Читать книгу Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band - Alfred Bekker - Страница 16
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Оглавление„So ist das also“, sagte Chaco.
„So ist das“, erwiderte Barrymore. „Lass das Gewehr fallen, oder du bist ’ne Leiche!“
Chaco gehorchte. Barrymore zog ihm den Army Colt aus der Halfter.
„Dreckiger Verräter“, sagte Tony gepresst. Sein Gesicht war vor Zorn und Schmerz verzerrt.
Chaco hatte schlagartig erkannt, warum Captain Mike Anderson ihn zu diesem Job geradezu überredet hatte. Der Captain musste geahnt haben, dass es in der Mannschaft einen Verräter gab. Chaco erinnerte sich an das Gespräch vor der Abfahrt. Ja, der Captain vermutete, dass es eine undichte Stelle geben musste. Er hatte es nicht gesagt, aber durchblicken lassen. Zwei geheime Transporte waren in den letzten Monaten überfallen worden. Deshalb sollte diesmal das Geld mit einer Kutsche ohne weithin sichtbare Eskorte befördert werden. Und ein neuer Mann sollte die Augen offenhalten. Es war kein Zufall gewesen, dass ein Begleitfahrer kurz vor dem Aufbruch in Albuquerque erkrankt war, damit Chaco für ihn einspringen konnte.
In diesem Augenblick ärgerte sich Chaco über seinen alten Freund Mike Anderson. Hätte Mike ihn doch nur eingeweiht!
Barrymore hatte inzwischen Tonys Revolver an sich genommen. Tonys Gewehr lag vor der Kutsche im Staub. Es war ihm entfallen, als er getroffen und gegen die Kutsche geschleudert worden war.
„Ihr werdet jetzt hübsch brav aussteigen“, sagte Barrymore.
„Damit uns deine Kumpane umlegen?“, rief Tony.
„Das werden sie so oder so. Es widerstrebt mir, das selbst zu erledigen. Schließlich sind wir lange zusammen gefahren, Tony. Und auch an dich ...“, er verstärkte den Druck der Coltmündung gegen Chacos Rücken, „... hab ich mich schon beinahe gewöhnt, du Bastard.“ Er lachte. „Na, hab ich nicht gesagt, dass hier eine Überraschung auf dich wartet?“
Im Nachhinein sah Chaco die Äußerungen Barrymores in einem anderen Licht.
Ich hab von Anfang an gespürt, dass er ein Stinktier ist, dachte Chaco. Aber er sagte es nicht. Es hatte keinen Sinn, Barrymore in dieser Situation zu provozieren.
„Also okay“, sagte Barrymore. „Damit du dir nicht vor Angst in die Hosen machst, Tony.“ Er rief laut: „He, Freunde! Ich bin’s, Barrymore. Ich hab sie vor dem Colt. Sie kommen jetzt raus. Nehmt sie in Empfang, aber lasst sie noch leben!“
„In Ordnung!“, antwortete eine raue Stimme aus der Station.
Tony stieg als Erster aus. Chaco folgte ihm. Er lauerte auf eine Chance, Barrymore überraschen zu können, doch es gab keine. Barrymore wartete, bis Tony und Chaco ausgestiegen waren, dann stieß er die andere Tür auf und sprang zur anderen Seite aus der Kutsche.
Er umrundete die Kutsche und hielt sich seitlich von Chaco und Tony, um seinen Kumpanen nicht in die Schusslinie zu geraten. Chaco sah aus den Augenwinkeln, dass Barrymore seinen Revolver gehalftert hatte und jetzt in jeder Hand ein Gewehr hielt. Chacos Army Colt und Tonys Waffe hatte er in den Hosenbund geschoben.
Tony blieb zwei Schritte vor der Kutsche stehen.
„Mein Gott“, murmelte er und starrte auf die reglosen Gestalten, die im Staub lagen. Chaco presste bei dem Anblick die Lippen aufeinander.
Masters und Elmore waren tot. Griffin, der Beifahrer, war mit Sicherheit ebenfalls tot. Auch Wilder und der Stationsmann lagen reglos am Boden.
