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Der aride WestenWesten und die Ausbeutung der natürlichen RessourcenWirtschaft

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Mehr als irgendein anderer Umweltfaktor war es die große Trockenheit, die den amerikanischen WestenWesten definierte. In seinem Werk The Great Plains hatte der Historiker Walter Prescott WebbWebb, Walter Prescott bereits 1931 klassisch formuliert, dass die amerikanische Gesellschaft westlich des MississippiMississippi (Fluss) nur „auf einem Bein“ stehe. An der Ostküste gab es Land, Wasser und Holz, im Westen wurden der Zivilisation „zwei Beine abgenommen – Wasser und Holz“. Der im Dienste der US-Regierung stehende Ethnograph John Wesley PowellPowell, John Wesley hatte bereits 1878 anlässlich einer Exkursion in den Westen prophezeit, dass zwei Fünftel der Fläche der Vereinigten Staaten nur zu 3 Prozent regulär, das heißt ohne Bewässerung, bewirtschaftbar seien. PowellsPowell, John Wesley Einsicht widersprach jenem amerikanischen Optimismus, der in der erfolgreichen Besiedelung des Ostens eine modellhafte, über den ganzen Kontinent hinweg fortschreibbare Entwicklung sah.

Entgegen den von HollywoodHollywood vorgeführten Mythen von der Tapferkeit der CowboysCowboy waren es meist nicht feindliche Indianerstämme, sondern klimatische Bedingungen und mangelnde Erfahrung, die sich in den ersten Jahrzehnten der Viehwirtschaft fatal für Menschen und Tiere auswirkten. Neuere Studien zur Umweltgeschichte zeigen, dass es in öden und kargen Territorien, wie Hochgebirgen oder Hochebenen, strikter Gesetze oder Konventionen zur Schonung der Ressourcen bedarf. Im Gegensatz zu den Prärieindianern, die ein nomadisches Dasein führten, verfügten die aus Europa oder dem amerikanischen Osten eingewanderten Siedler nicht über die nötige Kenntnis der ökologischen Gesetze. Hunderttausende verhungerter oder erfrorener Rinder wurden zum Opfer dieser Unkenntnis.

Tragisch verlief auch die Geschichte des nordamerikanischen Bisons. Für die Native AmericansNative AmericansAntebellum waren die zotteligen Tiere Nahrung, Kleidung und Obdach. Die Zerstörung der natürlichen Lebenswelt, die Einschleppung von Krankheiten wie Tuberkulose und mehrere Jahre großer Dürre hatten bereits um 1850 zu einer Dezimierung der BüffelherdenBüffelherden geführt, die im Wettbewerb um Wasserstellen gegenüber den Mustangs meist den Kürzeren zogen. Aber zur systematischen Ausrottung des Bisons kam es erst, als an der Ostküste zunächst die Nachfrage nach Büffelmänteln und Pemmikan (einem mit Fett und Beeren versetzten Dörrfleisch) rapide zunahm und wenig später eine neue Gerbmethode die Verwendung des billigen Büffelleders für Gurte und Treibriemen ermöglichte. Mit dem industriellen Verwendungszweck und dem Markt im Osten war das Büffelschießen rund ums Jahr ein Profitunternehmen, und mit der Ankunft der Eisenbahn im WestenWesten wurde das Schicksal der Bisonherden – man schätzt ihren ursprünglichen Bestand auf 30 Millionen Tiere – vollends besiegelt. Von den Waggons schossen „Sportjäger“ wild und sinnlos auf die Bisons los (übrigens hatte auch William F. „Buffalo Bill“ CodyCody, William F. „Buffalo Bill“ seine spektakuläre Karriere als Büffeljäger der KansasKansas Pacific Railroad Company begonnen). Die Eisenbahner ernährten sich von Bisonfleisch, während sie die in Salz eingelegten Zungen der Tiere – eine kulinarische Modespezialität der 1860er und 70er Jahre – en masse in die Großstädte der USA verfrachteten. Allein in TexasTexas, ColoradoColorado und Kansas wurden zwischen 1872 und 1874 knapp viereinhalb Millionen Bisons von weißen Jägern und über eine Million von Indianern erlegt.

