Читать книгу Die große Halloween Horror Sammlung November 2021 - Alfred Bekker - Страница 54
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An diesem Morgen entschuldigte ich mich in der Redaktion.
Ich meldete mich einfach krank, was sicher nicht die eleganteste Lösung war. Aber wenn ich gesagt hätte, dass ich dem Rätsel um die Tote in der MacMillan Street vielleicht ein Stück näher kommen konnte und damit möglicherweise einer Riesenstory auf der Spur war, so hätte Sloane etwas Handfestes, Beweisbares von mir erwartet. Irgendeinen Anhaltspunkt. Aber soweit war ich nicht. Ich hatte nur das, was Curt F. Gardner mir gesagt hatte. Und der verließ sich einstweilen darauf, dass man es nicht am nächsten Tag auf den bunten Seiten des New World Observers zu lesen bekam, denn das würde Ellings warnen.
Einfach in den blauen Dunst hinein zu recherchieren, das gestattete ein Mann wie Maxwell T. Sloane nicht einmal seinen Top-Reportern, geschweige denn einer Anfängerin wie mir.
Auch wenn er mich inzwischen zu schätzen wusste - als Anfängerin betrachtete er mich nämlich nach wie vor. Und irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass sich daran auch in nächster Zukunft nicht allzuviel ändern würde.
Ich telefonierte per Handy vom Kingston Hotel aus und bekam Jim Barlow an den Apparat.
"Sloane wird nicht begeistert sein", seufzte der Fotograf.
"Ich weiß, aber es geht nicht anders."
Ich konnte es Jim jetzt nicht erklären.
"Wie immer!", maulte er. "Die wirklich unangenehmen Aufgaben bleiben an mir hängen. Warum sagst du es dem Chef nicht selbst?"
"Weil mein Lieblingskollege ein wahrer Schatz ist und für mich die Höhle des Löwen betreten wird!"
Jim ächzte. "Du weißt, dass ich so etwas nur für dich tue."
"Das weiß ich. Und ich werde mich revanchieren."
"Daraus wird doch nichts."
"Bestimmt!"
Dann legte Jim auf und ich legte den Handy auf den Tisch.
Gardner hielt meine Hand.
Er lächelte matt. "Nach dem, was ich dir erzählt habe, musst du mich für komplett verrückt halten, Jessica!"
Ich schüttelte energisch den Kopf.
"Davon kann keine Rede sein", erwiderte ich. "Ganz im Gegenteil. Ich habe vor, dir zu helfen."
"Um eine Story daraus zu machen?"
"Nun..."
"Das kannst du meinetwegen gerne tun. Vorausgesetzt, dieser Ellings läuft nicht mehr frei herum und die Geschichte ist zu einem Abschluss gekommen. Wenn dieser Killer vorher etwas davon erführe, wer ihm auf den Fersen ist..."
Gardner sprach nicht weiter.
"Er würde dich töten, nicht wahr?", schloss ich.
"Ja. Und er ist ein furchtbarer Gegner, gegen dessen Kräfte bislang niemand etwas entgegenzusetzen hätte." Er beugte sich etwas vor und fuhr dann eindringlich fort: "Jessica, er würde auch dich töten! Und deswegen möchte ich nicht, dass du dich weiter mit der Sache beschäftigst... Ich habe mich in dich verliebt und könnte es unmöglich verantworten, dich in Gefahr zu bringen. Das war im übrigen auch der Grund dafür, dass ich dich bislang nicht eingeweiht habe..."
"Und was hat deine Meinung geändert?"
"Du warst ja ohnehin schon nahe an der Wahrheit. Und wie ich dich kenne, hättest du um keinen Preis der Welt lockergelassen..."
"Das ist wahr", bestätigte ich. "Hör zu, Curt, ich werde dir helfen, ganz gleich, ob es dir nun passt oder nicht. Denn auch ich will, dass diese Todesfälle aufhören..."
"Jessica..."
"Meine Großtante Lyndsay hat eine Art Privatarchiv zum Bereich Okkultismus und übersinnliche Wahrnehmung. Der größte Teil der Villa ist angefüllt mit archäologischen Artefakten meines Onkels sowie allen Möglichen geheimen Schriften, okkultistischen Lehrbüchern und uralten Folianten, die Tante Lyn in jahrzehntelanger Kleinarbeit zusammengetragen hat. Außerdem hat sie mehr oder minder jeden Presseartikel, der ihr zugänglich war und sich mit diesem Bereich beschäftigte, sorgfältig archiviert..."
Gardner sah mich erstaunt an. In seinen Zügen sah ich jetzt sogar so etwas wie Bewunderung.
Es lag auf der Hand, dass ein Mann wie er ein solches Archiv zu schätzen wusste.
"Du meinst, dass man dort möglicherweise weitere Hinweise finden könnte."
"Ja."
Gardner schien einen Augenblick lang zu überlegen, dann nickte er entschieden. "Du hast vielleicht recht. Man sollte seinen Gegner so gut wie möglich kennen!"