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Es war heiß und stickig in der Concord-Kutsche. Die fünf Männer in der Kutsche versuchten, sich die Zeit während der langen Fahrt von Silver City nach Lordsburg auf unterschiedliche Weise zu vertreiben. Drei spielten Poker, der vierte trank trotz der brütenden Hitze Whisky und begleitete die Kartenpartie mit gelegentlichen Kommentaren, und der fünfte Mann hockte in der Ecke am Fenster und schlief.

Der fünfte Mann war Chaco.

Man hätte die fünf Männer für normale Passagiere der Postkutschenlinie halten können. Doch sie waren es nicht. Sie hatten einen Spezialauftrag. Sie sollten ein Vermögen bewachen.

Keiner von ihnen wusste, wie hoch die Summe war, die sie in Albuquerque in einer versiegelten Kassette entgegengenommen hatten und die sie in Fort Bowie abliefern sollten.

Doch es konnte kein Pappenstiel sein, denn fünf Mann Wachpersonal wurden nicht zum Spass bezahlt. Zehn Dollar pro Tag. Ein wahrhaft fürstlicher Lohn.

Deshalb hatte Chaco den Job angenommen. Und weil ihn ein guter Bekannter, Captain Mike Anderson, darum gebeten hatte.

Die vier anderen Männer waren seit langem Begleitfahrer - ein eingespieltes Team, das viele ähnliche Jobs bisher erledigt hatte. Chaco war der Neue.

Auf der Fahrt von Albuquerque bis nach Silver City war alles ohne Zwischenfall verlaufen - abgesehen von einem kleinen Streit innerhalb der Wachmannschaft.

Chuck Barrymore, der älteste der Crew und bisher so etwas wie der Vormann, hatte Chaco wegen seiner Abstammung gehänselt. Vielleicht hatte er das Halbblut auch nur testen wollen, wie es üblich ist, wenn ein Neuer zu einer Gruppe stößt, die sich seit langem kennt. Das alte Spiel.

Barrymore hatte Chaco während einer Rast provoziert, wobei die Bezeichnung „dreckige Rothaut“ noch die harmloseste gewesen war. Chacos Antwort auf die Herausforderung war knapp und präzise gewesen. Jetzt hatte Barrymore ein blaues Auge.

Der Streit unter Männern war schnell vergessen. Tony rückte seinen Whisky heraus, und Barrymore und Chaco tranken einen Versöhnungsschluck. Dann stießen alle gemeinsam auf gute Zusammenarbeit an. Der Neue war akzeptiert.

Wilder, der vollbärtige Fahrer auf dem Kutschbock der außerplanmäßigen Concord, machte seinem Namen alle Ehre. Er fuhr wie ein Wilder. Das hatte seinen Grund.

Je schneller er die einzelnen Etappen zwischen den Pferdewechselstationen schaffte, desto länger währte die Rast. Und bis auf Chaco, der die Strecke nicht kannte, hatten alle Männer dieses Spezialkommandos eine bestimmte Vorliebe für einzelne Stationen, die sie im Laufe der Jahre auf dieser Route kennengelernt hatten.

Chris Wilder schwärmte von Ma Paddingtons Kochkünsten auf Eldermans Station nördlich von Silver City. Tobe Griffin, sein Begleitfahrer, freute sich mehr auf das stets kühle und gut gepflegte Bier, dass es auf der übernächsten Station gab. Die drei Pokerspieler dachten an die Mädchen im „Traveler’s Home“, eine Station mit einem Badehaus, in dem nicht nur gebadet wurde. Tony, der Whiskyliebhaber, freute sich auf ihr nächstes Etappenziel: Kellys Station, etwa zwanzig Meilen südlich von Silver City. Bei Kelly gab es hervorragenden Bourbon, und Kellys Tochter Kathy sollte noch hervorragender sein, wenn Tony nicht übertrieb, was allerdings anzunehmen war.

