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Januar Erster Januar

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Es war einmal ein kleiner Junge. Nennen wir ihn Alexander. Alexander durfte normalerweise nicht so lange aufbleiben. Normalerweise musste er kurz nach dem Sandmann ins Bett. Normalerweise musste Alexander sonntags bis donnerstags nach dem Sandmann ins Bett.

Freitags und samstags reichte es, wenn Alexander erst gegen acht Uhr abends ins Bett ging. So konnte er noch einen Film angucken, der auf seinem Lieblingssender lief. Später als acht Uhr abends wurde es nur in wenigen Fällen. Wenn Alexander tausendmal bettelte, weil ein supertoller Film um viertel nach acht anfing, dann durfte er ab und an auch mal länger als Viertel Neun aufbleiben. Doch nur, wenn es ein Freitag oder ein Samstag war.

In der Regel ging Alexander am frühen oder späten Abend ins Bett. Nur an einem einzigen Tag im Jahr war es ihm gestattet, bis zum nächsten Tag wach zu bleiben. Dieser eine Tag war der letzte Tag des Jahres. Der einunddreißigste Dezember. Silvester. Nur an diesem einen Tag durfte Alexander ganz lang aufbleiben.

Dazu durfte er an diesem Tag auch Sekt trinken. Natürlich nicht den für Erwachsene, sondern den Sekt, der für Kinder bestimmt war. Meist schmeckte dieser Sekt nach Erdbeere. So meinte es zu mindestens Alexander.

Als der letzte Tag des Jahres zu Ende war, ein neuer Tag begann, das neue Jahr null Sekunden alt war, wurde bei Alexander Zuhause angestoßen. Die Erwachsenen mit echtem Sekt und die Kinder mit Kindersekt. Alle wünschten sich ein glückliches neues Jahr und dann ging es hinaus.

Hinaus in die Kälte, denn es war am ersten Januar fast immer kalt draußen. Leise und dunkel. Doch das änderte sich blitzschnell. Vor wenigen Augenblicken war keiner auf der Straße, jetzt waren es alle, die in dieser Straße wohnten, wo auch Alexander lebte. Alle waren draußen. Ob klein, ob groß. Ob dick, ob dünn. Ob schwarz, ob weiß. Ob Kind oder Erwachsener. Ob Frau oder Mann. Alle waren draußen und bereiteten Raketen vor. Raketen, die noch verpackt waren. Raketen, die ausgepackt wurden. Raketen, die in eine leere Flasche gesteckt wurden. Raketen, die von Erwachsenen angezündet wurden und Richtung Himmel flogen.

Die Raketen machten den dunklen Nachthimmel bunt. Der dunkle Nachthimmel, der von tausend Wolken bedeckt war, bekam Farbe. Der dunkle Nachthimmel leuchtete gelbe, rot und blau. Manche Raketen brachten auch orange, lila oder grün mit zum Himmel. Manche Raketen explodierten in weiß am Himmel, andere waren kunterbunt. Einige der Raketen zeigten eine Figur, doch Alexander sah solche heute nicht.

Dafür sah er viele Kinder, die das machten, was auch er machte. Nachdem alle die schönen Farben am Himmel sahen, durfte geknallt werden. Die Erwachsenen durften Böller und Knaller mit ihren Feuerzeugen anzünden. Die Kinder nicht. Für sie waren ein Feuerzeug oder ein Knaller viel zu gefährlich. Sie mussten aber nicht nur zu sehen, sie durften auch selbst knallen - mit Kinderknaller. Genauer gesagt durften die Kinder wie Alexander Knallfrösche werfen. Sobald diese auf den Erdboden trafen, knallte es. Nicht so laut, wie bei den Knallern der Erwachsenen, aber für Alexander war es laut genug.

Nachdem Alexander genug vom Knallen hatten, genug bunte Raketen am Himmel sah, ging es wieder zurück nach Hause. Dort, wo es warm war. Dort, wo Alexander sein Bett hatte.

Als Alexander zu Hause war, gähnte er. Alexander wär müde. Es war ja schon spät. Sehr spät. So zog Alexander sich seinen blauen Schlafanzug an und ging ins Bett. Dort träumte er von tausend bunten Raketen, die den dunklen Nachthimmel kunterbunt färbten.

Erzählen-AG: 366 Kindergeschichten

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