Читать книгу Die besten 12 Strand Krimis im September 2021 - Alfred Bekker - Страница 61

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Giuseppe Ragozzini schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser hochsprangen. Die Narbe auf seiner Stirn glühte dunkelrot. „Ein einzelner Mann hat euch also aufs Kreuz gelegt! Was seid ihr bloß für Schwachköpfe. Ein halbes Dutzend bewaffneter Männer lässt sich von einem Einzelnen nach Strich und Faden überrumpeln.“

„Damit konnten wir nicht rechnen“, wandte Benedetto Carveso zaghaft ein. „Die Kurden haben behauptet, das Tal wäre absolut sicher und außerdem gut bewacht.“ Er warf einen grimmigen Blick zu dem vierten Mann am Tisch, der sich straffte und seinen steinernen Gesichtsausdruck beibehielt.

„Was haben Sie dazu zu sagen, Nadir?“, fragte Ragozzini.

Der Anführer der Kurden verzog keine Miene. Er war in die Tracht eines türkischen Bauern gekleidet, denn mit seiner typischen Kleidung und der Bewaffnung wäre er im Dorf zu sehr aufgefallen.

„Meine Männer haben keine Schuld“, sagte er langsam. Man merkte, dass er Mühe hatte, die englischen Ausdrücke zu formulieren.

„Darüber reden wir noch“, meinte Ragozzini. „Was im Moment viel wichtiger ist: Was ist mit der Ernte?“

„Sie ist vernichtet“, sagte Stefano Pezarro leise.

Ragozzini wurde bleich. „Vernichtet?“, flüsterte er. „Was soll das heißen?“

Pezarro wand sich wie ein Aal. „Der Fremde hat die Felder in Brand gesteckt. Mit den Raketen aus dem Hubschrauber. Es ist alles niedergebrannt. Wir konnten nichts mehr tun. Es hat die ganze Nacht gebrannt. Noch heute Morgen konnten wir die Felder wegen der großen Hitze nicht betreten. Hier und da gibt es noch ein paar Pflanzen, aber das ist nicht der Rede wert.“

„Alles, sagst du? Alles vernichtet?“

Ragozzinis Stimme war kaum noch zu verstehen. Er starrte die drei anderen an. „Ihr konntet nichts tun?“ Seine Hände krampften sich zu Fäusten, und sein Gesicht verzog sich zu ohnmächtiger Wut. „Wer war das?“, brach es aus ihm heraus. „Wer?“

Der Wirt im Hintergrund zuckte bei diesem Aufschrei zusammen, und Pezarro legte Ragozzini die Hand auf den Arm. „Leiser. Wir sind hier nicht allein. Man könnte dich hören.“ Ragozzini schüttelte unwillig die Hand ab. „Schon gut“, knurrte er. Dann blickte er den Kurden an. „Nadir, warum haben Ihre Leute nicht aufgepasst? Sie waren dazu da, eine solche Situation zu verhindern. Man hat Sie dafür bezahlt. Gut bezahlt. Sie haben versagt.“

Das Gesicht des Kurden verzerrte sich. „Wären Ihre Leute nicht mit einem Hubschrauber gekommen, wäre die Ernte nicht vernichtet. Jeder Mensch in diesem Gebirge reitet oder geht zu Fuß. Nur Ihre Leute mussten mit einer solchen Teufelsmaschine kommen. Es war Schicksal.“ Ragozzini wirkte plötzlich wieder ganz ruhig. Nur seine weißen Knöchel zeigten seine innere Spannung. „Wir wollen uns jetzt nicht streiten. Die Ernte ist vernichtet und nicht zu ersetzen. Das Geschäft ist geplatzt. Ich weiß zwar nicht, wie ich das den Bossen in New York beibringen soll, aber das wird sich finden. Eines aber werde ich nicht tun: Ich werde dieses Land nicht eher verlassen, bis ich den Kerl in den Händen habe, der dafür verantwortlich ist.“

Nadir, der Kurde, nickte. „Wir werden ihn ebenfalls jagen, solange Allah noch einen Funken Leben in uns lässt. Wir haben ihm Blutrache geschworen. Wir werden nicht eher ruhen, bis wir sie erfüllt haben.“ Pezarro wollte grinsen, aber Ragozzini stieß ihn rechtzeitig an. Er hatte erkannt, dass es dem Kurden ernst mit seinen Worten war. Er erinnerte sich an seine sizilianische Heimat. Auch dort gab es noch die Blutrache, und es war keine Angelegenheit, über die man lachen sollte. Pezarro und Carveso waren in den Vereinigten Staaten geboren worden. Der Begriff der Blutrache war ihnen völlig fremd.

