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»Willkommen im Team!« Sue hob ihr Cocktailglas und prostete Julia zu. »Hab schon gehört, dass du Michael überreden wolltest, jemand anderes mitzuschicken. Hast du wirklich gesagt, dass Ute geil auf Außentermine ist und sich bei dir die Seele aus dem Leib jammert?«

Julia hatte Mühe, sich nicht an ihrem Cocktail zu verschlucken.

»Nein, natürlich nicht. Ist es das, was man so tuschelt? Ja, sicher, ich hab Michael gefragt, ob nicht jemand anders mitfahren könnte. Er hat aber keinen Zweifel daran gelassen, dass ich dann genauso gut einpacken kann. Ich glaube, morgen muss ich mich bei Ute entschuldigen, sonst streut die mir noch Glasscherben auf die Pizza.«

Sue lächelte hinter ihrem Cocktailschirmchen. »Ist wahrscheinlich besser, wenn du das klarstellst, bevor der Flurfunk alles noch mehr aufbauscht. Was ich nicht verstehe, ist, warum du überhaupt ablehnen wolltest. Du glaubst gar nicht, wie froh ich war, als ich gehört habe, dass du mitfliegen sollst. Nicht nur, weil ich in der Antarktis gerne eine Freundin an meiner Seite hätte. Du hast eine gute Schreibe, den richtigen wissenschaftlichen Background, und du kennst dich aus.«

Julia winkte ab. »Lass gut sein, habe ich alles schon von Harry gehört, das mit der Freundin mal ausgenommen.«

»Und?«

»Was, und?«

»Und warum wolltest du nicht mit?«

Niemand wurde Produktionsleiterin ohne eine gesunde Portion Hartnäckigkeit. Julia sah sich unbehaglich um. Jetzt, kurz vor zehn Uhr abends, herrschte in Bernies Bar Hochbetrieb. Niemand nahm von ihnen Notiz. Trotzdem fühlte sich Julia wie auf dem Präsentierteller.

»Ich … also … ich mag einfach keinen Schnee.«

»Im Ernst? Du setzt deinen Job aufs Spiel, weil du Schnee nicht magst?«

»Mhm.«

Das und den ganzen Rest, aber darüber wollte sie hier in Bernies Bar nicht reden.

Sue blies die Wangen auf und stieß die Luft in einem stummen Pfiff aus. »Julia, du machst mich fertig. Ist dir eigentlich klar, dass du eine Gewinnerin bist?«

»Was soll denn das jetzt heißen?«

»Gewinnerin eben. So habe ich immer die Mädchen in der Schule genannt, denen alles zuflog. Gute Noten, tolle Jungs, kein Stress zu Hause, klare Ziele, was sie später tun werden.«

»Ach, und so jemand bin ich in deinen Augen?«

»Hundertpro. Schau dich an. Du bist schlank, sportlich, ich würde übrigens für deine Figur morden, aber das nur am Rande. Du musst dir keine Mühe mit Make-up geben, und wahrscheinlich sind die blonden Locken auch noch echt.«

Julia ertappte sich dabei, wie sie unbewusst nickte, bevor sie halbherzig protestierte: »Ich muss regelmäßig joggen, und ich hab Sommersprossen.«

Sue lächelte. »Geschenkt. Du bist hübsch, vor allem mit den Sommersprossen, und du bist richtig gut in deinem Job. Obendrauf hast du einen tollen Uniabschluss in der Tasche. Und deshalb will ich in den nächsten Wochen keinen Scheiß hören, zum Beispiel, dass du keinen Schnee magst oder dass dir kalt ist oder was da sonst noch so kommen könnte. Du wirst diesen Job professionell durchziehen und die großartigste Redakteurin bei Gantman werden, weil ich als Produktionsleiterin nämlich so eine dringend brauche. Ende der freundschaftlichen Durchsage.«

Sue hob ihr Glas und prostete Julia zu. »Trink aus, dann bestellen wir uns noch einen. Dafür, dass da kein Alkohol drin ist, sind die wirklich lecker.«

Sue winkte einem Kellner zu und deutete mit dem Finger auf beide Gläser. Der nahm mit einem kurzen Nicken die stumme Bestellung zur Kenntnis.

Julia schlürfte mit einem Strohhalm den Rest aus ihrem Glas. »Du weißt aber schon, dass du unmöglich bist, Sue.«

»Nö, nur eine gute Freundin.«

Julia begann sich zu entspannen. Vielleicht geht ja alles gut, dachte sie.

In dieser Nacht kehrte der Alptraum zurück.

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