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Die Verdrängung der IndianerNative AmericansGilded Age

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Der Eisenbahnbau und die Entstehung von Millionen neuer Farmen in den Gebieten westlich des MississippiMississippi (Fluss) bedeuteten das Ende für die noch existierenden eigenständigen Indianerkulturen. Farmer, Ingenieure und Bauarbeiter betrachteten die Ureinwohner als Teil der – ebenso grandiosen wie gefährlichen – Natur des Westens, die es zu zähmen und zu überwinden galt. In WashingtonWashington, D.C. war man hauptsächlich an der Sicherung der Verkehrsverbindungen und am Schutz der Siedler interessiert und gedachte das „Indianerproblem“ durch die Einrichtung neuer ReservateNative AmericansReservate zu lösen.

Ähnlich wie die SeminolenSeminolen in den 1830er Jahren in FloridaFlorida wichen die IndianerNative AmericansGilded Age auf den Great Plains der weißen Übermacht nicht kampflos, sondern leisteten teilweise erbitterten Widerstand. Sporadische Auseinandersetzungen während des BürgerkriegsBürgerkriegNative Americans, bei dem sich die meisten Indianer neutral verhalten hatten, gingen ab 1865 in blutige Kämpfe und regelrechte Kriege über, die 25 Jahre lang andauerten. In diesem Vierteljahrhundert wurde das Bild des Indianers geprägt, wie es uns heute noch in Wildwestfilmen und Abenteuerbüchern begegnet. Das lag sicher daran, dass der Lebensstil der Prärieindianer für die Weißen trotz seiner Bedrohlichkeit etwas Romantisches an sich hatte: Ihre Reit- und Jagdkünste in der Weite der Great Plains, ihre spitzen Zelte (tepees), ihre Trommeln und Tänze, ihr Federschmuck und ihre farbenfrohe Kleidung symbolisierten bald den Native American schlechthin.

Agenten der Bundesregierung hatten Vertreter von ca. 150.000 IndianernNative AmericansReservate 1868 in Fort Laramie mit Geschenken und der Zusage jährlicher Zahlungen zum Rückzug in zwei große Reservate bewegen können, die auf dem Dakota-TerritoriumDakota-Territorium für die nördlichen SiouxSioux-Stämme und in Oklahoma für die südlichen Prärieindianer eingerichtet werden sollten. Hinzu kamen verstreute kleinere Schutzgebiete für die ApacheApachen, NavahoNavaho und Ute im SüdwestenSüdwesten sowie für Bergindianer in den Rocky MountainsRocky Mountains und KalifornienKalifornien. Diese Vereinbarungen scheiterten jedoch daran, dass einerseits Siedler und Goldsucher die Grenzen der ReservateNative AmericansReservate missachteten, andererseits einzelne Indianerstämme immer wieder in ihre alten Jagdgebiete zurückzukehren versuchten. Die Folge waren ständige bewaffnete Zusammenstöße mit den Truppen der US-Armee, aus denen der Konflikt um die Black HillsBlack Hills, South Dakota (im heutigen South DakotaSouth Dakota) herausragt. Als dort Anfang der 1870er Jahre Gold gefunden wurde, bemühte sich die Bundesregierung zunächst erfolglos, dieses von den Sioux als Heiligtum verehrte Gebiet zu kaufen. Dann öffnete sie es einseitig für Prospektoren und Siedler und schickte 1876 Militär zu deren Schutz. Im Gegenzug verbündeten sich die Sioux mit den nördlichen CheyenneCheyenne-Stämmen und lieferten den Bundestruppen unter der Führung der Häuptlinge Sitting BullSitting Bull und Crazy HorseCrazy Horse mehrere heftige Gefechte. Ihren größten, aber auch letzten Sieg feierten sie am 25. Juni 1876 in der Schlacht am Little Bighorn River, bei der die 250 Mann starke Kavallerieeinheit des ebenso ehrgeizigen wie unbesonnenen Colonel George A. CusterCuster, George A. vollständig vernichtet wurde.

