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Sozialer Wandel und ReformbewegungenReformbewegungen im Norden

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Das Vordringen marktwirtschaftlicherWirtschaft Strukturen bis an die FrontierFrontier und die beginnende IndustrialisierungIndustrialisierung und UrbanisierungUrbanisierung erzeugten Spannungen, die sich in den Wachstumszonen des Nordens besonders deutlich bemerkbar machten. Schrankenloser Egoismus drohte den Respekt für Ordnung und Stabilität zu zerstören, der Geist des Wettbewerbs nahm wenig Rücksicht auf die Schwachen und Außenseiter, und das Streben nach Glück und Besitz prallte mit dem republikanischen Ideal einer gerechten GesellschaftGesellschaftAntebellum zusammen. In dieser Situation erwuchsen vornehmlich aus der Mittelschicht eine Reihe von Reforminitiativen, die dem wirtschaftlichenWirtschaft und sozialen Wandel moralische Richtung zu geben versuchten.

Trotz der zyklischen Rezessionen, die vielfältige Ursachen hatten und von dem unzulänglichen amerikanischen Kreditsystem regelmäßig noch verschärft wurden, verzeichneten die USA ab 1800 ein durchschnittliches WirtschaftswachstumWirtschaft von einem Prozent pro Jahr. Hinsichtlich des Pro-Kopf-Einkommens und des allgemeinen Lebensstandards lagen die Amerikaner damit bereits 1860 vor den Bürgern der westeuropäischen Staaten. Der Zuwachs an Wohlstand kam jedoch den einzelnen Bevölkerungsgruppen – selbst wenn man IndianerNative AmericansAntebellum, Sklaven und freie Afroamerikaner unberücksichtigt lässt – keineswegs gleichmäßig zugute. Auf der einen Seite setzte sich, speziell in den Städten, die Konzentration des Reichtums fort (1860 verfügten 10 Prozent der Bevölkerung über zwei Drittel des nationalen Vermögens), während am entgegengesetzten Ende der sozialen Leiter die Zahl der besitzlosen Tagelöhner und ArbeiterArbeiter zunahm. Zwischen diesen Extremen formierte sich aber eine breite Mittelschicht aus erfolgreichen Farmern und städtischem Bürgertum, deren Wertmaßstäbe, Ideologien und Weltsicht in hohem Maße den „amerikanischen Charakter“ prägten.

Auf die Erfahrung des sozialen Wandels reagierte die Bevölkerung ambivalent: Fasziniert von den Möglichkeiten, die das Neue bot, litten viele Menschen doch unter dem Verlust der traditionellen Werte und sorgten sich um eine ungewisse Zukunft. Das traf vor allem auf die Handwerkerschaft zu, deren Status und Selbstbewusstsein durch das Aufkommen von Maschinen und FabrikarbeitArbeiter gefährdet waren. Gegen das vordringende marktwirtschaftliche System hielten Handwerker und Gesellen am beharrlichsten das Ideal des RepublikanismusRepublikanismus hoch, den Glauben, dass jeder Bürger Anspruch auf politische Mitsprache und wirtschaftlicheWirtschaft Unabhängigkeit habe und dass er entsprechend seinen individuellen Leistungen bezahlt werden müsse. Aus den Handwerkervereinigungen gingen die ersten GewerkschaftenGewerkschaften hervor, die sich 1834 zur National Trades’ UnionNational Trades’ Union zusammenschlossen. Die republikanische Ideologie verschwand also keineswegs aus dem öffentlichen Bewusstsein, sondern lieferte eine zumindest rhetorisch wirksame Waffe gegen die Kräfte der Marktwirtschaft und des Kapitalismus. Republikanisches Gedankengut erwies sich dabei als recht anpassungsfähig und wurde – von der Kritik staatlicher und privater Monopole über die Denunzierung „aristokratischer“ Politiker und Bankiers bis zur Verteidigung des Streikrechts – vielen Bedürfnissen gerecht.

