Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 7

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Ethan Coleman stoppt einen Augenblick und schaut auf die Glastür des riesigen Gebäudes, das sich direkt vor ihm befindet. Es ist jedes Mal das Gleiche, Hoffnung keimt auf und vergeht schnell wieder. Trotzdem wird er weiter herkommen, solange es halt nötig ist. Er geht schließlich durch die Tür, die sich automatisch öffnet und befindet sich einen Atemzug später in einer großen Eingangshalle. Leere dominiert hier die Location, ein paar Meter weiter steht eine einsame Rezeption und dahinter sitzt der gleiche Mann wie immer. In seiner grauen Uniform schaut er wichtig aus, in Wirklichkeit ist er aber nur eine Marionette, die den ganzen Tag auf ihre Monitore starrt. Etwas weiter rechts befinden sich noch zwei glasige Aufzüge und das war es auch schon, der Rest ist reine Dekoration.

Das Gebäude selber gleicht einem unpraktischen Glaspalast, dennoch wurde es genau vor vier Jahren hier errichtet. Ethan kann sich noch gut an den Stress erinnern, denn an diesem Standort befanden sich vorher zwei Luxusapartments. Diese wurden kurzerhand abgerissen und durch dieses Teil ersetzt. Die vorigen Bewohner wurden einfach rausgeschmissen und auch heute ist noch völlig unklar, wie das alles abgelaufen ist, freiwillig sind die sicher nicht gegangen. Alle späteren Klagen liefen ins Leere, denn kein Gericht wollte sich damit die Finger schmutzig machen. Das stand alles eine Woche lang in jeder Zeitung, ein Artikel nach dem anderen, aber irgendwann endete die Berichterstattung und niemand hat mehr ein Wort darüber verloren. Solche Dinge passieren normal nicht in Manhattan und wären auch nicht tolerierbar, aber irgendwelche höheren Institutionen hatten ihre Finger mit im Spiel. Nicht einmal der Bürgermeister von New York wollte sich damals zu dem Thema äußern.

Unmittelbar vor der Rezeption bleibt Ethan stehen und blickt auf den Mann dahinter, sein räuspern war unnötig, denn er wird ganz sicher schon beobachtet.

»Hallo«, sagt er zusätzlich noch und wartet weiter auf eine Reaktion. Wieder einmal fühlt er sich total verloren, er wird wie Dreck behandelt, aber daran hat er sich bereits gewöhnt. Seine Hoffnung, hier heute etwas zu erreichen, ist mittlerweile am Tiefpunkt angekommen.

»Was kann ich für Sie tun?« Fragt der Uniformierte endlich, sogar seinen Kopf hat er leicht gehoben, aber Interesse sieht anders aus.

»Ich möchte zu Mr. Black«, sagt Ethan trocken und schaut seinem Gegenüber direkt in die Augen, aber er kann weiter keine Emotionen erkennen.

»Haben Sie einen Termin?«, lautet die nächste Frage, die sich mittlerweile aber schon genervt anhört.

»Nein, ich habe keinen Termin, ich habe niemals einen Termin, das müssen Sie doch irgendwann begreifen.« Schnell hört sich die Stimme von Ethan gereizt an, er kann es nicht nachvollziehen, wie dieser Wichtigtuer hier immer wieder auf die gleiche Art und Weise reagiert. Es geht doch nur um ein persönliches Treffen mit Domenic Black, dem Leiter dieser Institution. Bei jedem Besuch ist der Ablauf der Gleiche, er steht hier vor diesem Trottel und sagt seinen Text, dann wird oben angerufen und die Antwort ist jedes Mal identisch, »Mr. Black hat heute keine Zeit, aber machen Sie doch bitte einen Termin«. Seit 6 Monaten wartet Ethan schon auf einen Termin, aber er wird vollständig ignoriert.

Wie zu erwarten wird nach dem Telefon gegriffen und eine Taste betätigt. Am anderen Ende ertönt eine Stimme und es läuft das bekannte Schema ab.

»Mr. Black, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ein gewisser Mr. Coleman steht hier unten und möchte Sie sprechen.« Am anderen Ende wird einiges gesagt und der Gesichtsausdruck vom Anrufer wechselt von besorgt auf ängstlich. »Ich weiß Mr. Black«, antwortet er und lauscht weiter. Anschließend legt er den Hörer zur Seite, beugt sich leicht nach vorne und deutet nach links.

