Читать книгу Berliner Miniaturen - Attila Schauschitz - Страница 11
ОглавлениеAdam und Sigisbert Michel
Karl Christoph Graf von Schwerin, 1769
Zietenplatz
Johann David d.J. und Lorenz Wilhelm Röntz
Hans Karl von Winterfeldt, 1777
Zietenplatz
Jean Pierre Antoine Tassaert
Friedrich Wilhelm von Seydlitz, 1781
Zietenplatz
Jean Pierre Antoine Tassaert
Jakob von Keith, 1786
Zietenplatz
Zeitgetreue Generäle
Nach Schlüters Reiterstandbild des Großen Kurfürsten geschah fast achtzig Jahre lang nichts Erwähnenswertes in der Bildhauerei des öffentlichen Raums der preußischen Hauptstadt. Friedrich der Große bemühte sich vor allem seine Potsdamer Residenz zu verschönern, bis er, in der zweiten Hälfte seiner Herrschaft, plötzlich vier preußische Generäle, die Helden der schlesischen Kriege, auf den heute kaum mehr existierenden Wilhelmplatz beorderte.
Den Platz und die Gegend, die Friedrichstadt, ein hübsches barockes Viertel im 18. Jahrhundert und ein klassizistisches Regierungsviertel im 19. Jahrhundert, prägen seit dem 20. Jahrhundert nationalsozialistische Regierungsgebäude und volksdemokratische Wohnhäuser. Die Generäle kehrten nach 2000 auf den Zietenplatz zurück, in die unmittelbare Nähe des mit Wohnhäusern bebauten Wilhelmplatzes – auf einen topografisch nahezu richtigen, aber angesichts des architektonischen Hintergrunds, wie zum Beispiel des brutal anmutenden Gebäudes der tschechischen Botschaft, völlig falschen Standort.
Die Bedeutung der Denkmäler für die Befehlshaber der schlesischen Kriege besteht heutzutage freilich nicht so sehr in der Erinnerung an die erfolgreichen Überfälle auf die österreichische Armee, sondern vielmehr in kunstgeschichtlichen Aspekten.
Mit ihnen stellte man das erste Mal keinen Herrscher, sondern Untertanen auf den Sockel. Wie Peter Bloch schreibt, »hier beginnt die Emanzipation der Persönlichkeit und ihrer individuellen Leistung«. Ein anderer Punkt ist die Frage der Bekleidung, die Befreiung von der antiken Tradition. Deren Anfang ist gerade hier, an diesen Generälen nachvollziehbar: Ursprünglich standen Schwerin und Winterfeldt in ziemlich seltsamen Posen und römischen Klamotten, während im nächsten Jahrzehnt, 1781 und 1786, Seydlitz und Keith bereits in zeitgetreuen Gewändern ihres Regimentes da. Die letzteren, die Statuen von Jean Pierre Antoine Tassaert, eröffneten die etwa fünfzig Jahre andauernde Debatte über die richtige Bekleidung der Denkmäler, den sogenannten Kostümstreit.
Dies könnte man sehen, wenn August Kiss, der 1862 die Marmorstatuen durch Bronzeversionen ersetzte, nicht auch Schwerin und Winterfeldt den anderen angepasst hätte. Und trotzdem kann man dem Spaziergang etwas Kunstgeschichtliches abgewinnen, denn zu den Generälen im zeitgemäßen Gewand, aber noch in leicht barocker Haltung, gesellte sich im Jahre 1794 Generalfeldmarschall Zieten, den wir im Weiteren vorstellen werden.
Sein Schöpfer Johann Gottfried Schadow, ein Schüler von Tassaert, gehörte zu einer neuen Generation. An der Statue Zietens merkt man bereits seine Vorstellung über die richtige, nämlich naturalistische Wiedergabe der Wirklichkeit. Das ist der Anfang der Berliner Bildhauerschule, deren insgesamt nicht weniger als vierhundert Mitglieder im 19. Jahrhundert die bis dahin leeren öffentlichen Räume in Berlin und in ganz Deutschland mit ihren Werken überschwemmten.