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2.3 Leistungen für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf in und außerhalb von Einrichtungen oder Räumlichkeiten nach § 43a SGB XI in Verbindung mit § 71 Absatz 4 SGB XI

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Mit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1994 war die Entscheidung verbunden, dass stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Leistungen zur Pflege zu erbringen haben. Die mit den Trägern der Eingliederungshilfe zu verhandelnden Entgelte sollten so ausgestaltet sein, dass die Einrichtungen beide Leistungen in der gebotenen Qualität erbringen konnten.

Im Gegenzug wurden die Träger der Pflegeversicherung verpflichtet, den Trägern der Eingliederungshilfe die pflegebedingten Aufwendungen zu erstatten – jedoch war dieser Erstattungsbetrag von Beginn an »gedeckelt«. Derzeit sollen die Träger der Pflegeversicherung im Einzelfall bis zu 15 % [zuvor: 10 %] der von der Eingliederungshilfe vereinbarten Vergütung, je Kalendermonat jedoch höchstens 266 € zahlen.


Abb. 2.1: Leistungen für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf in Einrichtungen oder Räumlichkeiten nach § 43a SGB XI in Verbindung mit § 71 Absatz 4 SGB XI

Dies wurde mit dem Bundesteilhabegesetz beibehalten.

Die Vorschrift findet sich in § 103 Abs. 1 SGB IX. Hier heißt es, dass Leistungen der Eingliederungshilfe, die in bestimmten »Einrichtungen oder Räumlichkeiten« erbracht werden, auch die Leistungen zur Pflege »umfassen«. Dies sind die körperbezogenen Pflegemaßnahmen, die Betreuung und die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege (§ 43 SGB XI).

»Umfassen« bedeutet, dass die Leistungen zur Pflege Teil der Leistungen der Eingliederungshilfe sind ( Kap. 2.2.1) und nicht etwa in den Eingliederungshilfeleistungen aufgehen und bis zur Unkenntlichkeit verschwinden. Pflegeleistungen sind Pflegeleistungen, sie werden in bestimmten Einrichtungen oder Räumlichkeiten als Teil der Eingliederungshilfeleistungen erbracht und von den Trägern der Eingliederungshilfe finanziert, der hierfür einen auf 15 % gedeckelten Pauschalbetrag, höchstens jedoch 266 € je Leistungsberechtigtem und Monat von Seiten der Pflegeversicherung erhält. D. h., die gesetzliche Regelung ist im Kern eine Finanzierungsregelung, die Ansprüche der Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigkeit auf Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege jedoch nicht berührt.

Die nachfolgende Abbildung ( Abb. 2.2) will die Situation verdeutlichen:

Links findet sich eine Situation in eigener Häuslichkeit. Leistungen der Eingliederungshilfe stehen neben den Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach SGB XI, welche gegebenenfalls durch Leistungen für Pflegebedürftige nach SGB XII ergänzt werden25. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers erhält die leistungsberechtigte Person in eigener Häuslichkeit einen Bescheid, welcher sowohl die Leistung der Eingliederungshilfe (§ 13 Abs. 4 SGB XI) als auch die Hilfen zur Pflege nach SGB XII (§ 103 Abs. 2 SGB IX) zum Gegenstand hat.

Rechts daneben ist die Situation innerhalb von bestimmten »Einrichtungen und Räumlichkeiten« zu sehen: Auch hier werden Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen zur Pflege nach SGB XI erbracht. Eine Ergänzung gegebenenfalls nicht bedarfsdeckender Pflegeleistungen durch weitergehende Ansprüche nach SGB XII sieht das Gesetz allerdings nicht vor.


Abb. 2.2: Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege

Während in stationären Einrichtungen die Pflegeleistungen körperbezogene Pflegemaßnahmen, Betreuungsleistungen und medizinische Behandlungspflege beinhalten, stellt sich das Leistungsspektrum in eigener Häuslichkeit erheblich differenzierter dar, wie die nachfolgende Grafik verdeutlichen kann.

Menschen, die in »Einrichtungen und Räumlichkeiten« leben, ist es bis auf einen Teil der Pflegesachleistungen verwehrt, diese Leistungen in Anspruch zu nehmen, sich für Pflegegeld oder eine Kombination von Pflegesachleistung und Pflegegeld zu entscheiden oder einen Pflegedienst auszuwählen wie andere Menschen in der Gemeinde auch.

Dagegen fordert Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention, dass »gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit auch Menschen mit Behinderung auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und diese ihren Bedürfnissen Rechnung tragen«. Fachverbände (Kruse, 2020) und juristische Expertise sehen daher die Regelung (Welti, 2018) kritisch und als nicht mit der Verfassung im Einklang stehend.


Abb. 2.3: Leistungen bei Pflege in eigener Häuslichkeit (Kuhn-Zuber, 2018c, S. 890)

Pflege von Menschen mit geistigen Behinderungen

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