Читать книгу Pflege von Menschen mit geistigen Behinderungen - Annelen Schulze Höing - Страница 61
Beratung im Umgang mit Sexualität
ОглавлениеIm alltäglichen Zusammenleben mit geistig behinderten Menschen bereitet der Umgang mit sexuellen Ambitionen der Klienten nach wie vor große Umsetzungsschwierigkeiten. Viele Erzieherinnen, pädagogisch-therapeutische Mitarbeiterinnen und Eltern stoßen an persönliche und fachliche Grenzen, wenn es um die Förderung und Verwirklichung sexueller Selbstbestimmung für Menschen mit einer geistigen Behinderung geht. Das Sexualleben geistig behinderter Menschen löst nach wie vor in ihrem Umfeld häufig Hilflosigkeit und Befangenheit aus (vgl. Walter, 1994).
Schon in einer 1980 veröffentlichten Studie wurde herausgefunden, dass die Sexualität geistig behinderter Menschen und ihr jeweiliges Sexualverhalten in erster Linie abhängig sind von der Toleranzbreite der moralischen Einstellung und den Ge- bzw. Verboten ihrer Eltern und Betreuerinnen (vgl. Walter, 1994).
Es ist eine wichtige Voraussetzung für Mitarbeitende, die Klienten mit geistigen Behinderungen »sexualpädagogisch« zu betreuen und eine entspannte, offene Haltung ihrer eigenen Sexualität gegenüber zu haben. Beratungsinhalte, bei denen sich Mitarbeitende nicht sicher fühlen, können auch an externe Berater (z. B. Psychologen) delegiert werden.
In der pflegerischen Arbeit mit Menschen begegnen Mitarbeitende zwangsläufig auch dem Thema Sexualität und haben die Aufgabe, das Thema in den Alltag zu integrieren, die Klienten bei der Suche nach ihrer sexuellen Identität zu unterstützen, ihnen für Fragen (z. B. Verhütung, körperliche Veränderungen) zur Verfügung zu stehen und auf Befindlichkeiten (z. B. Schamgefühl) Rücksicht zu nehmen. So kann beispielsweise die erste Regelblutung oder der erste nächtliche Samenerguss unaufgeklärte Jugendliche in Angst und Schrecken (z. B. schwer krank zu sein oder zu verbluten) versetzen. Es ist herauszufinden, ob Klienten (in bestimmten Lebensphasen oder grundsätzlich) gleichgeschlechtliche pflegerische Unterstützung wünschen.