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3. Konsenstheorien

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Durchgesetzt hat sich in der Völkerrechtswissenschaft weitgehend ein konsensuales Modell der Rechtsgeltung (Konsenstheorie).[10] Dieser Konsens ist – wie Kelsens Grundnorm – ein das Rechtssystem begründender Konsens; er bezieht sich nicht allein auf die einzelnen Völkerrechtsnormen, sondern auch auf ihre Rechtserzeugungsverfahren, die Idee der Geltung und der universellen Bindungskraft. Damit lässt sich weit besser erklären, warum das Völkerrecht auch gegenüber einem wandelbaren „Willen“ der Staaten eine struktur- und systembildende Beharrungskraft ausprägen kann. Auch kann hierdurch erklärt werden, warum das Völkerrecht Fälle kennt, in denen Staaten auch ohne oder sogar gegen ihren Willen völkerrechtlich gebunden werden können (Rn. 263).

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Dieses Modell beruht auf anspruchsvollen Voraussetzungen und Unterstellungen. Wie weit der zu Grunde liegende Konsens reicht, ist schwer zu belegen oder zu widerlegen. Zudem tritt das Konsensmodell mit dem Anspruch auf, eine soziale Realität zu erfassen. Die Idee souveräner und gleicher Staaten, die seine Basis bildet, richtet sich aber ihrerseits am Sollen aus, nicht am Sein: Faktisch (nicht rechtlich) betrachtet sind einige Staaten „gleicher“ als andere (ökonomisch, militärisch, mit Blick auf soft power usw.), d. h. sie verfügen über größeres politisches Durchsetzungsvermögen. Solche blinden Flecken der vorherrschenden Lehren aufzudecken (das traditionelle Völkerrechtsverständnis zu „dekonstruieren“), ist ein Verdienst v. a. der Critical Legal Studies (David Kennedy, Martti Koskenniemi u. a.) und verschiedener Ansätze innerhalb der New Approaches to International Law (NAIL). Sie geben zu einer kritischen Relativierung der Theorie Anlass, sollten aber nicht zu einer Aufgabe des Konsenses als Prinzip führen.[11] Die in manchen Lagern der „Crits“ vorgenommene Reduktion des Völkerrechts auf einen Mechanismus zur Erhaltung realer Machtstrukturen verfehlt den Charakter des Völkerrechts als „gentle civilizer of nations“[12].

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