Aufs Ganze gesehen überwogen Optimismus und eine teils nüchternpragmatische, teils emotional-erwartungsvolle Haltung. Als Teilnehmer am Marktgeschehen lernten die Menschen zu kalkulieren und auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein, ohne dabei – von Einzelfällen abgesehen – die Bedürfnisse der Umgebung und das Gesamtwohl völlig aus den Augen zu verlieren. Die tägliche Erfahrung der – geographischen und sozialen – Mobilität, die Pioniersituation an der Siedlungsgrenze und eine Arbeitsethik, die jedem Erfolg versprach, wenn er sich nur genügend anstrengte, sparsam wirtschaftete und einen moralisch einwandfreien Lebenswandel führte, wirkten der Ausbildung von Klassenbewusstsein entgegen. Die Amerikaner fühlten sich jedoch hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung auf Befreiung, Verbesserung und „Zivilisierung“ des Individuums und dem Verlangen nach sozialer Ordnung, Stabilität und Disziplin. Auf der einen Seite nahm das traditionelle, von Vorstellungen der Erbsünde beeinflusste Menschenbild im Zuge der religiösen Erweckungsbewegungen und durch die Vermittlung europäischen Gedankenguts positivere Züge an: Die Natur des Menschen galt nun im Prinzip als gut, und der GesellschaftGesellschaftAntebellum wurde die Aufgabe gestellt, dem Einzelnen die freie Entfaltung seiner Anlagen und Fähigkeiten zu ermöglichen. Die Erwartung des Millenniums ging allmählich über in die Hoffnung, die Menschen ließen sich schon im Diesseits „perfektionieren“. Andererseits empfanden gerade wohlsituierte Angehörige der Mittelschicht die Entstehung eines ungebildeten, „unmoralischen“ Proletariats aus IndustriearbeiternArbeiter und Neueinwanderern als beängstigend. Dem Bemühen, diese Widersprüche zu lösen, entsprangen die vielfältigen Reformbestrebungen, die zu den auffallendsten kulturellen Erscheinungen der Epoche zählen. Den religiösen Hintergrund des Reformeifers erkannte schon Alexis de TocquevilleTocqueville, Alexis de, der die USA Anfang der 1830er Jahre bereiste und in seinem Buch De la Démocratie en AmériqueDe la Démocratie en Amérique (1835) schrieb, in der Neuen Welt gehe der Geist der Religiosität mit dem Geist der Freiheit Hand in Hand, und das gesellschaftlicheGesellschaftAntebellum Gefüge der Vereinigten Staaten ruhe auf den moralischen Grundsätzen der christlichen ReligionReligion.

Die ReformbewegungReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh. hatte ihren Ursprung in dem so genannten burned-over district im westlichen New YorkNew York um die Stadt RochesterRochester, New York, wo der presbyterianischePresbyterianer Prediger Charles G. FinneyFinney, Charles G. zur Zeit des Kanalbaufiebers in den 1820er Jahren ein revival auslöste, das bald alle protestantischen Bekenntnisse erfasste. Die Wirkungen reichten weit über die religiöse Sphäre und über den Staat New York hinaus. Von Anfang an kennzeichnend war die starke Beteiligung von FrauenReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh.FrauenReformbewegungen aus der Mittelschicht. Sie ergriffen die Gelegenheit, der Passivität und Isolierung zu entrinnen, die durch die strikte Rollenverteilung in der bürgerlichen Familie gefördert wurden. Der Strom der religiös-reformerischen Aktivitäten teilte sich im Wesentlichen in zwei Richtungen auf: Einerseits war ein Hang zum Separatismus und zum Entwurf utopischer Gegenwelten zu beobachten, andererseits eine weltoffene Verbindung von Religiosität, IndividualismusIndividualismus und sozialem Engagement. Zur ersten Kategorie gehörten die ShakerShaker, deren Name von einem rituellen Tanz herrührt und die in den 1840er Jahren im NordostenNordosten und NordwestenNordwesten ca. 20 Gemeinden mit 6000 Mitgliedern bildeten. Sie führten ein eheloses, zölibatäres Leben, bekannten sich zur Gleichheit der Geschlechter und betrauten häufig FrauenFrauenReformbewegungen mit Führungsaufgaben. Stärker weltliche, teilweise schon frühsozialistischeSozialismus Züge trugen die Gemeinschaftsexperimente von New HarmonyNew Harmony, Indiana in IndianaIndiana, von Brook FarmBrook Farm, Massachusetts in MassachusettsMassachusetts und von OneidaOneida, New York im westlichen New York. New HarmonyNew Harmony, Indiana wurde 1825 von dem schottischen Industriellen und Philanthropen Robert OwenOwen, Robert als Village of Cooperation gegründet, in dem alle Mitglieder völlig gleichberechtigtReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh. zusammenleben und -arbeiten sollten. Obwohl das Projekt keine lange Lebensdauer hatte, entstanden immer wieder neue Gemeinden von OwenitesOwenites. In Brook FarmBrook Farm, Massachusetts suchte ab 1841 eine Gruppe Bostoner Bürger, darunter die Schriftsteller Ralph Waldo EmersonEmerson, Ralph Waldo und Nathaniel HawthorneHawthorne, Nathaniel, die ideale GesellschaftGesellschaftAntebellum und die Synthese von Geist und Natur zu verwirklichen. Die Oneida Perfectionists lehnten jede Form von Privatbesitz ab, stellten eigene Regeln für die sexuellen Beziehungen untereinander auf und erzogen ihre Kinder gemeinsam. Während die meisten dieser utopischen Gemeinschaften nach relativ kurzer Zeit an wirtschaftlichen oder psychologischen Schwierigkeiten scheiterten, hielt sich Oneida mit ca. 300 Personen bis in die 1880er Jahre, sorgte allerdings auch durch den Versuch, ideale Menschen zu „züchten“, für negatives Aufsehen.