Auf längere Sicht hatten die IndianerNative AmericansKriege jedoch keine Chance gegen die regulären Truppen, die zwar nicht sehr zahlreich, dafür aber überlegen bewaffnet waren und ihre Bewegungen mit Hilfe der neuen Nachrichten- und Verkehrsverbindungen koordinieren konnten. Präsident GrantGrant, Ulysses S. ließ seinen Generälen William T. ShermanSherman, William T. und Philip H. SheridanSheridan, Philip H. freie Hand, die im BürgerkriegBürgerkrieg erfolgreich erprobte Strategie der „verbrannten Erde“ gegen die Indianerstämme anzuwenden. Sie zielte darauf ab, durch systematische Zerstörung indianischer Siedlungen, die speziell im Winter ein leichtes Ziel boten, und durch die Dezimierung der BüffelherdenBüffelherden den Kriegern jegliche materielle Grundlage und Motivation für die Fortsetzung ihres Widerstands zu nehmen. Stets fanden sich allerdings auch Indianer, die dem Militär als Pfadfinder (Scouts) oder einfache Soldaten Hilfsdienste leisteten. Dagegen durften die indianischen Häuptlinge und ihre Gefolgschaft nicht auf Sympathie in der weißen Bevölkerung hoffen. Vielmehr überschlug sich die Massenpresse des Ostens geradezu mit Forderungen nach einer rücksichtslosen Unterdrückung der „Rebellion“. Crazy HorseCrazy Horse kapitulierte 1877 und wurde noch im selben Jahr – angeblich bei einem Fluchtversuch – erstochen; Sitting BullSitting Bull wich zunächst nach KanadaKanadaNative Americans (Ende 19.Jh.) aus, stellte sich aber 1881 den amerikanischen Behörden und trat später noch in Buffalo BillsCody, William F. „Buffalo Bill“ Wildwest-Shows auf. Die überlebenden SiouxSioux wurden in Reservate umgesiedelt, die CheyenneCheyenne sogar nach Oklahoma deportiert. 150 von ihnen machten sich 1878 auf den Heimweg, fielen unterwegs aber einem Massaker zum Opfer. Einer Odyssee glich das Schicksal der Nez PercésNez Percés, die in OregonOregon lebten. Sie versuchten, der Einweisung in ein Reservat durch einen mehrere hundert Kilometer langen Marsch über IdahoIdaho und MontanaMontana in Richtung kanadische Grenze zu entgehen. Die Armee nahm sie 1877 kurz vor dem Ziel gefangen und transportierte sie nach Oklahoma. Einige Jahre später durften sie dann jedoch auf Reservate im NordwestenNordwesten zurückkehren.

Etwa zur gleichen Zeit brach die Armee auch den Widerstand der Indianer in der südlichen Prärie und im SüdwestenSüdwesten. General Sheridan besiegte die KiowasKiowas, ComanchenComanchen und CheyenneCheyenne 1874/75 im Red River WarRed River War (1874/75) im nördlichen TexasTexas; die 74 „Anstifter“ dieses „Aufstandes“ wurden in Reservate nach FloridaFlorida deportiert. Im Südwesten zogen sich die Kämpfe gegen Navahos und ApachenApachen bis 1886 hin, als mit GeronimoGeronimo der letzte Apachen-Häuptling im Grenzgebiet zu Mexiko aufgab. Nach Gefängnisaufenthalten in Florida und AlabamaAlabama starb er schließlich 1909 in einem Fort in Oklahoma. Das traurige Ende dieser Epoche von IndianerkriegenNative AmericansKriege markierten 1890 die Ereignisse am Wounded Knee CreekWounded Knee Creek in South DakotaSouth Dakota. Sie nahmen ihren Ausgang von einer religiösen Erweckungsbewegung unter den Indianern des Westens und SüdwestensSüdwesten, deren Prophezeiungen und Rituale – speziell der „Geistertanz“ – die Siedler und selbst die Bundesregierung stark beunruhigten. Als die SiouxSioux im Winter 1890 zu einem großen Treffen der Stämme einluden, an dem auch Sitting BullSitting Bull teilnehmen sollte, verhaftete ein Armeekommando den Häuptling in North DakotaNorth Dakota. Diese präventive Aktion endete allerdings mit dem Tod Sitting BullsSitting Bull und einiger seiner Krieger. Wenig später wurde eine Gruppe von 340 SiouxSioux, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, die auf dem Weg zu dem – inzwischen bereits abgesagten – IndianertreffenNative AmericansGilded Age waren, am Wounded Knee Creek von Soldaten umstellt. Bei der Entwaffnung der Männer am 29. Dezember kam es zu einem Handgemenge, woraufhin die Soldaten aus Gewehren und Kanonen das Feuer eröffneten und etwa 300 wehrlose Indianer töteten. Nach diesem Massaker erlosch die Gegenwehr der Ureinwohner, und in den Reservaten breiteten sich Resignation und Apathie aus. Erst die BürgerrechtsbewegungBürgerrechtsbewegung der 1960er und 1970er Jahre brachte „Wounded Knee“ als Symbol für die Leiden und den Widerstand der Native AmericansNative AmericansGilded Age ins Gedächtnis der Nation zurück.

