Читать книгу Die große Halloween Horror Sammlung November 2021 - Alfred Bekker - Страница 55

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Tante Lyns Villa mit ihren vielen Erkern war schon von außen etwas besonderes. Um so mehr galt das für das Innenleben dieses Hauses. Archäologische Fundstücke wechselten mit exotischen Wandteppichen und absonderlichen Kultgegenständen ab. Und in den Bücherregalen drängte sich ein dickleibiger Foliant an den anderen. Tante Lyn war von der Existenz des Übersinnlichen überzeugt, allerdings war sie keineswegs so naiv, dass sie leichtgläubig irgendwelchen Scharlatanen auf den Leim gegangen wäre, die auf diesem Gebiet ihr Unwesen trieben.

Aber für eine wissenschaftlich fundierte Forschung auf diesem Gebiet hatte sie sich immer eingesetzt.

Gardner war sichtlich beeindruckt, als ich ihn in den Salon führte. Die uralten Fetische aus Zentralafrika, die Tante Lyn in einer Glasvitrine untergebracht hatte, bildeten einen eigentümlichen Kontrast zu dem gediegenen Mobiliar.

"Ich bin Curt F. Gardner", stellte er sich meiner Großtante vor, die ihn freundlich begrüßte.

"Ich habe durch Jessi schon viel von Ihnen gehört. Außerdem prangt Ihr Name momentan in jeder Buchhandlung auf Werbeplakaten..."

"Nun, mein letztes Buch verkauft sich ganz ordentlich!"

Tante Lyn lächelte.

"Sie lieben die Übertreibung?"

"Wer nicht?"

Ich hatte das Gefühl, dass meine Großtante Gardner auf Anhieb mochte. Lyndsay und ich wechselten einen kurzen Blick miteinander und verstanden uns ohne Worte. Ich hatte ihr bereits per Telefon im Groben umrissen, worum es ging. Und so kam Tante Lyn auch gleich zur Sache.

"Sie glauben also, dass die Tote aus der MacMillan Street das Opfer eines..."

"Einer Art Vampir ist", vollendete Gardner. "Ja, das ist richtig."

"Jessica sagte am Telefon, dass der zweihundertjährige Mann, hinter dem Sie her sind, ursprünglich aus Indien stammt", murmelte Tante Lyn nachdenklich.

"Ist das von Bedeutung?", fragte ich.

Lyndsay zuckte die Achseln. "Das weiß man vorher nie, aber ich habe hier etwas Interessantes..." Sie ging zu den Regalen und griff zielsicher nach einem in Leder gebundenen Folianten, dessen Bindung sich schon ziemlich in Auflösung befand.

Sie legte den Band auf ein kleines Tischchen, das eigentlich nur dazu gedacht war, Tee-Service zu tragen.

"Was ist das?", fragte Gardner.

"Das sind die Aufzeichnungen von Colonel Cyrus Jenkins, eines britischen Kolonialoffiziers, der um die Mitte des letzten Jahrhunderts in Indien stationiert war. Er scheint historisch sehr interessiert gewesen zu sein, lernte die Sprachen der Einheimischen stieß auf Berichte über den in Rajastan beheimateten Stamm der Kajari..." Tante Lyn zuckte die Achseln und fuhr dann bedauernd fort: "Ich konnte Colonel Jenkins' Aufzeichnungen bislang nur ganz grob überfliegen, aber es läuft wohl darauf hinaus, dass die Angehörigen des Kajari-Stammes über eine besondere Fähigkeit verfügten. Sie vermochten es, anderen Menschen die Lebensenergie zu entziehen und diese für sich selbst zu nutzen. Aus Greisen wurden wieder junge Männer." Tante Lyn blätterte etwas in dem Band herum, wobei sie sehr vorsichtig war, um die Bindung nicht völlig zu ruinieren.

Dann zeigte sie uns einige Abbildungen, die eine frappante Ähnlichkeit mit dem hatte, was ich auf den Fotos gesehen hatte, die Jim in der MacMillan Street gemacht hatte.

"Ein ganzer Stamm von Mördern?", hörte ich Gardner schaudernd sagen. "Wenn das der Wahrheit entspricht..."

"In der Regel töteten sie ihre Opfer nicht sofort", korrigierte Tante Lyn ihn. "Statt dessen zapften sie über lange Zeit, manchmal über viele Jahre hinweg, an ihrer Lebenskraft, bis die oft ahnungslosen Opfer schließlich dahinstarben."

Gardner nahm den Band an sich und blätterte mit fieberhaftem Eifer darin herum. "Das wäre eine Erklärung", murmelte er dann. "Ellings könnte ein Kajari sein. Ich frage mich nur, wie viele aus diesem Volk es noch gibt..."

"Nun, Colonel Jenkins glaubte schon zu seiner Zeit, dass ihre Zahl sehr klein sein muss, da sie immer wieder Opfer von Verfolgungen wurden."


Die große Halloween Horror Sammlung November 2021

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