Читать книгу Dreizehn Mörder: Krimi Paket 13 Romane - Alfred Bekker - Страница 32
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ОглавлениеEs dauerte nicht lange, bis Verstärkung eintraf.
Die Bilanz fiel ernüchternd aus. Ein toter Informant und ein toter Kollege. Allerdings hatte auch der Täter das Feuergefecht nicht überlebt.
„Der Gerichtsmediziner ist schon auf dem Weg hierher”, sagte uns ein Kollege. „Ebenso die Kollegen unseres Erkennungsdienstes. Das wichtigste scheint im Moment zu sein, die Identität des Täters zu klären.”
„Er hatte einen Führerschein bei sich”, erklärte ich, denn auch wenn die Erkennungsdienstler in diesem Punkt etwas anderes predigen, hatte ich mir die Freiheit genommen, den Toten zu durchsuchen. Natürlich mit Latexhandschuhen. Ich wollte ja nicht mutwillig Spuren vernichten. „Er lautet auf den Namen Frank Nenad.”
„Frank Nenad? Der Frank Nenad?”, wunderte sich der Kollege.
Sein Name war Reichle.
„Mein Kollege Kriminalinspektor Meier ist gerade zum Parkplatz gegangen, um das Laptop aus dem Wagen zu holen.
„Die Online-Abfrage kann er sich sparen. Frank Nenad kenne ich.” Kommissar Reichle war einen Blick auf das Gesicht des Toten. „Er hat einen Club im Westen der Stadt. Man sagt, dass er da nur pro Forma als Geschäftsführer arbeitet. Den eigentlichen Job macht jemand anderes.”
„Wie so oft bei den Killern im OK-Bereich”, sagte ich, wobei OK die übliche Abkürzung für ‘Organisierte Kriminalität’ war.
Reichle sagte: „Der Club steht natürlich unter der Kontrolle von Boris Darkovic.”
„Wie groß schätzen Sie den Mann?”, fragte ich.
„So wie er da liegt ist das etwas schwierig, aber…”
Ich fragte: „Zwei Meter zehn?”
„Auf jeden Fall wäre er besser Basketballer geworden - anstatt Straßenkiller für die Clans”, meinte Kommissar Ortwin.
„Wenn Boris Darkovic hinter dem Attentat steckt, würde das Sinn machen”, sagte Rudi. „Er hat am meisten von Nikos Verschwinden profitiert. Vielleicht hatte er auch etwas mit seiner Ermordung zu tun - und jetzt sind durch den Unfall all die Dinge wieder an die Oberfläche gekommen, die eigentlich längst vergessen sein sollten.”
„Genau in die Richtung habe ich auch schon überlegt”, sagte Kommissar Reichle. „Es kommt nämlich noch etwas hinzu. Boris Darkovic hat seinen Onkel gehasst. Davon ist nie etwas an die Öffentlichkeit gedrungen und nach außen hin haben sie immer Einigkeit demonstriert.”
„Was war der Grund für den Hass?”, fragte ich.
Reichle zuckte die Achseln. „Was wir darüber wissen, kommt in erster Linie von Ivan Suvin. Auf diesen Segelfahrten hat Niko seinen Neffen wohl wiederholt ziemlich heruntergeputzt und gedemütigt. Und das in Anwesenheit anderer Freunde.”
„Wer war zum Beispiel dabei?”
„Ich denke, Mirko Antevic dürfte immer dabei gewesen sein.”
„Der Gedanke, dass ein persönliches Motiv ausschlaggebend ist, liegt eigentlich nahe”, sagte ich. „Niko wurde ja quasi öffentlich bloßgestellt und man kann sich gut vorstellen, dass der Täter seine heimliche Freude daran hatte, wenn er die Ausstellung von Reinhold Thalmann besuchte.”
„Wenn Sie recht haben, müssen Sie den Täter unter den Millionen Besuchern suchen, die diese Ausstellungen inzwischen gehabt haben”, meinte Reichle und verzog das Gesicht. „Nein, das war natürlich ein Witz. Aber was das persönliche Motiv angeht, könnte Boris Darkovic tatsächlich derjenige gewesen sein, der im Hintergrund die Fäden zog.”