Täuschte sich Chaco, oder bewegte Wilder sich tatsächlich?
Direkt neben dem Kutscher lag ein Gewehr, und es schien Chaco, als schiebe Wilder seine Hand darauf zu. Chaco wurde von Spannung erfasst.
„Weiter!“, kommandierte Barrymore. „Los, los!“
Chaco drehte den Kopf und blickte Barrymore an. Um den Banditen abzulenken, sagte er: „Ich hätte dir nicht nur ein blaues Auge schlagen sollen.“
Barrymore lachte - spöttisch und triumphierend.
„Dafür hab ich mich doch gut revanchiert, oder?“
Zeit gewinnen, dachte Chaco. Wenn Wilder unbemerkt an das Gewehr herankommt ...
„Du meinst die Sache mit Kelly?“
„Nein, das war nur ein kleiner Spass am Rande. Ich meine die Sache hier! Nun geht schon, oder ich mache euch Beine!“
Tony setzte sich zögernd in Bewegung. Auch Chaco ging langsam auf die Station zu. Aus den Augenwinkeln blickte er zu Wilder. Dessen Finger berührten fast den Abzugsbügel der Winchester.
Dann zuckte Chaco zusammen. Denn er sah die Indianer.
„Apachen!“, schrie er.
„He, wenn das ein Trick ...“ Barrymore beendete abrupt seinen scharfen Ruf. Auch er hatte die Apachen bemerkt. Es war ein großer Trupp, der gespenstisch und lautlos zwischen den Büschen am Creek aufgetaucht war und jetzt auf die Station zugaloppierte.
Die Ereignisse überstürzten sich. Barrymore hatte noch nicht ganz ausgesprochen, als auch schon die ersten Schüsse peitschten.
Plötzlich war die Hölle los. Durch das Krachen der Schüsse und das Hämmern der Hufe drangen die kehligen, trillernden Kriegsschreie der Apachen. Chaco sah, wie Wilder das Gewehr packte und aufsprang. Doch es war nicht mehr daran zu denken, die Banditen anzugreifen. Die andere Gefahr war größer. Es ging ums Überleben.
Das hatte auch Barrymore erkannt. Der Bandit hetzte ins Haus.
Tony rannte ebenfalls los. Aus der Station wurde jetzt geschossen. Chaco nahm das alles innerhalb von Sekunden wahr. Seit dem Auftauchen der Apachen waren gerade drei Sekunden vergangen.
Chaco sah, wie Wilder plötzlich stehenblieb, neben dem alten Stationsmann in die Hocke ging, ihn packte und sich über die Schulter warf. Kugeln fetzten Staub neben ihm hoch, als er auf die Station zuhetzte.
Chaco hatte sofort reagiert, als Barrymore zur Station gelaufen war und keine Gefahr mehr von ihm gedroht hatte. Er hatte sich umgedreht und war auf Tonys Winchester zugeschnellt, die vor der Kutsche im Staub lag. Jetzt feuerte er bereits auf die heranjagenden Apachen, um Wilder Feuerschutz zu geben.
Die Apachen umrundeten gerade den Corral. Sie schossen ungezielt. Es ist nicht einfach, von einem sattellosen, galoppierenden Pony aus ein Ziel zu treffen. Dennoch schwirrten einige Geschosse gefährlich nahe an Chaco vorbei, als er auf die Station zurannte.
Wilder verschwand mit dem Stationsmann bereits in dem Gebäude. Einige der Apachen schossen auf die Kutsche. Vielleicht vermuteten sie darin noch Passagiere.
Als Chaco sich in der Stationstür noch einmal umblickte, sah er, dass eines der Gespannpferde getroffen zusammenbrach, dann ein zweites. Schade um die Tiere, aber von Vorteil für die Weißen. Jetzt konnten die Apachen die Kutsche nicht mitnehmen. Und in der Kutsche war die versiegelte Kassette mit dem Geld.
Chaco sprang mit Tonys Winchester im Hüftanschlag in die Station, bereit, sofort zu schießen, wenn ihn die Banditen angreifen sollten. Doch die hatten im Augenblick anderes im Sinn.