Eine Mittelposition zwischen Weltflucht und WeltverbesserungReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh. nahmen die MormonenMormonen ein, die mit großen Anfangsschwierigkeiten kämpfen mussten, dafür aber umso erstaunlichere langfristige Erfolge erzielten. Joseph SmithSmith, Joseph hatte die Religionsgemeinschaft nach Bekehrungserlebnissen während der 1820er Jahre im westlichen New YorkNew York ins Leben gerufen, um die „Heiligen der letzten Tage“ zu sammeln und das „neue Jerusalem“ zu bauen. 1830 fasste er seine Offenbarungen in dem Book of MormonBook of Mormon zusammen, dessen Botschaft hauptsächlich bei einfachen Leuten Gehör fand, die wenig Anteil am Wirtschaftsboom entlang des Erie-Kanals hatten. Durch eine strikte soziale Organisation, die den Kirchenältesten uneingeschränkte Macht gab, weckten die Mormonen viel Misstrauen. Mit seiner rasch auf 30.000 Menschen wachsenden Anhängerschar zog Smith Anfang der 1840er Jahre über MissouriMissouri (Staat) und OhioOhio bis IllinoisIllinois, wo er die Stadt Nauvoo gründete. Interner Streit über die Praxis der Polygamie, die Smith nach einer neuen Erleuchtung befürwortete, und Anfeindungen von außen endeten 1844 mit der Verhaftung und Ermordung des Religionsstifters und seines Bruders. Aus diesem Ereignis zogen die Führer der Pro-Polygamie-Fraktion den Schluss, dass sie ihre religiöse Freiheit nur jenseits der Grenzen der USA wahren konnten. Smiths Nachfolger Brigham YoungYoung, Brigham führte daraufhin fast 12.000 Gläubige mehrere tausend Kilometer durch die Prärie und über Gebirgspässe nach WestenWesten. Auf spanischem Territorium, am Great Salt LakeGreat Salt Lake, ließen sie sich nieder und begannen unter einer theokratischenTheokratie Regierungsform mit dem Bau von Bewässerungssystemen und der planvollen Anlage agrarischer Gemeinden. Als in den 1850er Jahren nicht-mormonische Siedler in das von MexikoMexiko abgetretene Gebiet vordrangen und die Bundesregierung ihre Aufmerksamkeit dem neuen UtahUtah-Territorium zuwandte, leisteten die Mormonen Widerstand, der sogar gewaltsame Formen annahm. Auch nach dem Bürgerkrieg wehrten sie sich noch lange gegen die Forderung Washingtons, die Vielehe abzuschaffen. Als die transkontinentale EisenbahnEisenbahn2. Hälfte 19.Jh.EisenbahnAntebellum gebaut war und die USA wirtschaftlich immer enger zusammenwuchsen, kam aber eine radikal-separatistische Politik nicht mehr in Frage. 1896 beugte sich Utah dem Druck von Kongress und Supreme CourtSupreme Court, erklärte die Polygamie für illegal und wurde als Staat in die Union aufgenommen.

Die organisierten ReformbewegungenGesellschaftAntebellumReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh. ähnelten einander darin, dass sie gesellschaftlicheGesellschaftAntebellum Missstände auf moralische Verfehlungen zurückführten, die sich durch kollektive Buße und Umkehr überwinden ließen. Sie schöpften ihre Kraft aus dem evangelikalen ProtestantismusProtestantismus und dem Selbstbewusstsein des Bürgertums, und ihre wichtigsten Instrumente waren die Reform SocietiesReform Societies, private Vereinigungen von Gleichgesinnten, deren Allgegenwart TocquevilleTocqueville, Alexis de beeindruckte: Seiner Meinung nach fand das „Prinzip des bürgerlichen Zusammenschlusses“ nirgends so erfolgreich für die unterschiedlichsten Zwecke Verwendung wie in den USA, wo man davon ausgehe, dass sich jede Aufgabe mittels einer gemeinsamen Willensanstrengung lösen lasse. Das Bemühen der Reformer galt hauptsächlich denen, die unter den sozialen Veränderungen litten, die benachteiligt waren oder ganz von der GesellschaftGesellschaftAntebellum ausgegrenzt wurden. Ihre Aktivitäten blieben weitgehend unkoordiniert, wenngleich sie im Laufe der Zeit durchaus lernten, Einfluss auf Parlamente und Regierungen auszuüben, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Erst im Nachhinein hat man die gesamte Bewegung wegen des kompromisslosen Strebens nach moralischer Reinheit und des Vertrauens auf private Wohltätigkeit unter dem Begriff Benevolent EmpireBenevolent Empire zusammengefasst.

Im starken Alkoholkonsum glaubten viele Reformer die Quelle zu erkennen, aus der die schlimmsten Übel wie Verbrechen, Armut, Misshandlung von Frauen und Prostitution flossen. Die Initiative ergriff der presbyterianischePresbyterianer Pfarrer Lyman BeecherBeecher, Lyman aus BostonBoston, der seit Mitte der 1820er Jahre in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) die totale Abstinenz predigte. In der Folgezeit traten mehr als eine Million Menschen, die meisten von ihnen ArbeiterArbeiter, lokalen oder regionalen TemperanceTemperenzbewegung Societies bei und legten das Gelübde ab, keinen Alkohol oder zumindest keinen „hard liquor“ mehr zu trinken. Der Kampf für Prohibitionsgesetze führte aber nur in wenigen Staaten zum Erfolg, weil sich irischeEinwanderungEthnienIren und deutscheEinwanderungEthnienDeutsche EinwandererEinwanderungJahrhundertmitte (19.Jh.) vielerorts heftig gegen den Zwang zur Nüchternheit wehrten.

Ein anderer ReformschwerpunktReformbewegungen1. Hälfte 19.Jh. war seit den 1830er Jahren das öffentliche BildungswesenBildungswesen. Dessen Verbesserung sollte nicht nur der Entfaltung der Persönlichkeit und dem Fortschritt der Nation dienen, sondern schien auch besonders geeignet, sozialeGesellschaftAntebellum Spannungen abzubauen und die Eingliederung der Immigranten zu erleichtern. Die Vorreiterrolle spielte, wie stets auf diesem Gebiet, der Staat MassachusettsMassachusetts, der 1837 einen Board of Education unter dem Reformer Horace MannMann, Horace einsetzte. Mann sorgte dafür, dass neue Schulen gebaut, die LehrerausbildungBildungswesen verbessert und feste Lehrpläne aufgestellt wurden. Bis 1850 errichteten die Neuenglandstaaten ein aus Steuergeldern finanziertes System von Elementarschulen, an denen zehn Monate im Jahr unterrichtet wurde und die auch Jungen und Mädchen aus der Unterschicht offenstanden. Massachusetts führte 1852 als erster Staat die Schulpflicht ein; auch freie AfroamerikanerAfroamerikanerBildung erhielten Unterricht, allerdings zumeist in rassengetrennten Schulen. Gemessen daran blieben die BildungschancenGesellschaftAntebellum im WestenWesten auf Grund der geringen Bevölkerungsdichte und der Geldknappheit (oder wegen des mangelnden Verständnisses der Farmbevölkerung) eingeschränkt. Immerhin besuchten 1860 im Norden bereits über 70 Prozent der Kinder eine Grundschule, und die AlphabetisierungsrateBildungswesen von 94 Prozent war auf der ganzen Welt unübertroffen.

