Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 12
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Das Handy meldet sich schon zum dritten Mal, aber Kylian liegt auf seinem Bett und ist in seinen Gedanken versunken. Seine Mutter kam sehr erschöpft von der Arbeit nach Hause und war nicht gerade davon begeistert, dass ihr Sohn ohne Schlüssel vor der Haustür saß. Der Ärger hielt sich zwar in Grenzen, aber die Enttäuschung war ihr anzusehen.
Den Haushalt haben die beiden zusammen erledigt, trotz der Proteste von Kylian hat seine Mutter natürlich geholfen. Das ist ihre Art, keine Arbeit wird auf andere abgewälzt und das ohne Rücksicht auf die eigene Situation.
Wieder klingelt das Handy, Kylian hat aber nicht wirklich Lust nachzuschauen. Den Ton hat er zwar ausgeschaltet, aber das Vibrieren ist deutlich zu vernehmen.
In seinem Kopf wiederholt sich ununterbrochen das Szenario aus der Gasse. Der Schlüssel, der sich jetzt irgendwo befindet, muss wieder in seinen Besitz gelangen. Nur wie soll er das anstellen? Der einfachste Weg wäre, dorthin zurückzukehren, also direkt in die schäbige Straße und danach zu suchen. Nur was wird passieren, wenn die Typen auch wieder dort sind? Oder wenn einer von denen den Schlüssel gefunden hat? Vielleicht hat er ihn auch erst viel später verloren, er könnte während des Fahrens aus dem Loch herausgefallen sein, das wäre dann noch schlimmer.
Stöhnend dreht er sich auf die andere Seite und blickt zu seinem Handy herüber, dieses liegt aber nicht in greifbarer Nähe. Daher zieht er sich mühsam aus dem Bett und wirft einen Blick auf das Display.
»Sascha!« Wer soll es auch sonst sein. Sascha ist seine beste Freundin und sie kennen sich schon seit der Grundschule. Sie ist aber wirklich nur eine Freundin und es lief nie etwas zwischen ihnen, auch wenn das andere gerne behaupteten.
Mit 13 ist einmal etwas vorgefallen, Sascha hatte ihn einfach geküsst und auf eine Reaktion gewartet. Am Ende sind sie beide in Gelächter ausgebrochen und die Sache war vom Tisch.
Zum sechsten Mal taucht ihr Name schon auf dem Handy auf und Kylian erlöst sie endlich.
»Hallo«, sagt er erschlagen.
»Was soll das Kylian, wie oft soll ich dich noch anrufen?«, ertönt es laut aus dem Telefon.
Langsam kommt er zur Besinnung, sie hatten sich heute für drei Uhr verabredet und mittlerweile ist es schon kurz vor vier.
»Sascha, es tut mir leid. Ich habe dich völlig vergessen. Das ist heute nicht mein Tag.«
»Na toll und ich warte hier schon die ganze Zeit. Kommst du jetzt noch oder soll ich nach Hause?«
Kylian schaut aus dem Fenster und überlegt was er darauf antworten soll. Eigentlich hat er keine Lust, die Sache mit dem Verlust macht ihn völlig fertig. Eine Ablenkung mit seiner Freundin wäre aber sicher nicht schlecht, vielleicht hat sie sogar eine Idee, was er wegen dem Schlüssel jetzt unternehmen kann.
»Warte einfach da Sascha, ich komme gleich.«
Trotz dass seine Freundin jetzt schon so lange wartet, braucht er noch eine ganze Weile, um sich auf den Weg zu machen. Fast eine halbe Stunde später taucht er endlich am verabredeten Ort auf und Sascha schaut extrem sauer.
»Weißt du Kylian, beim nächsten Mal, gehe ich einfach nach Hause.« Da er nicht darauf antwortet und auch sonst sehr abweisend ist, ändert sich ihre zickige Tonlage.
»Okay, was ist los? Dich beschäftigt doch was.«
Ohne darauf zu Antworten setzt sich Kylian einfach auf eine Bank, die sich direkt neben Sascha befindet und schaut traurig zu ihr hoch.
»Dir kann ich echt nichts vormachen, aber danke, dass du für mich da bist. Setzt dich bitte.«
Nicht mal einen Augenblick später sitzen beide in der Sonne und Kylian erzählt ihr die ganze Geschichte. Seine Freundin sieht die Sache aber nicht ganz so dramatisch.
»Und deswegen bist du so angepisst? Du hast deinen blöden Schlüssel in einer Seitengasse verloren, als du vor diesen Spinnern geflohen bist. Verdammt Kylian, wir gehen jetzt dort hin und suchen das Teil. Irgendwo wird der schon liegen und wenn wir ihn nicht finden, gehen wir zur Polizei. Wir sagen einfach, dass die Typen den geklaut haben.«
»Das ist voll lieb von dir Sascha, aber meinst du wirklich, dass die Cops uns glauben werden? Für die ist das doch völlig uninteressant. Ich gehe gleich lieber alleine zur Gasse und suche den blöden Schlüssel, dich bringe ich sicher nicht in Gefahr.«
Darauf antwortet die zierliche Frau erst einmal nicht, genau wie Kylian ist auch sie eine Schwarze und sollte der Gruppe von heute nicht in die Finger geraten.
»Ich kann dich aber begleiten, bis spätestens Montag brauchst du deinen Schlüsselbund zurück, sonst bekommst du ehrlich Stress in der Schule. Komm schon, zur Not stehe ich schmiere und achte auf deinen Hintern.«
Kylian beginnt zu lachen, seine Freundin scheint ihn echt zu amüsieren, obwohl sie das völlig ernst meinte.
»Lass mal Sascha, ich mache das lieber alleine, dann bin ich schneller, wenn ich flüchten muss. Du und Sport? Das passt ehrlich nicht zusammen.« Ein wenig beleidigt schaut seine Freundin zu einem älteren Mann herüber, der gerade dabei ist, die Mülltonne neben ihrer Bank zu durchwühlen.
»Ich wollte eigentlich nur helfen«, sagt sie nach einer kleinen Pause.
»Das weiß ich doch Sascha, aber du bist nicht gerade die Schnellste. Wenn die uns erwischen, sind wir geliefert.« Der Mann neben ihnen ist mit seiner Tonne fertig und geht eine Bank weiter. Auch Kylian schaut ihm hinterher.
»Ich warte noch, bis es völlig dunkel ist«, spricht er weiter. »Dann sind meine Chancen größer und ich kann mit meinem Handy alles beleuchten. Trotzdem danke ich dir Sascha, den ganzen Tag habe ich darüber nachgedacht, was ich jetzt unternehmen soll. Dein Mut hat mir eine neue Zuversicht gegeben und ich werde die Sache durchzuziehen. Eigentlich ist die Suche kein großer Aufwand, aber das heute Mittag hat mir echt gereicht. Mir steckt immer noch die Angst in den Knochen.«
Sascha nimmt seine Hand und steht auf, dabei zieht sie ihn hinterher und schaut ihm dann direkt in die Augen.
»Sei aber bitte vorsichtig und ich rufe dich heute Abend noch an. Nicht dass ich dann mit einem Leichenbestatter verbunden werde.«
»Schönen Dank auch Sascha, du bist echt die Beste, das macht es mir jetzt wirklich einfacher.« Kylian spielt den Beleidigten und bringt sie damit zum Lachen.
»Komm schon du Spinner, das war doch nur Spaß. Lass uns etwas trinken gehen, du hast noch genug Zeit, bis deine Apokalypse beginnt…«