Chaco schreckte auf, als die Kutsche in halsbrecherischer Fahrt einen Hügel hinabraste und die Passagiere regelrecht durcheinander gewirbelt wurden. Einer der Pokerspieler landete seinem Gegenüber auf dem Schoß. Der Mann stieß ihn zornig zurück und behauptete, der andere habe ihm nur in die Karten sehen wollen.

Chaco hob seine Winchester auf, die er an den Sitz gelehnt hatte, und die beim Schlingern der Kutsche gefallen war.

„Wilder, du verdammter Eseltreiber!“, brüllte Barrymore aus dem Fenster. „Willst du, dass wir uns das Genick brechen?“

Von Wilder war nur ein meckerndes Lachen zu hören.

„Der legt sich prächtig ins Zeug“, sagte Tony und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. „Wir sind mindestens ’ne halbe Stunde früher bei Kelly als geplant.“

Barrymore grinste.

„Da wird sich Kathy aber freuen, wenn sie dich in ihre zarten Arme schließen kann.“ Er warf Chaco einen Blick zu und sagte erklärend: „Kathy ist Kellys liebreizende Tochter. Und sie steht auf Tony. Die beiden sind ein reizendes Paar. Sie passen zusammen wie die Faust aufs Auge.“

Die letzten Worte erinnerten ihn an sein geschwollenes Auge, und sein Grinsen wurde säuerlich.

„Du bist nur eifersüchtig, weil sie mich auserwählt hat“, sagte Tony und nahm noch einen Schluck aus der Whiskyflasche. Die anderen lachten.

Chaco schaute sich Tony an. Anthony Burgess war ein gut aussehender Bursche. Zweiunddreißig, mittelgroß, schlank und muskulös. Sein tiefgebräuntes Gesicht mit braunen Augen, dem kastanienfarbenen Schnurrbart und dem energisch wirkenden Kinn schien niemals ernst zu sein. Es wirkte immer, als lächelte er leicht spöttisch. Tony war elegant gekleidet. Ein schwarzer Tuchanzug, weißes Hemd mit einer roten Samtschleife, ein weißer Stetson. Alles wirkte wie neu.

Gelegentlich hänselten ihn die anderen, nannten ihn „Mister Piekfein“ oder „Der schönste Mann von Luckenbach und Umgebung“.

Luckenbach war, wie Chaco erfahren hatte, Tonys Geburtsort. Der Ort in der Nähe von Fredericksburg, Texas, bestand praktisch nur aus einem großen Store. Die Einwohnerzahl betrug zwischen drei und fünf, und die paar Leute waren wirklich keine Konkurrenz für den schönen Tony.

Tonys Frohnatur ließ sich von solchen Bemerkungen und Anspielungen seiner Partner nicht beeindrucken. Er konterte, indem er sie als Wilde bezeichnete, die sich erst einmal waschen sollten, bevor sie einen zivilisierten Mann wie ihn anquatschten.

Tony legte großen Wert auf Pflege. Er, Chaco und der Kutscher waren die einzigen gewesen, die sich im Badehaus des „Traveler’s Home“ tatsächlich nur gebadet hatten. Tony, weil er Kathy nicht mit „diesen billigen Flittchen“ betrügen wollte, und Chaco, weil ihm keines der Mädchen gefallen hatte.

„Tony grinste Chaco an und hob die Whiskyflasche.

„Prost, Indianer!“ Er hatte Chaco von Anfang an „Indianer“ genannt. Tony nahm einen Schluck, verkorkte die Flasche wieder und rülpste dezent hinter vorgehaltener Hand. Dann holte er ein blütenweißes Taschentuch aus seiner Hosentasche hervor und tupfte sich damit Schweiß von der Stirn. „Es ist ein Teufelskreis“, erklärte er mit einem spitzbübischen Grinsen. „Diese Hitze ist an allem schuld. Wenn es heiß ist, habe ich Durst. Wenn ich Durst habe, muss ich trinken. Wenn ich trinke, bricht mir der Schweiß aus. Wenn ich schwitze, bekomme ich Durst. Und wenn ich Durst habe ...“

„Du bist nicht nur der schönste Mann von Luckenbach“, stichelte Barrymore, „sondern auch der größte Schluckspecht.“

Tony zeigte lächelnd weiße Zähne.

