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3 Die Wiedereingliederung des Südens und die Rechte der befreiten Afroamerikaner Die „präsidentielle Rekonstruktion“, 1865–1867

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Wie jede gewaltsame Konfliktlösung warf der BürgerkriegBürgerkrieg kaum weniger neue Fragen auf, als er gelöst hatte. Vordringlich waren natürlich die Reintegration der SezessionsstaatenSezession (s.a. Bürgerkrieg) und eine Klärung des Rechtsstatus der ehemaligen Sklaven. Hieraus entwickelte sich ein Machtkampf zwischen dem Präsidenten und dem Kongress und darüber hinaus eine neue Kraftprobe zwischen Norden und SüdenSüden, die beide letzten Endes auf dem Rücken der schwarzen Bevölkerung ausgetragen wurden. Inhaltlich ging es dabei im Wesentlichen um drei Punkte: um das Verhältnis von bundesstaatlicher und einzelstaatlicher Autorität, die Definition der amerikanischen Staatsbürgerschaft, und die praktische Bedeutung von Gleichheit und Freiheit für die Afroamerikaner.

Über den besten Weg zur Wiederherstellung der Union hatte es bereits zwischen LincolnLincoln, Abraham und dem Kongress Meinungsverschiedenheiten gegeben. LincolnLincoln, Abraham neigte einer moderaten „Restauration“ zu, die sich – wie das in den von Unionstruppen besetzten Staaten LouisianaLouisiana, ArkansasArkansas und TennesseeTennessee geschah – auf die politische Ausschaltung der führenden SezessionistenSezession (s.a. Bürgerkrieg), eine Regierungsübernahme durch loyale Politiker und die Einfügung des Sklavereiverbots in die Staatenverfassungen beschränkte. Er ging davon aus, dass die Südstaaten juristisch immer der Union angehört hatten und die „Restauration“ deshalb so weit wie möglich von den Staaten selbst im Zusammenwirken mit dem Präsidenten als Oberbefehlshaber der Streitkräfte vorgenommen werden sollte. Ein anderes Motiv war sicherlich die realistische Annahme, dass die weißen Südstaatler gegen eine Umwälzung der Besitzverhältnisse und eine völlige Gleichstellung der Schwarzen erbitterten Widerstand leisten würden. LincolnLincoln, Abraham schlug deshalb vor, dass die Reorganisation einer Staatenregierung beginnen konnte, sobald 10 Prozent der Wähler von 1860 einen Loyalitätseid auf die Union geleistet hatten. Im Kongress wuchs jedoch der Einfluss radikaler Abgeordneter und Senatoren, die LincolnsLincoln, Abraham Verfassungsinterpretation widersprachen – ihrer Meinung nach standen die SezessionsstaatenSezession (s.a. Bürgerkrieg) außerhalb der Union und konnten nur per Bundesgesetz wieder eingegliedert werden – und die gleichzeitig auf eine wirtschaftliche und soziale Besserstellung der befreiten Sklaven drängten. Ihr Programm war in der Wade-Davis BillWade-Davis Bill (1864) vom Juli 1864 enthalten, die Loyalitätsbekundungen einer Mehrheit der weißen Männer zur Voraussetzung der Reintegration erklärte und alle Südstaatler von den Wahlen zu verfassunggebenden Versammlungen ausschloss, die gegen die Union gekämpft hatten. Vor seinem Tode war LincolnLincoln, Abraham um einen Ausgleich mit dem Kongress bemüht gewesen, aber ob er zustande gekommen wäre, lässt sich schwer sagen. Immerhin machte der Präsident Zugeständnisse in der Frage des WahlrechtsAfroamerikanerWahlrechtWahlrechtAfroamerikaner für Schwarze, das er zunächst auf ehemalige Unionssoldaten und gebildete Afroamerikaner beschränkt wissen wollte.

Obwohl Andrew JohnsonJohnson, Andrew im Ruf eines erbitterten Gegners der Südstaaten-Aristokratie stand, behielt er als Präsident LincolnsLincoln, Abraham ursprünglichen Kurs nicht nur bei, sondern milderte ihn zur allgemeinen Überraschung sogar noch ab. Er verlangte lediglich, dass die abtrünnigen Staaten ihren SezessionsbeschlussSezession (s.a. Bürgerkrieg) rückgängig machten und das 13. Amendment ratifizierten, das die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) verbot. Eine großzügige Amnestieregelung, die JohnsonJohnson, Andrew noch durch zahlreiche persönliche Begnadigungen hoher Amtsträger der Konföderation ausdehnte, erlaubte den meisten weißen Südstaatlern wieder die politische Betätigung. Johnson genoss offenkundig die Macht, die ihm sein verfassungsmäßiges Begnadigungsrecht (pardon power) über die Pflanzerelite gab, und er hoffte wohl, sich auf diese Weise eine politische Basis im SüdenSüden schaffen zu können. Er näherte sich immer mehr den DemokratenDemokratische ParteiRekonstruktion an, die er mit konservativen Republikanern zu einer neuen Partei, der „National Union“, vereinigen wollte.