Das übergreifende Ziel der Indianerpolitik blieb die Assimilation, das Aufgehen der Indianer in die weiße Gesellschaft. Nach dem Bürgerkrieg hatten sich die KirchenKirchen verstärkt dieser Umerziehungsaufgabe angenommen, doch mit ihrem Bemühen, alle „heidnischen“ Sitten und Gebräuche auszumerzen, trugen sie nur noch zur Demoralisierung der Indianer bei. In den 1880er Jahren wuchs allerdings die Kritik an den Zuständen in den ReservatenNative AmericansReservate und an der schon fast sprichwörtlichen Korruption des Bureau of Indian AffairsNative AmericansBureau of Indian AffairsBureau of Indian Affairs. Die Vorschläge der Reformgesellschaften, die sich nun bildeten (Women’s National Indian Rights Association; Indian Rights AssociationNative AmericansIndian Rights AssociationIndian Rights Association), waren am Modell der weißen Farmerfamilie orientiert, obwohl den IndianernNative AmericansReservate die privatwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden unbekannt war. Dem Drängen der Reformer nachgebend, verabschiedete der Kongress 1887 den Dawes Severalty ActNative AmericansDawes Severalty Act (1887)Dawes Severalty Act (1887), der jeder indianischen Familie, die es wünschte, 65 Hektar Farmland oder 130 Hektar Weideland aus der Reservatfläche übereignete. Der Verkaufserlös des restlichen ReservatslandesNative AmericansReservate – das oft die fruchtbarsten Gebiete umfasste – sollte als Startkapital für die indianischen Farmer verwendet werden. Obwohl die Regierung auf 25 Jahre die Treuhandschaft für das zugewiesene Land übernahm, ging ein großer Teil des indianischen Grund und Bodens recht bald an Spekulanten und Betrüger verloren, die ihn mit hohem Gewinn an weiße Siedler weiterverkauften. Die ungewollten Hauptergebnisse der Reformen waren also eine beträchtliche Verkleinerung der Reservate und eine fortschreitende Verarmung der indianischen Bevölkerung.

Im Oklahoma-Territorium, das ursprünglich nicht unter den Dawes Act fiel, zeitigte der unersättliche weiße „Landhunger“ ganz ähnliche Ergebnisse. 1889 kam es hier zum ersten von mehreren land rushes, bei dem sich weiße Siedler Land aneignen konnten, das man den IndianernNative AmericansGilded Age auf verschiedene Weise abgenommen und „freigegeben“ hatte. Nach und nach wurden die Führer der „fünf zivilisierten Stämme“ dann überredet, die Bestimmungen des Dawes Act anzuerkennen und zusammen mit den Weißen eine Staatsverfassung zu entwerfen. Als Oklahoma 1905 in die Union aufgenommen wurde, besaßen die Native AmericansNative AmericansReservate nur noch einen kleinen Teil des Landes, das ihnen die Bundesregierung ursprünglich als Reservat zur Verfügung gestellt hatte. Dieser Prozess der Reduzierung der Reservate und der Verelendung ihrer Bevölkerung vollzog sich fast überall mit scheinbarer Naturgesetzlichkeit. Nur ganz wenige Stämme, hauptsächlich Pueblo-IndianerPueblo-Indianer im SüdwestenSüdwesten, lebten am Ende des Jahrhunderts noch auf dem Land ihrer Vorfahren. Die Krise nahm existenzbedrohende Ausmaße an: Der Zensus von 1890 verzeichnete in den gesamten USA noch knapp 250.000 Indianer, und bis zur nächsten Volkszählung von 1900 sank die Urbevölkerung auf unter 240.000 ab, was ihren historischen Tiefpunkt markierte. Die Native AmericansNative AmericansGilded Age hatten ihre kulturelle Identität weitgehend verloren, und ihre physische Existenz hing von den Zuwendungen der Bundesregierung und den Spenden wohltätiger Organisationen ab. Die stille Hoffnung mancher Amerikaner, das Indianerproblem werde sich bald „von selbst erledigen“, ging jedoch nicht in Erfüllung. Wider Erwarten fanden die Überlebenden der Indianerkriege die Kraft, durch Anpassung an die veränderte Lage und Rückbesinnung auf alte Stammestraditionen der Gefahr einer vollständigen ethnischen Auslöschung zu entgehen.

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