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Am nächsten Morgen frühstückten wir gemeinsam im King Edward Hotel. Wir sahen uns verliebt an und ich genoss jede Minute, in der ich noch nicht in die Redaktion des New World Observers aufbrechen musste.

"Was wirst du heute unternehmen?", fragte ich ihn dann irgendwann.

Er zuckte die Schultern, während er an seinem Tee nippte.

"Ich weiß es nicht."

"Du willst es mir nicht sagen. Vertraust du mir noch immer nicht?"

"Doch, Jessica."

Ich überlegte einen Augenblick, ob ich ihn darauf ansprechen sollte, aber dann entschloss ich mich, es doch zu tun. "Heute Morgen, als ich an deiner Seite erwachte, hast du noch fest geschlafen. Ich wollte ins Bad und bin über dein Jackett getreten..."

Er blickte mich an. Und in diesem Moment wusste ich den Blick seiner blauen Augen einfach nicht zu deuten. Er zog seine Augenbrauen so zusammen, dass sie eine Schlangenlinie bildeten.

"Was willst du damit sagen, Jessi?", fragte er.

"Ich habe das Jackett aufgehoben. Dabei ist eine kleine Fotomappe herausgefallen. Es waren Bilder eines Mannes darin, der mal recht jugendlich, auf anderen Bildern jedoch greisenhaft und dem Tode nahe wirkte. So wie die Tote in der MacMillan Street. Immer war es jedoch zweifellos derselbe Mann, auch wenn man genau hinsehen musste..."

Gardners Gesicht erstarrte zu einer Maske. Er atmete tief durch und stellte die Teetasse ab.

Dann griff er in sein Jackett und holte die Fotomappe, die etwa die Größe einer Brieftasche hatte heraus und legte sie aufgeschlagen zwischen uns auf den Tisch.

"Es hat etwas mit der Toten in der MacMillan Street zu tun, nicht wahr?"

Es war keine echte Frage, die ich stellte. Eher schon eine Feststellung.

Er nickte schließlich.

"Also gut", sagte er. "Ich bin auf der Suche nach diesem Mann!" Und dabei deutete er auf die Bilder. "Er ist das, was man mein neues Projekt nennen könnte..."

Ich hob die Augenbrauen.

"Um wen handelt es sich?"

"Er heißt Peter Ellings, allerdings trug er auch Dutzende von anderen Namen Identitäten. Sofern meine Recherchen stimmen, wurde er in Indien geboren - vor mindestens zweihundert Jahren."

"Was sagst du da?"

"Ja, du hast richtig gehört, so erstaunlich es auch klingen mag. Und ich glaube zu wissen, wie er es geschafft hat, so lange zu leben..."

Die Wahrheit war, dass nicht in erster Linie wegen Ellings Alter erschrak, sondern wegen einer anderen Sache.

Indien.

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich wieder das Bild jenes Palastes vor mir, den ich schon einmal in einer Vision gesehen hatte. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich unaufhaltsam in mir aus. Mir fröstelte unwillkürlich. Ich hatte das Gefühl, das irgendeine Art von unabwendbarem Verhängnis aufzog und das machte mir Sorgen.

"Glaubst du an Vampire, Jessica?", drang Gardners Stimme in meine Gedanken. Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern fuhr fort: "Ich glaube, dass dieser Ellings eine Art Vampir ist. Nicht die Art Vampire, die billige Horror-Filme bevölkern und mit Vorliebe mit ihren langen Zähnen hübschen Mädchen in die Kehle beißen... Das ist alles Unfug. So etwas hat es nie gegeben, außer in der Phantasie von Schriftstellern und in Gruselgeschichten, die man sich jahrhundertelang an Lagerfeuern erzählt hat, um sich sich gegenseitig zu erschrecken." Gardner schüttelte den Kopf.

"Nein, Ellings ist ein Art von Vampir... Ich glaube Beweise dafür gefunden zu haben, dass er seinen Opfern gewissermaßen die mentale Kraft - die Lebensenergie, wenn man so will - entzieht und auf diese Weise sein Leben verlängert..."

Ich begriff.

"Und du meinst, dass er für diese Todesfälle verantwortlich ist?"

"Ja. Die drei Fälle in London sind im übrigen nicht die einzigen. Wenn es zu auffällig wird, zieht Ellings weiter und siedelt sich anderswo an. Es ist eine Spur des Todes, die sich um die ganze Erde zieht..."

Es war eine schaurige Vorstellung. Ein ruheloser Wanderer, der sich von der Lebenskraft seiner Mitmenschen gewissermaßen ernährte.

"Und du konntest die Spur dieses Mannes zweihundert Jahre zurückverfolgen?"

"Ja. Aber es kann gut sein, dass er noch wesentlich älter ist... Je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht, desto unsicherer werden die Quellen. Er ist ein Mörder, Jessica! Ein Mörder, der unschuldige Leben stiehlt... Ich war ihm schon das eine oder andere Mal dicht auf den Fersen, aber er ist geschickt. Er macht sich sofort aus dem Staub. Du hast mich aus der Absteige in der MacMillan Street kommen sehen, nicht wahr?"

Ich nickte.

"Ja."

"Dort hat er gewohnt. Und die arme Linda Gordon war dort angestellt. Vermutlich ist es lediglich Zufall, dass sie das Opfer war."

"Hast du eine Ahnung, wer er jetzt ist?"

"Nein. Aber ich werde ihn finden. Soweit ich bislang recherchiert habe, scheint Ellings' Hunger nach Lebensenergie im übrigen in den letzten Jahren stark zugenommen zu haben... Ein Umstand, der mich beunruhigt. Und da ist noch ein anderer Gedanke, der mich nicht loslässt."

Ich sah ihn an. In seinen blauen Augen flackerte es unruhig.

"Welcher?", fragte ich.

"Ich habe den Verdacht, dass Ellings keineswegs der Einzige seiner Art ist!"


Die große Halloween Horror Sammlung November 2021

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