Bis Ende 1865 hatten sämtliche Südstaaten die vom Präsidenten gestellten Bedingungen erfüllt und reklamierten die gleichberechtigte Teilnahme am politischen Leben der Union. Andererseits zeigten jedoch die Berichte aus dem SüdenSüden immer deutlicher, dass die Plantagenbesitzer im Einvernehmen mit den Parlamenten und Regierungen ihrer Staaten alle Selbstbestimmungsregungen von ehemaligen Sklaven brutal unterdrückten. Die SchwarzenAfroamerikanerRekonstruktion, die auf eigenes Farmland gehofft hatten, mussten vielfach schlecht bezahlte Kolonnenarbeit (gang labor) auf den alten Plantagen leisten und wurden durch gesetzliche Vorschriften (Black Codes) auf einen sklavenähnlichen Status herabgedrückt. Ausschreitungen weißer Mobs und gezielte GewalttatenLynchjustiz (lynchings) sollten nicht nur die afroamerikanische Bevölkerung einschüchtern, sondern auch die weißen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freedmen’s BureauFreedmen’s Bureau entmutigen, das der Kongress damit beauftragt hatte, den Übergang der schwarzen Bevölkerung von der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) zur Freiheit durch praktische Hilfe, Ausbildung und Rechtsschutz zu erleichtern. Der offizielle Name dieser Behörde – Bureau of Refugees, Freedmen, and Abandoned Lands – zeigte an, dass der Kongress zumindest in bescheidenem Ausmaß auch an die Verteilung von Land an ehemalige Sklaven gedacht hatte. Die Südstaatler setzten aber alle Hebel in Bewegung, um solche aus ihrer Sicht revolutionären Maßnahmen zu verhindern.

Als der Kongress im Dezember 1865 wieder zusammentrat, veranlassten diese alarmierenden Nachrichten die republikanische Mehrheit dazu, den gewählten Abgeordneten und Senatoren aus dem SüdenSüden ihre Sitze zu verweigern. Stattdessen richteten die RepublikanerRepublikanische ParteiRekonstruktion ein Joint Committee on Reconstruction ein, das zusammen mit dem Präsidenten ein neues Programm ausarbeiten sollte. Eine solche Kooperation scheiterte 1866 jedoch in erster Linie am Verhalten JohnsonsJohnson, Andrew, der selbst moderate Maßnahmen des Kongresses wie eine Verlängerung der Existenz des Freedmen’s BureauFreedmen’s Bureau oder die Definition der Bürgerrechte von befreiten Sklaven (die noch nicht das WahlrechtAfroamerikanerWahlrechtWahlrechtAfroamerikaner einschloss) harsch kritisierte und mit seinem Veto belegte. Das kostete ihn allerdings den letzten Rückhalt bei den gemäßigten Republikanern, die nun zusammen mit den Radikalen um Thaddeus StevensStevens, Thaddeus und Charles SumnerSumner, Charles die Vetos überstimmten. Gemeinsam legten Gemäßigte und Radikale im April 1866 den Entwurf eines 14. Amendments vor, das in der Frage der Bürgerrechte über die bisherige Position hinausging. Danach waren alle in den USA geborenen oder naturalisierten Personen Bürger der USA und ihres jeweiligen Staates; kein Staat durfte die Bürgerrechte der Vereinigten Staaten einschränken oder einem Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren (due process of law) Leben, Freiheit oder Besitz nehmen; ebenso wenig durfte er ihm die Rechtsgleichheit und den Rechtsschutz (equal protection of the law) verwehren. Falls ein Staat das Wahlrecht seiner Bürger einschränkte, sollte seine Repräsentation im Kongress entsprechend verringert werden. Abgerundet wurden diese – bewusst recht vage gehaltenen – Bestimmungen durch eine Klausel, die besagte, dass ehemalige Führungspersönlichkeiten und Mandatsträger der Konföderation solange kein politisches Amt ausüben durften, bis der Kongress sie mit Zweidrittelmehrheit amnestierte.

Ermutigt von Präsident JohnsonJohnson, Andrew, der nun vollends auf einen schroffen Konfrontationskurs ging, lehnten die Staatenparlamente des Südens (nur der border state TennesseeTennessee bildete eine Ausnahme) die Ratifizierung des Amendments ab, womit es vorerst gescheitert war. Bei den Zwischenwahlen von 1866 erntete Johnson jedoch nicht den erhofften Beifall der Öffentlichkeit; ganz im Gegenteil bauten die RepublikanerRepublikanische ParteiRekonstruktion ihre Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses so weit aus, dass sie ohne Mühe jedes Veto des Präsidenten überstimmen konnten. Damit waren die Weichen gestellt für eine neue, härtere Rekonstruktionspolitik, zugleich aber auch für einen Verfassungskonflikt zwischen Exekutive und Legislative, der an Intensität noch den „BankkriegBankkrieg“ der 1830er Jahre hinter sich lassen sollte.

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