Barrymore wie auf ein Stichwort hin ein.
„Ah, dann war der berühmte Fight in Boston“, setzte Chaco nach.
Kellys blaugraue Augen blickten etwas verständnislos, wie Chaco verwundert feststellte. Der Koloss stellte die Whiskyflasche auf den Tisch.
„Wieso?“, fragte Kelly.
„Na, gegen Bill Cross. Fünfte Runde. Dieser sagenhafte ...“
Weiter kam Chaco nicht. Kellys Faust raste auf ihn zu. Chaco blieb nicht einmal mehr Zeit, den Kopf zur Seite zu reißen. Kelly hatte fast ansatzlos zugeschlagen.
Kellys Faust traf Chaco am Kinn. Es steckte allerhand Dampf hinter dem Hieb. Chaco hatte das Gefühl, von einem Pferdehuf getreten worden zu sein. Er fiel um mitsamt dem Stuhl und erkannte benommen, dass er irgendwas Falsches gesagt haben musste. Dann sah er Barrymores Grinsen und ahnte die Zusammenhänge. Barrymore hatte ihn reingelegt.
Na warte, Freundchen, dachte Chaco. Aber zunächst einmal war Kelly dran.
Chaco hätte allenfalls von einer Frau eine Ohrfeige eingesteckt, wenn er ihr einen Grund dafür geliefert hätte. Aber was immer auch Kelly veranlasst haben mochte, ohne Vorwarnung zuzuschlagen das konnte Chaco nicht durchgehen lassen.
Er schob den Stuhl zur Seite, dem jetzt ein Bein fehlte, und richtete sich langsam auf. Er lächelte den Hünen an, der mit grimmig zufriedener Miene vor ihm stand und die Hände sinken gelassen hatte wie ein Boxer, der zuschaut, während sein Gegner vom Ringrichter ausgezählt wird.
Und dann schlug Chaco ebenso überraschend und blitzschnell zu. Kelly bewies erstaunliche Reflexe, riss noch die Arme hoch, um den Schlag abzublocken, doch Chaco war den entscheidenden Sekundenbruchteil schneller. Chacos knallharter Hieb erwischte Kelly am Kinn. Kelly wurde zurückgeschleudert und ruderte wie haltsuchend mit den Armen.
Chaco hatte keine Lust, sich lange herumzuprügeln. Schon gar nicht mit dem „Hammer von Boston“. Sein Kinn schmerzte noch von Kellys Treffer. Deshalb setzte Chaco sofort nach.
Kelly fing sich gerade und wollte zum Gegenangriff übergehen, da fing er schon zwei blitzschnelle Schwinger von Chaco ein. Ein saftiger Aufwärtshaken folgte. Das war ein Volltreffer.
Kelly fiel endgültig, und die Planken erzitterten, als er aufschlug.
„Mann, das reicht“, murmelte Barrymore, und es klang beinahe ehrfurchtsvoll.
Chaco wandte sich zu dem Mann um und hob die Fäuste.
„Das reicht auch noch für dich“, sagte er grimmig und ging langsam auf Barrymore zu.
Chuck Barrymore hob abwehrend beide Hände.
„Schon gut, schon gut. Du hast gewonnen. Ich bezahle die Zeche.“
Chaco setzte sich auf einen anderen Stuhl an den Tisch und trank einen Schluck Bourbon. Er warf noch einen Blick zu Kelly, der noch am Boden lag und offensichtlich nicht wusste, wie er dahingekommen war. Kelly schüttelte ein paarmal den massigen Schädel und blinzelte.
Dann wandte sich Chaco wieder Barrymore zu.
„Ich warte auf eine Erklärung.“ Er rieb sich über den rechten Handrücken.
Barrymore legte tatsächlich die Hand auf den Griff seines rechten Colts, und seine Haltung spannte sich.