Chaco erfasste die Situation mit einem Blick: zwei gefesselte und geknebelte Frauen, die ihn in Todesangst anstarrten, als sei er einer der Apachen. Eine reglose Gestalt am Boden - in einer Blutlache. An den Fenstern ein schwarz gekleideter Mann und Barrymore. Beide schossen auf die Apachen, die jetzt im Kreis um die Station und die Kutsche herumritten, schießend und schreiend.
Chaco sprang neben Barrymore ans Fenster. Tony hielt plötzlich einen Colt in der Linken. Er musste ihn dem Toten abgenommen haben. Wilder hetzte durch den Raum an ein Fenster und feuerte mit seiner Winchester. Chaco kämpfte ebenfalls an der Seite der Banditen - als sei nichts geschehen. Es ging für alle ums Überleben.
Barrymore schoss auf einen Krieger, der plötzlich zu Fuß neben der Kutsche auftauchte. Er musste sich hinter der Kutsche im Vorbeireiten vom Pony geschnellt haben. Barrymores Kugel traf den Apachen.
Das kehlige Kriegsgeheul und das Krachen der Schüsse schien sich noch zu steigern. Kugeln klatschten in die Wand der Station, fetzten Splitter aus den Fensterrahmen und wirbelten Adobestücke durch die Luft. Chaco schätzte die Zahl der Angreifer auf mindestens zwei Dutzend.
„Sie dürfen nicht an die Kutsche ran!“, schrie Barrymore durch den Kampflärm.
Barrymore verteidigte nicht nur sein Leben, sondern auch die Beute.
Zwei Apachen stürzten von ihren Pferden in den wirbelnden Staub. Wieder brach eines der Gespannpferde zusammen. Die Kutsche ruckte, als sich die noch lebenden Tiere in ihrer Panik aufbäumten. Aber sie kamen nicht von der Stelle. Das Gewicht der toten Führpferde verhinderte das.
Chaco riss gedankenschnell den Kopf zurück, als eine Lanze auf ihn zuraste. Die Lanze flog durch das Fenster, dessen Scheibe längst zerschossen war, und bohrte sich keine Handbreit neben dem bewusstlosen Stationsmann in die Planken.
Immer noch umkreisten die Apachen die Station. Barrymore ließ seine leergeschossene Winchester fallen, nahm das Gewehr, das er Chaco abgenommen hatte, und feuerte weiter.
Ein Schreck durchfuhr Chaco.
Er hatte vorhin Schüsse vom rückwärtigen Teil der Station gehört. Jetzt waren dort die Schüsse verstummt. Das Hauptinteresse der Apachen galt offensichtlich der Kutsche, die sie in ihren Kreis mit einbezogen hatten, und sie feuerten ausschließlich auf die Frontseite.
Aber wenn sie auf die Idee kamen, auch von der anderen Seite anzugreifen? Sie konnten sogar schon im Haus sein.
Chaco warf sich herum und hetzte los. Auf dem Weg aus dem Hauptraum packte er den Stationsmann und schleifte ihn ein Stück aus der Gefahrenzone. Dann erreichte er die Tür, die halb offen war, und sprang in den Gang, das Gewehr schussbereit. Er musste mit zwei möglichen Gegnern rechnen. Mit Banditen oder Apachen.
Den Gang war leer, die Hintertür verschlossen. Links und rechts zwei Türen. Chaco wählte die erstbeste und gelangte in die Küche. Der Mann, der unter dem Fenster lag, war keine Gefahr mehr. Ein Apachenpfeil ragte aus seiner Brust. Chaco ging neben dem Fenster in Deckung und spähte vorsichtig hinaus.
Er atmete auf.
Der letzte Apache verschwand gerade um die Ecke der Station. Die Apachen hätten in aller Seelenruhe durch die Fenster an der Rückseite der Station klettern können. Sie hätten durch die Hintertür spazieren und die Menschen im Hauptraum töten können. Aber es war alles so schnell gegangen, so völlig überraschend. Wahrscheinlich auch für die Apachen. Sie hatten wohl nicht mit so starkem Widerstand gerechnet.
