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Im Tharr Desert Hotel gab es Kakerlaken und die Klimaanlage schien auch nicht richtig zu funktionieren. Es war kein Hotel der gehobenen Kategorie, aber angeblich das beste, was Sanpur in dieser Hinsicht zu bieten hatte.

Einer der zahlreichen Söhne des Besitzers zeigte mir mein Zimmer und pries besonders den freien Blick auf den Palast, den man von hier aus hatte.

Mir jagte dieser Anblick eher ein Schaudern über den Rücken. Die Bilder aus meiner Vision standen mir wieder vor Augen. Der dunkle Gang. Gardners leichenblasses Gesicht, das einer Totenmaske ähnelte...

Was mochte ich da nur gesehen haben?

Kam ich am Ende gar zu spät?

Meldete er sich vielleicht deswegen nicht mehr, weil er nicht mehr lebte?

Alles in mir wehrte sich gegen diese düsteren Gedanken, aber sie ließen sich nicht so einfach davonscheuchen. Immer wieder stahlen sie sich in meine Seele und ließen mich frösteln.

Ich stand am offenen Fenster und lehnte mich etwas hinaus. Das Zimmer befand sich im zweiten Stock. Unten auf der Straße herrschte reges Treiben. Autos mit vorsintflutlichem Baujahr versuchten sich hupend einen Weg durch das Chaos aus Fahrradrikschas, Eselskarren und Motorroller zu Bahnen. Hin und wieder ließ ein Lastwagen respektheischend die Bremsen zischen.

"Brauchen Sie noch etwas, Ma'am?", fragte der Junge mich.

Ich schätzte ihn auf dreizehn oder vierzehn Jahre, vielleicht auch etwas älter.

"Nein. Das heißt..."

"Ja?"

"Vor kurzem war ein Mann in diesem Hotel. Ein Amerikaner..."

"Wie war sein Name?"

"Curt F. Gardner. Erinnerst du dich an ihn?"

Der Junge schwieg. Seine großen braunen Augen sahen mich unschlüssig an, dann wich er meinem Blick aus. "Ich erinnere mich nicht. Wissen Sie, es kommen so viele Gäste. Und ehe man sich versieht, gehen sie auch wieder..."

"Er war hier", beharrte ich. "Da bin ich mir hundertprozentig sicher!"

"Ich muss jetzt gehen. Man wartet sicher schon auf mich."

Er wollte sich schon zur Tür drehen, aber meine Stimme hielt ihn zurück.

"Wie heißt du?"

"Rao. Mein Name ist Rao."

"Hat man dir gesagt, dass du nichts über Gardner erzählen sollst?"

"Ich muss gehen." In der Tür blieb er dann noch einmal stehen, drehte sich halb herum und fragte: "Warum suchen Sie eigentlich nach diesem Mister Gardner?"

"Er ist mein Mann", log ich.

"Sie tragen nicht denselben Namen. Ist das in Ihren Ländern nicht üblich?"

"Ja, aber nicht immer."

"Ach, so."

"Ich bin in großer Sorge um ihn. Er hat sich nicht mehr gemeldet und das ist eigentlich nicht seine Art. Vielleicht ist ihm etwas zugestoßen..."

Der Junge schluckte. Er studierte sehr genau mein Gesicht und ich erwiderte seinen Blick.

Er schien mit sich zu ringen, ob er mir doch mehr sagen sollte, entschied sich schließlich aber wohl dagegen. Er nickte mir noch einmal zu und ging dann die Treppe hinunter ins Erdgeschoss.

Im ersten Moment wollte ich ihm folgen, um ihn nochmals zur Rede zu stellen. Aber schon nach einem halben Schritt hielt ich inne.

Ja, er wusste mehr, da war ich mir so gut wie sicher.

Aber ich musste ihm etwas Zeit geben. Wenn es mir gelang, sein Vertrauen zu gewinnen, würde er vielleicht reden...

Ich strich mir das schweißverklebte Haar aus dem Gesicht und seufzte. Verzweiflung keimte in mir auf, und ich hatte Mühe, meine Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Nur Geduld, nur Geduld...

Eine einzelne Träne lief mir über die linke Wange.

Was mochte nur mit Curt geschehen sein? Ich wagte gar nicht daran zu denken, dass ich möglicherweise zu spät kam, um ihm noch helfen zu können...


Die große Halloween Horror Sammlung November 2021

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