„Nun ja“, meinte er. „Den Kampf gegen Bill Cross hat Kelly damals verloren. Das war das Ende seiner Laufbahn. Er wachte nach dem K.o. erst ein paar Stunden später wieder auf. Aber er kann sich noch an alles erinnern. Wenn ihn jemand darauf anspricht, dann sieht er rot.“ Barrymore zuckte mit den Schultern. „Ich hab doch nicht zu viel versprochen: Einen ausgegeben hat er.“
Chaco nahm die Whiskyflasche und ging zu Kelly, der sich gerade ächzend aufsetzte. Fassungslos starrte er Chaco an.
„Mann, du hast aber mächtig was drauf. Das waren saubere Schläge.“
„Gut, dass du es vom Fachlichen her siehst“, sagte Chaco und reichte Kelly lächelnd die Flasche.
Kelly nahm einen langen Schluck, stand auf und sagte: „Da merkt man gleich, dass du ’n Profi bist. Dagegen war Cross ’ne Niete. Er hat mich unsauber auf die Bretter geschickt. Aber niemand hat das gemerkt.“ Er blickte Chaco noch einmal kopfschüttelnd an. „Wo hast du denn bisher gekämpft, Kollege?“
„Mal hier, mal da“, erwiderte Chaco lächelnd. „Immer, wenn es nötig war.“
„Man nennt ihn den Hammer von Arizona“, sagte Barrymore spöttisch. „Und ,Keule der Apachen‘. Ich sage dir ...“
Chaco warf ihm einen eisigen Blick zu, und Barrymore sagte nichts mehr.
„Das ist ’n Ding“, murmelte Kelly und rieb sich über das Kinn. „So trifft man sich hier. Schade, dass wir nicht mal früher zusammen im Ring standen.“
Chaco hatte noch nie in einem Boxring gestanden. Aber er hatte sich oft genug mit den Fäusten verteidigen müssen. Er ließ Kelly in seinem Glauben. Der Mann war ein fairer Verlierer.
„Ein Drink auf Kosten des Hauses“, erklärte Kelly dröhnend. Dann setzte er sich zu den beiden Männern an den Tisch, und sie plauderten, während Kellys Frau in der Küche das Essen zubereitete.
Später gesellte sich dann auch Tony zu ihnen, und er wirkte zwar wie ein zufriedener, aber hungriger Kater. Er vertilgte zwei Portionen, und seine Kathy schaute ihm bei jedem Bissen zu.
Ihr Vater erzählte ihr, seiner Frau und dem Stationshelfer Fred von dem größten Kampf seiner Laufbahn, und Chaco ließ die bewundernden Blicke über sich ergehen und lobte Kellys Schlagkraft, woraufhin Kelly sich dazu hinreißen ließ, noch einen Drink zu spendieren.
Die Stimmung auf Kellys Station war harmonisch. Niemand sprach mehr von dem so glimpflich verlaufenen Apachenüberfall. Drei Stunden später setzten sie die Fahrt fort. Sie hatten eine Stunde länger gerastet als vorgesehen, aber Wilder versprach, die Zeit spielend wieder aufzuholen.
Ihr nächstes Ziel war Chambers Station.
Wilder schien seine eigenen Rekorde brechen zu wollen, denn er holte das Letzte aus dem frischen Gespann heraus.
Die Männer in der Kutsche gingen wieder zur Routine über. Barrymore, Elmore und Masters spielten Poker, Tony kiebitzte und wusste alles besser, und Chaco erlaubte sich ein Nickerchen.
Und niemand sah die drei Apachenspäher, die den Weg der Kutsche verfolgten. Es hätte sie auch niemand entdeckt, wenn man auch noch so intensiv nach ihnen Ausschau gehalten hätte.
Dies war ihr Land.
Die Apachen kannten jeden Felsen, jeden Hügel, jede Bodensenke. Und sie verstanden es meisterhaft, für einen Beobachter unsichtbar zu bleiben.