Chaco konnte nicht ahnen, dass Big Cloud gar nicht vorgehabt hatte, die Station anzugreifen. Er hatte seinen Kriegern den Befehl gegeben, die Kutsche zu überfallen, alle Insassen zu töten und die Fracht der Kutsche zu erbeuten. Die Weißen in der Station sollten nur durch pausenloses Schießen abgelenkt und in Deckung gezwungen werden.
Big Clouds Plan war nicht aufgegangen. Es gab mehrere Gründe dafür, vor allem, dass er - durch die Schießerei zwischen den Weißen irritiert - zu spät den Befehl zum Angriff auf die Kutsche gegeben hatte.
Es fielen nur noch vereinzelte Schüsse, dann war es plötzlich still. Hufschlag entfernte sich. Chaco spähte aus dem Fenster und sah die Apachen jenseits des Corrals wieder auftauchen.
Sie gaben auf.
Sie verschwanden zwischen den Büschen am Creek. Nur eine Atempause, das war für Chaco klar. Chaco war entschlossen, diese Pause zu nutzen.
Er schlich mit dem Gewehr im Anschlag zur Tür des Hauptraumes. Er hörte einen Mann fluchen und einen anderen sagen: „Die kommen bestimmt wieder. Verdammt, wir müssen ...“
Chaco sprang in den Raum.
„Keine Bewegung!“
Er sah den schwarz gekleideten Banditen kalt grinsen. Jeff Ballinger hielt Laura einen Revolver an die Schläfe.
„Eine Bewegung wäre auch tödlich für sie Lady“, sagte er spöttisch.
„Auch für den lieben Tony“, sagte Barrymore fast im gleichen spöttischen Tonfall.
Barrymore hielt sein Gewehr auf Tonys Rücken gerichtet. Tony hatte die unversehrte Linke erhoben.
„Wir waren ein bisschen schneller als du“, sagte Barrymore. „Lass fallen, oder es knallt!“
Chaco presste die Lippen aufeinander und gehorchte.
Barrymore trat von Tony fort und ging im Bogen auf Chaco zu, um seinem Kumpan nicht in die Schusslinie zu geraten, denn der schwarz gekleidete Bandit hatte jetzt seinen Revolver auf Chaco gerichtet. Barrymore hob das Gewehr auf und legte es zu den Waffen, die er Wilder und Tony abgenommen hatte.
„Geh zu den anderen!“, sagte der Schwarzgekleidete und ruckte mit dem Revolverlauf. Chaco stellte sich zu Wilder und Tony.
„Wo ist Matt?“, fragte Jeff Ballinger und starrte Chaco an. „Hast du ihn ...?“
„Wenn das der Knabe in der Küche war“, sagte Chaco, „den kannst du vergessen. Er ist von einem Pfeil getötet worden.“
„Wart ihr nur zu dritt, Jeff?“, fragte Barrymore. „Du wolltest doch ...“
„Ja, ich wollte noch zwei Leute mehr mitnehmen. Aber es musste ja alles schnell gehen. Außerdem brauchen wir so nicht durch so viele zu teilen.“ Er lachte kalt.
„Und wie soll’s weitergehen?“, fragte Chaco, nur um irgendetwas zu sagen.
„Für dich gar nicht“, antwortete Barrymore. „Für euch alle nicht. Wir legen euch um, schnappen uns die Beute und verschwinden, bevor die Roten auf die Idee kommen, die Station ein zweites Mal anzugreifen.“
Chacos Blick glitt an Tony vorbei zum Fenster, und seine Augen verengten sich.
„Das dürfte zu spät sein“, sagte er. „Seht mal raus!“
Barrymore schaute aus dem Fenster und fluchte. Die Apachen hielten sich außerhalb der Schussweite. Sie wirkten wie Statuen.
„Sieh mal hinten nach, Jeff!“, sagte Barrymore zu dem Schwarzgekleideten.
Jeff verließ den Hauptraum und nickte mit angespannter Miene, als er zurückkehrte.
Chaco wusste Bescheid. Sie waren umzingelt.