Читать книгу Berliner Miniaturen - Attila Schauschitz - Страница 13
ОглавлениеEduardo Paolozzi
Katastrophenbrunnen, 1984
Britzer Garten, Pumpstation
Mohriner Allee 150
Der Simulant
Eduardo Paolozzi wurde 1984 beauftragt, das Pumpenhaus, das die Wasserversorgung der Seen des damals angelegten neunzig Hektar großen Parks im südlichen Bezirk Berlins, in Britz, sichert, ein wenig aufzumotzen. In diesem Park wurde – großartiges Wort! – die Bundesgartenschau, ein Aufmarsch, unter anderen von Tulpen und Dahlien, veranstaltet. Abgesehen von Blumen und Pflanzen befinden sich im Britzer Garten etwa dreißig Skulpturen, fast alle aus der ersten Hälfte der 80er Jahre.
Wie ist das Rohrknäuel Paolozzis zu verstehen?
Zunächst gibt es etwas von diesen Röhren zu lernen. Man muss so tun – andere werden beruhigt, uns hält es am Leben – wie sie: als ob wir etwas bedeuten würden. Ihr Sinn ist beinahe glaubhaft, wie sie sich ab- und verzweigen, aus- und ineinander greifen, sich verhaken. Sie biegen und verschlingen sich, kriechen und schleichen und richten sich auf. Sie sind getrennt und bleiben doch zusammen. Kommen irgendwoher und bemühen sich irgendwohin. Ihre Existenz ist nicht zu leugnen.
Sind das die gleichen Rohre, die anderswo in der Stadt rosarot gestrichen herumstehen als graziöse Flamingos? Wäre das hier ihr wirkliches Ich, ihr unter der Erde verborgenes, unverhülltes, graues Gesicht? Dunkle Sehnsucht, gegenstandsloser Wille, ungeklärter Affekt? Plötzlich aufbrechendes Würgen?
Ein Rohr drängt, drückt und umfasst das andere, und ist doch keines von ihnen vorbestimmt. Die einzige Illusion, den einzigen Schein, die einsame Funktion im allgemeinen Fehlen der Funktionalität bietet jenes Rohr, welches einen müden Wasserstrahl in einem Bogen herausbringt, der auch für einen Mann über fünfzig ausgesprochen beachtenswert wäre. Dieser Charakterzug der Pumpe ohne Eigenschaften hebt noch mehr die nirgendwohin führenden, gestutzten Enden, die grundlos geschweißten Bögen, die nicht funktionierenden Räder, die vergeblich ineinander greifenden Fügungen hervor.
Letzten Endes besteht das Ganze aus Krämpfen, Zerrungen und Verrenkungen. Das Leben ist also wie ein Fußballspiel? Vielleicht ist das die Botschaft, die uns Paolozzi sendet.