Auf die unhaltbaren Zustände in den Gefängnissen wiesen Reformer wie die Lehrerin Dorothea DixDix, Dorothea aus MassachusettsMassachusetts hin. Hinter ihren Mauern vegetierten, auf engstem Raum zusammengepfercht, Kriminelle, Geisteskranke, Obdachlose und Schuldner, die das geliehene Geld nicht zurückzahlen konnten. Die Female Moral Reform SocietyFemale Moral Reform Society (1963) machte es sich zur Aufgabe, die Schuldhaft und öffentliche Hinrichtungen abzuschaffen, Heime für die geistig und psychisch Kranken einzurichten und die Armen und unversorgten Alten in almshouses unterzubringen. Die neuen Gefängnisse glichen Manufakturbetrieben, in denen die Häftlinge durch strenge Disziplin und Zwangsarbeit auf sinnvolle Tätigkeiten in der Freiheit vorbereitet werden sollten. Armut wurde nicht mehr als gottgegeben hingenommen, sondern galt als Folge charakterlicher Mängel, die sich durch Erziehung beheben ließen. Gegen Mitte des Jahrhunderts ließ der Reformimpuls allerdings schon wieder nach, so dass überfüllte Gefängnisse und Heime die Regel blieben.

Das religiös-reformerische Ferment, das die Kultur des Nordens in Bewegung hielt, fand in der südstaatlichen SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) einen weiteren wichtigen Angriffspunkt. Beflügelt durch das Verbot der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) im britischenGroßbritannien Empire 1833 und in Opposition zu den Siedlungsplänen der American Colonization SocietyAmerican Colonization Society, die nur einer kleinen Zahl freier Schwarzer zugutekamen, entstand in den 1830er Jahren eine Antisklavereibewegung unter radikalem Vorzeichen. Hauptinitiator war William Lloyd GarrisonGarrison, William Lloyd aus MassachusettsMassachusetts, ein Journalist, der in seiner Bostoner Wochenzeitung LiberatorLiberator gegen graduelle Reformen und für die sofortige und vollständige EmanzipationAfroamerikanerEmanzipation der Sklaven eintrat. Aus einem Konvent in PhiladelphiaPhiladelphia ging 1833 die American Anti-Slavery SocietyAmerican Anti-Slavery Society hervor, die fünf Jahre später schon 1350 lokale Gesellschaften mit 250.000 Mitgliedern zählte. Die Bewegung sprach auch die fast 400.000 freien Afroamerikaner an, die in Frederick DouglassDouglass, Frederick, einem aus MarylandMaryland nach BostonBoston geflohenen ehemaligen Sklaven, ihren Sprecher fanden. Die Zeitung North StarNorth Star, die DouglassDouglass, Frederick seit seiner Übersiedlung in den Staat New YorkNew York in RochesterRochester, New York herausgab, propagierte nicht nur die Befreiung der Sklaven, sondern ihre rechtliche und soziale Gleichstellung mit den Weißen. Die „Abolitionisten“Abolitionisten, wie sich die Sklavereigegner nannten, waren allerdings nicht nur bei den Weißen des Südens verhasst, sondern erschienen auch vielen Nordstaatlern als FanatikerGesellschaftAntebellum, die den inneren Frieden der Nation bedrohten. Attacken weißer Mobs auf abolitionistischeAbolitionisten Redner und Drucker steigerten jedoch nur die Entschlossenheit und Kreuzzugsmentalität ihrer Anhänger. In den 1840er Jahren fächerte sich die Bewegung weiter auf: Während gemäßigte Kräfte ihre Aktivitäten zunehmend in Parteien und Parlamente verlegten, organisierten entschiedenere AbolitionistenAbolitionisten ein System von Fluchtwegen (underground railroad) für Sklaven in den Norden bis nach KanadaKanadaUS Sklaverei, und einige schwarze und weiße Extremisten befürworteten sogar gewaltsame Lösungen. GarrisonGarrison, William Lloyd selbst lehnte die Anstachelung zu Sklavenaufständen ab, wandte sich dafür aber gegen die VerfassungVerfassung, die er wegen der Sklavereiartikel für hoffnungslos kompromittiert hielt, und erhob die radikale Forderung, man solle notfalls die Sklavenstaaten aus der Union ausschließen. Im Kongress fand die abolitionistischeAbolitionisten Agitation wenig Widerhall, weil die Südstaatler 1836 durch die so genannte gag ruleGag Rule (1836) erreicht hatten, dass Anti-SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner)-Petitionen routinemäßig ohne Diskussion zu den Akten gelegt werden mussten. Umso gewaltiger war das öffentliche Echo, das Harriet Beecher StoweBeecher Stowe, Harriet, die Tochter Lyman BeechersBeecher, Lyman und Ehefrau eines Pfarrers in MaineMaine, Anfang der 1850er Jahre mit ihrem Roman Uncle Tom’s CabinUncle Tom’s Cabin erzielte. Der Bestseller-Erfolg dieses Werkes, das die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) auf einfühlsame, teils sentimentale Weise als unmoralische, Individuen, Familien und das Gemeinwesen zerstörende Einrichtung attackierte, zeigte an, dass der Anti-SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner)-Protest in ein neues Stadium getreten war.

