Читать книгу Erzählen-AG: 366 Kindergeschichten - Andreas Dietrich - Страница 11
Sechster Januar
ОглавлениеEs war einmal ein kleines Mädchen. Sie hatte rote Haare und trug den Namen Charlotte. Charlotte träumte oft. Sie träumte in der Nacht und auch dann, wenn sie Mittagsschlaf hielt.
Viele Kinder können sich nicht an alle Träume erinnern. Charlotte konnte es. Zu mindestens an dem Tag nach dem Traum. Jeden Morgen erzählte sie ihre Träume ihren Eltern. Während gefrühstückt wurde, erzählte Charlotte, von was sie in der Nacht geträumt hatte. Abends, wenn ihre Eltern gemeinsam wieder zu Hause waren, erzählte sie von ihren Träumen aus dem Mittagsschlaf.
Eines Tages träumte Charlotte von einer Insel. Um dorthin zu kommen, fuhr sie mit ihren Eltern zu einem Hafen. Die Drei waren mit dem eigenen Auto unterwegs. Das Auto war blau und hatte eine große Heckklappe. Normalerweise saß Charlotte immer hinten rechts. Doch nicht in diesem Traum. Zum ersten Mal durfte sie vorne rechts sitzen. Sie sah, wie ihr Vater nach rechts lenkte. Später beschleunigte er das Auto, fuhr nach rechts und bremste ab.
Am Hafen angekommen, wurde ein Parkplatz gesucht und alle stiegen aus dem Auto. Charlottes Eltern trugen insgesamt drei Koffer bis zum Schiff. Charlotte hatte einen eigenen Koffer, den sie selbst tragen konnte. Dieser zeigte ein rotes, kariertes Muster und war natürlich viel kleiner, als die Koffer, die Charlottes Eltern trugen.
Auf dem Weg zum Schiff sah Charlotte, dass es ein sehr großer Hafen war. Viele Schiffe standen dort. Die meisten waren weiß. Einige Schiffe waren auch schwarz. Charlotte sah aber kein einziges Schiff, das gelb, rot oder blau war. Das fand Charlotte etwas schade. Sie hätte gern ein buntes Schiff gesehen.
Es ist klar, dass das Schiff, welches Charlotte kurze Zeit später betrat, nicht bunt war. Es war weiß. Um auf dieses Schiff zu gelangen, mussten Charlotte und ihre Eltern eine lange Treppe hinaufgehen. Am Ende stand der Kapitän und ein Teil seiner Crew. Sie begrüßten die Reisenden an Bord. Auch Charlotte und ihre Eltern wurden begrüßt. Sie zeigten ihren Fahrschein und einer der Crew gab ihnen eine kurze Wegbeschreibung, wie sie zu ihrer Kabine kommen konnten.
Charlottes Eltern hatten einen Fahrschein für eine Kabine gekauft, die am Rand des Schiffes lag und ein Fenster besaß. Einige Reisende durften in einer Kabine schlafen, die in der Mitte des Schiffes lag. Diese Kabinen hatten kein Fenster. Dort konnte keiner hinausgucken, um den Wellen zuzusehen.
Charlotte konnte es. Charlotte konnte aus dem Fenster in der Kabine hinaussehen. Charlotte sah, wie sich die Wellen bewegten. Auf der Reise sah sie auch ein paar Schiffe. Manchmal waren die Schiffe klein und manchmal groß. Manchmal kamen diese Schiffe auf Charlotte zu, manchmal fuhren sie von ihr fort.
Charlotte erkundete jeden Tag das Schiff. Das Schiff war riesengroß. Alles an einem Tag zu entdecken, war kaum möglich. So erkundete Charlotte am ersten Tag das Schiff ganz oberflächlich. Am zweiten Tag nahm sie sich das oberste Geschoss vor, das auch Deck genannt wird. Am dritten Tag folgte das zweite Deck. Dann das dritte und so weiter. Am Ende kannte Charlotte das ganze Schiff. Sie wusste, wo es Essen und Trinken gab. Sie wusste, wo es das schiffseigene Kino gab. Sie wusste, wo sie mit anderen Kindern spielen konnte.
Eines wusste Charlotte aber nicht. Sie konnte sich nicht erinnern, wie lang die Reise dauerte. Sie wusste nicht, wie viele Decks sie insgesamt erkundete. Aber das war ja nicht so schlimm. Im nächsten Traum könnte sie ja darauf achten, wie oft die Sonne aufgeht. Wie viele Tage die Reise dauern würde. Im nächsten Traum, der sicher bald folgen wird.