Читать книгу Dreizehn Mörder: Krimi Paket 13 Romane - Alfred Bekker - Страница 38
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ОглавлениеBevor ich zum Tatort fuhr, rief ich Rudi an und holte ihn an der bekannten Ecke ab.
„Du willst nicht, dass du morgens der einzige bist, der müde ist, sehe ich das richtig?”, meinte Rudi, nachdem er neben mir auf dem Beifahrersitz platzgenommen hatte.
„Du hast es mal wieder erfasst, Rudi!”, meinte ich und versuchte vergeblich, ein Gähnen zu unterdrücken.
„Es ist noch nichtmal fünf Uhr”, meinte er schließlich. „Als du mich vorhin angerufen hast, war ich noch nicht wach genug, um richtig mitzubekommen, was du mir gesagt hast. Habe ich das richtig verstanden? Boris Darkovic ist umgebracht worden?”
„Genauso ist es. Einzelheiten erfahren wir vermutlich am Tatort.”
„Damit hat sich die Frage, ob wir jetzt gegen ihn vorgehen wohl erstmal erledigt.”
„Da scheint jemand richtig aufräumen zu wollen, Rudi.”
„Vielleicht ist das ganze eine Art Palastrevolution innerhalb des organisierten Verbrechens”, meinte Rudi. „Sowas gibt es doch öfter. Und es wäre ja auch nicht unwahrscheinlich, dass Niko Darkovics Tod denselben Hintergrund hatte.”
„Was ja immer schon vermutet wurde”, stimmte ich zu.
„Fragt sich nur, wer da die Fäden zieht, Harry. Zumal derjenige, den wir bislang in dieser Rolle glaubten, ja jetzt selbst dieser Mordserie zum Opfer gefallen ist.”
Wir erreichten die Adresse, die Kommissar Reichle uns angegeben hatte. Der Mord hatte sich in einer kleinen Seitenstraße ereignet. Überall standen Einsatzfahrzeuge unserer Kollegen. Ich fand schließlich auch noch eine Lücke, in die ich den Dienst-Porsche stellen konnte. Wir stiegen aus.
Inzwischen war es hell genug geworden, sodass sich die Straßenbeleuchtung automatisch abschaltete. Es war ziemlich kühl.
Kommissar Reichle hatte uns gleich gesehen und winkte uns zu sich.
Einige in weiße Schutzoveralls gekleidete Erkennungsdienstler suchten die Umgebung ab. Eine Markierung am Boden deutete an, wo offenbar eine Leiche gelegen hatte.
„Die Toten sind bereits abgeholt worden und werden gerichtsmedizinisch untersucht”, sagte Reichle. „Damit wir die Ergebnisse so schnell wie möglich haben, machen das unsere Leute hier in Berlin - oder bestehen Sie darauf, dass Ihr Ermittlungsteam Erkennungsdienst in Quardenburg eingeschaltet wird.”
„Dr. Wildenbacher wird sicherlich hinterher die Befunde überprüfen”, kündigte ich an. „Aber ansonsten ist das schon in Ordnung.”
„Sie sprachen von den Toten in der Mehrzahl”, stellte Rudi fest.
„Insgesamt drei: Boris Darkovic, sein Leibwächter Vitali Avakovic und Dario Ralinas, ebenfalls Leibwächter und Chauffeur der Stretch-Limousine da vorne.” Kommissar Reichle streckte die Hand in Richtung des Fahrzeugs aus, mit dem sich gerade noch ein Erkennungsdienstler beschäftigte.
„Dario Ralinas und Vitali Avakovic gehören zu den Personen, die auf Lin-Tais Verdächtigenliste standen”, stellte Rudi fest.
„Davon kann man sie jetzt wohl streichen”, meinte Reichle. Er führte uns zum Wagen. „Der Tathergang ist bereits ungefähr ermittelt.”
„Wie ist es passiert?”, fragte ich.