»Der zweite Aufzug bitte, Mr. Black erwartet Sie jetzt.«

Geschockt bleibt Ethan noch eine Weile vor dem mittlerweile sehr merkwürdig dreinschauenden Mann stehen. Seine Gedanken müssen das erst einmal verarbeiten, denn er darf tatsächlich nach oben. Die Worte »Mr. Black erwartet sie jetzt« hallen wieder und wieder durch seinen Kopf. Wie oft wurde er hier schon abgelehnt und zum Gehen aufgefordert? Die Zahl ist nicht zählbar, aber heute wird er tatsächlich in den Aufzug steigen. Mit unruhigen Gedanken bewegt er sich in die zugewiesene Richtung, entdeckt aber leider beim Ankommen keinen Rufknopf, eigentlich gibt es hier überhaupt nichts zum Interagieren. Nur die nackten Metalltüren, die in die Glasröhren führen, in denen die Kabinen gemütlich ihre Fahrt nach oben oder unten beschreiten.

Er geht einen Schritt zurück und sucht erneut den Sichtkontakt mit dem einfältigen Mitarbeiter an der Rezeption, der ist aber schon wieder in irgendetwas vertieft und nimmt von Ethan keine Notiz mehr. Ein paar Sekunden später öffnen sich die Schiebetüren aber automatisch und er kann tatsächlich hineinsteigen. Sein Gefühl, gerade noch voller neuer Hoffnung, weicht einer haltlosen Ungewissheit. Sogar Angst mischt sich darunter und so etwas hat er schon lange nicht mehr gespürt. Der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung und es geht nach oben, ganz nach oben, denn da scheint wohl der Mann seines Verlangens zu sitzen. Während der Fahrt greift sich Ethan kurz an seine Weste, eine bestimmte Tasche daran hat es ihm angetan, aber er nimmt seinen Arm wieder herunter und schüttelt seinen Kopf. Dieses gewisse Oberteil trägt er ununterbrochen, es ist ärmellos, aber trotzdem warm und bequem und die großen Taschen an der Brust haben einen praktischen Nutzen. Damals hatte er sich noch über diese Weste aufgeregt, seine Frau hatte sie ihm geschenkt. »Musste es unbedingt eine Rote sein Lisbeth, du weißt doch, dass ich diese Farbe hasse«, hatte er sie gefragt, aber seine Frau hatte darauf nur gelacht, sie wollte sich auch nicht auf eine Diskussion einlassen.

Der Fahrstuhl kommt zum Stehen und die Türen öffnen sich wieder von alleine. Auf dem Flur dahinter wartet ein sehr großer, dafür aber junger Mann mit kurzen blonden Haaren und grimmigen blauen Augen. Behutsam verlässt Ethan die Kabine und tritt ein wenig nach vorn, der Empfänger, natürlich in einer grauen Uniform, schaut ihn ausdruckslos an und macht keine Anstalten, irgendetwas von ihm zu wollen. Die Türen schließen sich wieder und seine Angst ist nur noch größer geworden. Irgendwie wird er das Gefühl nicht los, das hier etwas nicht stimmt, aber ein Blick aus dem Glasgebäude bringt seine Ruhe zurück. Vor seinem Auge taucht das wunderschöne Manhattan auf und in der Mitte liegt der große Central Park. Eine Perspektive, die sich wirklich lohnt, wenn der Besuch hier nicht so bitter wäre. Der Mann an seiner Seite verändert weiter nichts an seiner Haltung, auch schaut er nicht mehr in seine Richtung. Dadurch wird die Sache stetig bizarrer, aber er wusste es schon immer, diese Leute hier sind nicht normal. Sein Blick geht auf das Wappen, welches an der Uniform des Riesen prangt und es handelt sich um das Gleiche wie unten auf dem riesigen Teppich in der Eingangshalle. Es zeigt zwei gekreuzte Schwerter und darüber stehen die Buchstaben FOPE, die Abkürzung für »Federal Office for Public Enemies«.

Ohne einen ersichtlichen Anlass hebt der junge Mann plötzlich seinen Arm und deutet den langen glasigen Flur entlang.

»Mr. Coleman, bitte folgen Sie mir, ich bringe Sie nun zu Mr. Black.«

The Sixth Birthday

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