Im Zusammenhang mit dem AbolitionismusAbolitionisten formierte sich schließlich auch die erste amerikanische FrauenbewegungGesellschaftAntebellumFrauenFrauenbewegung. FrauenAbolitionistenFrauen waren in den abolitionistischen Organisationen stark vertreten und unterhielten sogar eigene lokale Gruppen. An der Frage, ob sie Führungspositionen auf nationaler Ebene übernehmen sollten, schieden sich jedoch die Geister: GarrisonGarrison, William Lloyd, der eng mit den Schwestern SarahGrimké, Sarah und Angelina GrimkéGrimké, Angelina zusammenarbeitete, bejahte sie; aber eine gegnerische Fraktion – die auch an Garrisons Eigensinnigkeit und seiner kritischen Sicht der VerfassungVerfassung als eines „covenant with death“ Anstoß nahm, lehnte sie strikt ab und verließ die American Anti-Slavery SocietyAmerican Anti-Slavery Society. Schmerzlich empfanden engagierte FrauenFrauen auch die Zurücksetzung, die weiblichen Delegierten aus den USA 1840 auf dem internationalen Anti-SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner)-Kongress in LondonLondon von den Organisatoren zuteilwurde. Die reformerischen FrauenFrauenFrauenbewegung wehrten sich außerdem gegen den aufkommenden bürgerlichen „Kult der Häuslichkeit“ (cult of domesticityCult of Domesticity), der immer höhere Barrieren zwischen der Sphäre des Familienlebens und der (männlichen) Arbeitswelt errichtete. 1848 beriefen Lucretia MottMott, Lucretia, eine QuäkerinQuäker aus PhiladelphiaPhiladelphia, und Elizabeth Cady StantonStanton, Elizabeth Cady, die Tochter eines New Yorker Richters, die sich in London begegnet waren, einen Frauenrechts-Konvent nach Seneca FallsSeneca Falls im Norden New Yorks ein. An dem Treffen nahmen auch einige männliche AbolitionistenAbolitionisten wie Frederick DouglassDouglass, Frederick teil. Der Konvent verabschiedete eine von der Ideologie des RepublikanismusRepublikanismus durchdrungene Declaration of SentimentsDeclaration of Sentiments, die mit Bezug auf die UnabhängigkeitserklärungUnabhängigkeitserklärung feststellte, dass „alle Männer und Frauen gleich geboren sind“. Die FrauenbewegungFrauenFrauenbewegungAbolitionistenFrauen proklamierte bereits das WahlrechtFrauenWahlrechtWahlrechtFrauen als „Grundstein des Unternehmens“, aber in der Praxis gaben sich die Reformerinnen vorerst mit bescheidenen Verbesserungen im BildungswesenBildungswesen und beim Eigentumsrecht verheirateter Frauen zufrieden. Als sich die sektionale KriseSektionale Konflikte in den 1850er Jahren verschärfte, ordneten sie ihre eigenen Wünsche vorerst dem großen Ziel der Beseitigung der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) unter. Dennoch galten die USA aus europäischer Sicht schon vor dem Bürgerkrieg als das „Land des Matriarchats“, in dem die Männer angeblich ihre Ehefrauen verwöhnten und im Schaukelstuhl wiegten. Dieses Stereotyp traf nur insofern zu, als Frauen in den Vereinigten Staaten wohl auf Grund des Männerüberschusses seit der Kolonialzeit einen höheren gesellschaftlichen Status genossen als in der „Alten Welt“. Das brachte auch günstigere BildungsmöglichkeitenBildungswesen für Mädchen und ein relativ freiheitliches, affektives Eltern-Kind-VerhältnisGesellschaftAntebellum mit sich, das zu den kennzeichnenden Merkmalen der amerikanischen Familienstruktur gerechnet wird.

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