Im WestenWesten, wo zwischen 1864 (NevadaNevada) und 1896 (UtahUtah) zehn neue Staaten entstanden, beschleunigte der Eisenbahnbau die Nutzung und Ausbeutung der Bodenschätze. Auf die Schatzsucher und Prospektoren der Vorkriegszeit folgten die BergbaugesellschaftenWirtschaft, die über das nötige Kapital verfügten und Ingenieure, ArbeiterArbeiter und Maschinen gezielt einsetzen konnten. Am begehrtesten waren neben Gold und Silber nun Kupfer, Zinn und Zink, die in großen Mengen im Gebiet der Rocky MountainsRocky Mountains gefunden wurden. An dieser Mining FrontierFrontier bildete sich eine eigene Gesellschaft heraus, in deren Mittelpunkt die boom town stand, die oft innerhalb weniger Wochen von einem Dutzend auf mehrere tausend Einwohner anwuchs, fast ebenso oft aber einige Jahre später als verlassene Geisterstadt zurückblieb. Ein Beispiel ist Virginia CityVirginia City, Nevada im Gold- und Silberbergbaugebiet von Nevada, das 1873 über ein sechsstöckiges Hotel, ein Opernhaus, vier Banken und 131 Saloons verfügte, dessen Einwohnerzahl von 20.000 aber bis 1900 wieder auf 4000 gesunken war. In solche Orte zog es Charaktere wie Wyatt EarpEarp, Wyatt, Doc HollidayHolliday, Doc, James B. „Wild Bill“ HickockHickock, James B. „Wild Bill“, „Calamity Jane“ (Martha Jane Cannary)Calamity Jane (Martha Jane Cannary) und „Little Annie“ OakleyOakley, „Little Annie“, die schon zu Lebzeiten western folk heroes wurden. Das gewöhnliche FrauenschicksalFrauenWesten im Westen – einer zunächst vorwiegend von Männern bevölkerten Region – entsprach aber weder dem Bild der Goldsucherin und Revolverheldin in Männerkleidung noch demjenigen der Saloontänzerin oder Prostituierten. Alle diese Typen waren zwar anzutreffen, doch die meisten FrauenFrauenWesten begleiteten ihre Männer und Brüder und arbeiteten im Haushalt oder in Restaurants und Wäschereien. Mehr als die Männer kümmerten sie sich auch um das Gemeinschaftsleben, und nicht selten starteten sie Kampagnen gegen den Alkohol, die Gewalttätigkeit und andere Laster an der Frontier. Die Atmosphäre von Gewalt und Gesetzlosigkeit, die in der Anfangsphase der Besiedlung häufig herrschte, machte in den meisten Fällen schon recht bald strengeren Maßstäben Platz, denen Bürgerkomitees oder starke Einzelpersönlichkeiten Geltung verschafften.

Kaum weniger wichtig als die Bodenschätze war das Holz, das zu Baumaterial, Eisenbahnschwellen, Möbeln, Papier etc. verarbeitet wurde und darüber hinaus noch zur Heizung diente. Die Lumber Companies im pazifischen NordwestenNordwesten nutzten den Timber and Stone ActTimber and Stone Act (1878) von 1878 aus, indem sie durch Strohmänner große Waldgebiete aufkaufen ließen, die der Kongress eigentlich in 160-acres-Stücken an Siedler hatte abgeben wollen. Auf diese Weise machten sie aus dem Holzgeschäft eine lukrative Industrie, die ganze Landstriche kahlschlug. In den 1870er Jahren meldete ein preservation movement Bedenken gegen die rücksichtslose Ausbeutung der Natur durch Holz- und Bergbaugesellschaften an und forderte zum besseren Schutz des öffentlichen Landes auf. Den ersten wichtigen Erfolg konnte diese Bewegung 1872 verzeichnen, als der Kongress den 9000 Quadratkilometer großen Yellowstone National ParkYellowstone National Park im Gebiet von WyomingWyoming, MontanaMontana und IdahoIdaho einrichtete.

