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Die Schwierigkeiten mit der historisch-kritischen Arbeit
ОглавлениеMehrheitlich hat die westliche Islamwissenschaft die Anfänge einer kritischen Erforschung und damit den historisch-kritischer Zugang zur frühen Islamgeschichte anhand ihrer Quellen Qur’ân, Sîra (Prophetenbiographie des Muḥammad) und Ḥadîṯ-Literatur (Sammlung der Aussprüche des Propheten) nicht konsequent weitergeführt26. Vielleicht auch deshalb, weil schon Anfang des 20. Jahrhunderts unter westlichen Gelehrten z.B. in der Qur’ânforschung von der Schwierigkeit, „um nicht zu sagen, Unmöglichkeit“, gesprochen wurde, an einen Urtext heranzukommen27.
Ein kritischer Ansatz wie der von Mingana widersprach ganz und gar dem islamischen Dogma, dass der Qur’ân in dem sogenannten „klassischen Arabisch“ geschrieben worden sei. Diese Prämisse stellte letztlich auch Nöldeke nicht in Frage, auch wenn er als Historiker davon überzeugt war, dass Muḥammad vor allem durch „fremde Quellen“, Judentum und Christentum, beeinflusst worden sei28. Er hielt dennoch unumstößlich daran fest, dass der ganze Text des Qur’âns von Muḥammad stammen würde. Damit unterstrich er die Historizität der islamischen Überlieferung und teilte das islamische Selbstverständnis, das auf diese Weise zum Fundament der westlichen Islamwissenschaft wurde und demzufolge auch Teil der Allgemeinbildung in der westlichen Welt. Danach wurde der Qur’ân Muḥammad auf Arabisch (vom Engel Gabriel) offenbart, schließlich mündlich überliefert, um dann auf Arabisch aufgeschrieben zu werden. Und: Der Islam wurde vor allem aus sich selbst heraus verstanden, ohne besonders nach dem gemeinsamen religiös-kulturellen Erbe zu fragen.