„Dass er seinen Onkel eigenhändig umgebracht hat, halten Sie für ausgeschlossen?”, mischte sich Rudi ein.
Reichle hob die Augenbrauen. „Haben Sie ihn je persönlich kennengelernt, Herr Meier?”
“Nein.”
“Boris ist einfach nicht der Typ dafür. Er kommt nicht von der Straße. Die dreckigen Sachen lässt er andere machen.”
„Leute wie Frank Nenad”, sagte ich.
„So ist es”, bestätigte Kommissar Reichle. „Genau das ist der Punkt gewesen, weshalb Niko, der harte Knochen, ihn so verachtet hat. Und diese Demütigungen auf dem Boot und bei anderer Gelegenheit dienten vielleicht einfach nur dazu, Boris aus der Reserve zu locken.” Reichle zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hat das ja auch auf gewisse Weise funktioniert und Boris ist damals so wütend geworden, dass er seinen Onkel aus dem Weg geräumt und sich auf diese nicht einmal besonders subtile Weise an ihm gerächt hat.”
„Fragt sich nur, warum die anderen sterben mussten”, meinte Rudi. „Reinhold Thalmann, Mandy Zachermann, Mirko Antevic.”
„Thalmann war zumindest Mitwisser der Vorgänge von damals, die auf eine noch nicht ganz geklärte Weise zu Niko Darkovics Tod geführt haben”, stellte ich fest. „Schließlich wird in seinem Atelier kein Leichnam plastiniert, an den er nicht Hand angelegt hat.”
„Dann war Mandy Zachermann vermutlich auch eine Mitwisserin”, mutmaßte Rudi.
„So, wie die Dame dort alles unter ihrer Kontrolle hatte, ist das plausibel”, gab ich zu.
„Dasselbe könnte für Antevic gelten”, sagte Rudi. Er deutete auf den toten Frank Nenad. „Und für ihn.”
„Boris Darkovic räumt alle Mitwisser von damals aus dem Weg, das wäre meine Theorie”, fasste Kommissar Reichle die Angelegenheit zusammen. „Die Frage ist nur, ob sie genügend Beweise gegen diesen Saubermann-Gangster zusammenbekommen. Wenn nicht, geht er uns durch die Lappen. Und wenn er durch ihre Aktivitäten nur gewarnt wird, dann bekommen wir ihn am Ende nichtmal wegen der Delikte, derentwegen unsere Abteilung nämlich schon seit so langer Zeit hinter ihm her ist: Drogen, Geldwäsche und so weiter.”
Ich glaubte im ersten Moment mich verhört zu haben. Aber Kommissar Reichle hatte das wirklich gesagt. „Heißt das, wir sollen die Füße stillhalten und notfalls nicht zu tief bohren, um Ihre Ermittlungen nicht zu stören?”
„Hören Sie, Herr Kubinke, ich weiß, dass Sie mir gegenüber weisungsbefugt sind, aber nicht umgekehrt.”
„Schön, dass Sie das nicht vergessen haben, Herr Reichle.”
„Trotzdem sollten Sie mal darüber nachdenken. Al Capone ist letztlich auch nur wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden und nicht wegen der unzähligen Morde, die auf sein Konto gingen. Wir haben gute Chancen, Boris Darkovic mittelfristig aus dem Verkehr zu ziehen und damit dem organisierten Verbrechen eines der schlimmsten kriminellen Netzwerke entscheidend zu schwächen.”
„Das vergesse ich nicht”, sagte ich. „Sie scheinen viel über den Darkovic-Clan zu wissen…”
„Ich habe eng mit Kommissar Ortwin zusammengearbeitet und war an allen wichtigen Ermittlungsschritten beteiligt”, sagte Reichle. „Und das ist auch ein Punkt, der für mich wichtig ist: Wir sind es meinem Kollegen irgendwie schuldig, dass dieser Fall nicht vermasselt wird und am Ende Boris Darkovic doch noch frei herumläuft, selbst wenn wir seine Handlanger gefasst haben sollten.”
„Wir werden versuchen, das zu vermeiden, Kommissar Reichle. Und dazu brauchen wir Ihre vorbehaltlose Unterstützung.”
Reichle zögerte kurz. „Die haben Sie”, sagte er schließlich.