Der steigende Fleischbedarf in den Städten und das dichtere Eisenbahnnetz bewirkten einen Aufschwung der ViehzuchtLandwirtschaft2. Hälfte 19.Jh., für die sich die weiten Gebiete des Westens und SüdwestensSüdwesten besonders gut eigneten. Zu den charakteristischen Ereignissen der Nachkriegszeit gehörten die von CowboysCowboy begleiteten Züge der Rinderherden auf den cattle trails von TexasTexas nach Bahnknotenpunkten wie AbileneAbilene, Kansas und Dodge CityDodge City in KansasKansas, wo die Transportzüge zu den Schlachthöfen von St. LouisSt. Louis, Missouri und ChicagoChicago starteten. Die Viehhöfe von Chicago verwerteten Anfang der 1880er Jahre bereits über siebeneinhalb Millionen Rinder und Schweine. Chicago wurde, wie es der Umwelthistoriker William CrononCronon, William nicht ohne ironische Untertöne formulierte, zur „Metropole der Natur“. Die Abhängigkeit zwischen Natur und Großstadt, Landbearbeitung und Fleischverarbeitung gewann im Kalkül der Fleischproduzenten eine völlig neue Dimension. Die „meatpacking industry“ – in den 1930er Jahren wurde sie zum größten IndustriezweigWirtschaft der USA – verband Chicago sowohl aufs Engste mit den Maisfarmern westlich der AllegheniesAlleghenies wie mit den Ranchern des Mittleren WestensMittlerer Westen. Erstere produzierten Futter für die Schweine; letztere züchteten Rinder. Die Praxis der Rinderzüchter, ihre Tiere auf der offenen Prärie grasen zu lassen, beschwor jedoch Konflikte mit den vordringenden Farmern herauf. Als der Kongress den Ranchern Mitte der 1880er Jahre verbot, öffentliches Land einzuzäunen, kauften einige wenige Großunternehmer die verbliebenen Weidegebiete auf und brachten das ViehgeschäftLandwirtschaft2. Hälfte 19.Jh. unter ihre Kontrolle. Durch die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden bei der Züchtung und Fütterung verwandelten sie das romantisch wirkende ranching in eine rationelle Rinder-Industrie.

Mit der Westwanderung der Farmer, die durch den Eisenbahnbau und die billige Landvergabe gefördert wurde, löste die LandwirtschaftLandwirtschaft2. Hälfte 19.Jh. die Viehzucht als wichtigsten Agrarzweig ab. Manche Hoffnung fiel dem rauen und trockenen Klima zum Opfer, aber die beginnende Landflucht wurde zunächst noch durch den Zuzug neuer Siedler ausgeglichen. Auf der Grundlage des Morrill Land Grant ActMorrill Land Grant Act (1862) von 1862 entstanden überall im WestenWesten Colleges und UniversitätenUniversitäten, die sich speziell der agrarischen Forschung widmeten und neue Anbaumethoden und Produkte erprobten und einführten. Gleichzeitig verstärkte die rasch voranschreitende Mechanisierung auch in der LandwirtschaftLandwirtschaft2. Hälfte 19.Jh. die Tendenz zu leistungsfähigen Großunternehmen. In den 1870er Jahren operierten auf den riesigen Weizenfeldern der so genannten „Bonanza-Farmen“ bereits Vorläufer der modernen Mähdrescher, die von bis zu dreißig Pferden gezogen wurden. Mit der Kommerzialisierung der Landwirtschaft stieg allerdings der Grad der Abhängigkeit der Farmer von den Märkten an der Ostküste und in Europa. Ein Überangebot von Agrarprodukten ließ die Preise rasch absinken, Depressionen im industriellen Sektor verminderten ohne Vorwarnung die Nachfrage, und Naturkatastrophen wie Dürreperioden, Insektenplagen und Wirbelstürme bildeten eine ständige Existenzbedrohung. Aufs Ganze gesehen war jedoch ein starker Anstieg der amerikanischen AgrarproduktionLandwirtschaft2. Hälfte 19.Jh. zu verzeichnen, was dem Lebensstandard breiter Bevölkerungsschichten in den Städten zugutekam. Im Unterschied zu Europa, woher die meisten Einwanderer stammten, konnten sich nun sogar Arbeiterfamilien an ganz gewöhnlichen Wochentagen Fleisch als Nahrungsmittel leisten.

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