Der Killer hat auf dem Beifahrersitz gesessen und von dort aus den Fahrer - also Dario Ralinas erschossen. Anders wäre das auch nicht möglich gewesen. Die Limousine ist gepanzert. Das Glas der Scheiben kugelsicher.”
„Das heißt, der Killer war entweder ein zusätzlicher Beifahrer und saß schon vorher dort - oder Dario Ralinas hat ihn hereingelassen.”
„Er hat ihn hereingelassen”, mischte sich der Erkennungsdienstler ein. „Wir haben die Schussbahn einigermaßen rekonstruiert. Der Schütze hat den Fahrer definitiv erschossen, bevor er sich gesetzt hat. Sonst kommt das nicht hin.”
„Und warum hat Dario Ralinas ihm überhaupt geöffnet?”
„Es hätte gereicht, wenn er ihm das Fenster heruntergelassen hätte”, sagte der Erkennungsdienstler. „Wir haben Schmauch gefunden, der dafür spricht, dass dieser Schuss durch das offene Fenster erfolgt ist.”
„Die Frage bleibt aber: Welchen Grund hatte Ralinas, seinem Mörder das Fenster zu öffnen?”
„Weil er ihn kannte”, sagte ich. „Eine andere Möglichkeit macht keinen Sinn.”
„Also die Situation war folgende”, sagte Reichle. „Boris Darkovic und Vitali Avakovic kamen aus dem Nachtclub da drüben. Die Limousine wartete vermutlich schon vorher hier. Der Killer hatte nur ein kurzes Zeitfenster, um den Fahrer auszuschalten.”
„Okay, dann setzt er sich also auf den Beifahrersitz”, sagte ich. „Wie ging es weiter?”
„Vitali begleitet seinen Boss zum Wagen. Die Tür geht auf, der große Boss setzt sich hinten rein. Jetzt schießt der Killer auf Vitali. Dann dreht er sich um und erschießt Boris Darkovic. Anschließend steigt er aus.”
„Halten wir fest: Er muss zumindest Dario Ralinas gekannt haben”, sagte ich. „Das ist ein Ansatzpunkt.”
„Es gibt noch einen zweiten Ansatzpunkt”, sagte Kommissar Reichle.
Ich hob die Augenbrauen. „Und der wäre?”
Kommissar Reichle lächelte triumphierend. „Eine DNA-Spur. Ob sie dem Täter zugeordnet werden muss, können wir noch nicht mit Sicherheit sagen. Aber ist da.”
„Wo?”
Er deutete zum Laternenpfahl. „Wir wissen nicht genau, was geschah, nachdem der Täter ausgestiegen ist. Aber Vitali Avakovic wurde offenbar durch die ersten Treffer nicht getötet, weil er eine Kevlar-Weste trug. Er hat sich möglicherweise kurz erholt und es kam zu irgendeiner Art von Kampf oder Handgemenge. Jedenfalls hat sich jemand mit dem Kopf am Laternenpfahl verletzt. Wir haben Blut und Haare sichergestellt.”
Der Erkennungsdienstler streckte den Arm aus. „Von dort unten aus ist der tödliche Kopfschuss abgegeben worden, der Vitali Avakovic getötet hat.”
„Vitali hat auch einen Schuss abgegeben, der auch von Bewohnern hier in der Gegend gehört wurde. Er hat ja einen Revolver benutzt - ohne Schalldämpfer selbstverständlich. Aber der Schuss ging daneben. Wir haben das Projektil gefunden und sichergestellt.”
„Dann werden wir wohl abwarten müssen, ob die DNA des Täters in unserem Datenbestand auftaucht”, meinte ich.
Rudi sah mich an. „Wir sollten die Durchsuchungsaktion im Hinblick auf Boris Darkovics Villa jetzt in die Wege leiten.”
Ich nickte. „Und ich will mit allen sprechen, die auf Lin-Tais Liste standen, so fern man sie irgendwie auftreiben kann!”