„Das kommt vielleicht daher, weil ich in einem Store geboren wurde. Gleich neben den Whiskyfässern. Und statt der Mutterbrust ...“

„Hör auf mit diesem Märchen“, winkte Barrymore ab, „die Story kennen wir auswendig.“ Er warf Chaco einen Blick zu. „Der gute Tony hat nie die Mutterbrust bekommen. Ein Flaschenkind. Vielleicht ist er deshalb so weg, wenn er Kathy nur sieht.“

„Lass Kathy aus dem Spiel!“ Obwohl Tonys Stimme Ärger verriet, wirkte seine Miene freundlich, fast lächelnd. „Das ist die schönste Lady von New Mexico.“

Alle bis auf Chaco lachten. Chaco war gespannt darauf, diese Kathy zu sehen. Er blickte zu Barrymore.

Chuck Barrymore war Mitte vierzig, groß und mager. Er schien nur aus Knochen, Sehnen und Haut zu bestehen. Sein schmales Gesicht mit hervorstehenden Wangenknochen, einer spitzen, leicht gekrümmten Nase und dünnen Lippen war im Gegensatz zu Tonys Gesicht stets ernst, fast düster. Vielleicht lag das auch an seinen stechend blickenden schwarzen Augen. Selbst wenn er lächelte, wirkten seine Züge hart. Auch Barrymore war Texaner. Er stammte aus Sweetwater, einem kleinen Ort westlich von Abilene. Er trug einen verbeulten schwarzen Stetson, dessen Krempe zwei Kugellöcher aufwies, ein kariertes Baumwollhemd, das halb offen stand und den Blick auf schwarze Brusthaare freigab, und verschlissene Levishosen, die über den hochhackigen Stiefeln hochgekrempelt waren. Als einziger der Mannschaft war er mit zwei Colts bewaffnet.

Die Griffe der Peacemaker Revolver, die aus den Halftern des Kreuzgurtes ragten, waren ziemlich abgegriffen. Er trug die.Waffen bestimmt nicht zur Zierde mit sich herum.

Die beiden anderen Männer in der Kutsche hießen Elmore und Masters. Elmore war ein gedrungener Mann Mitte dreißig mit blonden Haaren und einem rötlichen Bart.

Masters war der Jüngste der Mannschaft. Er war gerade zwanzig, aber der Ausdruck seiner Augen verriet, dass er schon viel im Leben gesehen und erlebt hatte.

Insgesamt war Chaco mit seinen Partnern zufrieden. Chaco war kein Mann, der sich in einer gefährlichen Situation auf andere verließ. Im Grunde war er ein Einzelgänger, den das Leben in einer gnadenlosen Wildnis, der ständige Kampf ums Überleben geformt hatte. Aber wenn er schon in einem Team mitmischte, dann war es gut zu wissen, dass er den anderen vertrauen konnte, falls es mal hart auf hart gehen sollte. Bisher war der Job ein Kinderspiel gewesen - abgesehen von den Strapazen der langen Fahrt durch staubiges, heißes Land.

Chaco schaute eine Weile den drei Pokerspielern zu. Barrymore spielte gut und konzentriert. Er war ein eiskalter Bluffer. Gerade kassierte er wieder einen Pott. Dabei hatte er nur zwei lumpige Pärchen auf der Hand zwei Sieben und zwei Buben.

Die Kutsche erreichte die Ebene.

„Jungs, wir sind bald da!“, rief Tony übermütig und steckte den Kopf aus dem Fenster. „Jetzt kann man schon die Station ...“ Er brach abrupt ab. „Eh, was ist denn das?“

In diesem Augenblick gellte Wilders Stimme vom Kutschbock: „Indianer!“

Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band

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