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4. Zwangstheorie
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Überwunden ist heute die sog. Zwangstheorie des Rechts, welche die Geltung von Recht an die Existenz von Zwang gekoppelt sah und daher dem Völkerrecht mit seinen traditionell schwach ausgeprägten Durchsetzungsmechanismen den Rechtscharakter bestritt (so v. a. John Austin [1791-1859] und Max Weber [1864-1920]). Diese Zwangstheorie ist schon im nationalen Kontext wenig überzeugend: Auch Vorschriften, die keine Rechtsfolge bzw. Sanktion an die Erfüllung des Tatbestands knüpfen und damit nicht zwangsweise durchsetzbar sind (leges imperfectae), werden als verbindliche Rechtsnormen angesehen (vgl. z. B. §§ 656, 762 BGB).[13] Es besteht also kein Rechtsgrundsatz, der die Rechtsverbindlichkeit einer Norm an ihre Durchsetzbarkeit koppelt – beide sind voneinander unabhängig zu beurteilen.
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Ebenso wenig können Völkerrechtsbrüche als Beleg für die angeblich mangelnde Verbindlichkeit des Völkerrechts herangezogen werden. Zu Rechtsbrüchen kommt es auch innerhalb staatlicher Rechtsordnungen. Auch das staatliche Recht kennt für solche Fälle Formen rechtlicher Sanktionen jenseits der Erzwingung von Recht, etwa die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des rechtswidrigen Akts, Sekundäransprüche auf Wiedergutmachung oder die Gewährung von Selbsthilferechten. Diese Folgen ziehen Rechtsbrüche im Völkerrecht ebenfalls nach sich. Bereits durch die Erklärung, der Akt eines anderen Staates sei ein Rechtsbruch, stellt der protestierende Staat eine Rechtsbehauptung auf. Zudem ist es heute um die Durchsetzung des Völkerrechts nicht so schlecht bestellt (§ 6). Zu nennen sind hier insbesondere die Rolle internationaler wie nationaler Gerichte oder Sanktionen gegen Rechtsbrecher, die namentlich im Rahmen Internationaler Organisationen verhängt werden.