„Gut“, meinte Ragozzini. „Das wäre also klar. Wir müssen diesen Kerl kriegen, und wir werden ihn kriegen. Machen wir einen Plan. Hat jemand von euch gesehen, wie dieser Mann aussah?“

Carveso sah die anderen verblüfft an. „Haben wir das noch nicht gesagt? Wir alle haben ihn erkannt. Als der Hubschrauber abhob, haben wir sein Gesicht deutlich gesehen.“ Pezarro nickte. „Es war der Amerikaner, den wir hier gestern getroffen haben. Dieser angebliche Wissenschaftler, der Ausgrabungen machen will. Mir kam der Kerl gleich verdächtig vor.“

Auch der Kurde nickte. „Ich werde das Gesicht dieses Mannes nicht vergessen. Er hat meinen Bruder getötet. Und dafür wird er selbst sterben.“

„Das stimmt“, meinte Carveso. „Einer der Kurden hat sich an den Hubschrauber gehängt, als er gerade startete. Dieser Kerl hat ihn mit einem Fußtritt weggestoßen. Der Kurde ist auf den Boden gefallen und hat sich das Genick gebrochen.“ Ragozzini knetete seine Finger. „Vermutlich wird dieser Reynolds, wie er sich nannte, nicht hierher zurückkommen. Wir müssen ihn also suchen. Dazu sind wir auf die Hilfe der Kurden angewiesen, die sich in diesem Gebiet auskennen. Er ist allein, also dürfte er keine Chance haben, uns zu entkommen. Schließlich befindet auch er sich in einem fremden Land.“

„Wir müssen auch Ismet Erim informieren“, warf Carveso ein.

„Richtig“, nickte Ragozzini. „Er muss uns ebenfalls helfen. Ich will diesen Kerl haben und zwar lebend.“

„Wir kriegen ihn“, sagte Carveso zuversichtlich. „Heute Nacht hat er Glück gehabt. Das wird ihm nicht mehr passieren.“

„Und ihr seid sicher, dass er allein war?“, fragte Ragozzini.

„Ja“, meinte Pezarro. „Im Tal war außer ihm niemand mehr. Er ist ja auch allein in den Hubschrauber gestiegen.“

„Kann der Pilot mit ihm unter einer Decke stecken?“

„Ausgeschlossen“, antwortete Pezarro. „Er hat ihn mit einem Revolver bedroht und offensichtlich gezwungen.“

„Dann hat es vermutlich wenig Sinn, sich mit dem Piloten auseinanderzusetzen“, sagte Ragozzini leise. „Das würde nur unnötigen Staub aufwirbeln. Wir müssen froh sein, wenn es wegen dieses Zwischenfalls keine Untersuchung durch die Armee gibt. Wir können nur hoffen, dass dieser Pilot clever genug ist, alle Spuren dieser Aktion zu beseitigen oder sich wenigstens eine gute Ausrede einfallen zu lassen.“

„Das wird er müssen“, sagte Pezarro grinsend. „Sonst wird er nämlich erschossen.“

Ragozzini wandte sich wieder an Nadir. „Wie viele Leute können Sie mobilisieren?“

Der Kurde überlegte nicht lange. „Ich habe drei Leute bei mir, sechs kann ich sofort holen lassen. Das macht mit mir zehn. Wenn es notwendig ist, kann ich weitere zehn Männer bringen.“

Ragozzini winkte ab. „So viel werden wir nicht brauchen. Unsere Aktionen dürfen nicht auffallen, sonst kriegen wir noch Ärger mit der türkischen Regierung. Darauf möchte ich gern verzichten.“

Der Kurde erhob sich. „Ich werde jetzt meine Leute sammeln. Wir werden das Gebiet gründlich absuchen. Irgendwo hat er Spuren hinterlassen. Wir werden sie finden. Allah wird uns führen.“ Er verbeugte sich kurz und verschwand.

Pezarro lächelte geringschätzig. „Wenn Nadir glaubt, dass Allah ihm hilft – ich glaube lieber an das hier.“ Er klopfte sich unter die linke Achsel. „Ich werde zu Erim gehen. Er soll im Dorf fragen, wer etwas über den Fremden weiß. Er hat ja schon ein paar Tage hier gelebt, also hat er auch Spuren hinterlassen.“

Ragozzini machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich möchte bloß wissen, wer ihn geschickt hat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er von der Konkurrenz kommt. Das wäre viel zu mühsam. Die würden außerdem keinen einzelnen Mann schicken.“

„Vielleicht ein Agent des Rauschgiftbüros“, warf Carveso ein.

„Möglich. Viele Staaten haben Fachleute in die Herkunftsländer des Rauschgifts geschickt. Er ist Amerikaner. Ich frage mich nur, wieso er von diesen Feldern wusste. Er war schließlich noch vor uns hier. Wir sind also nicht verfolgt worden.“

„Ich traue den Türken nicht“, stieß Pezarro hervor. „Wahrscheinlich hat uns einer von denen verraten.“ Ragozzini zuckte mit den Schultern. „Wir werden es wissen, wenn wir diesen Mann haben. Und dann wird er den Tag seiner Geburt verfluchen.“

Die besten 12 Strand Krimis im September 2021

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