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Johann-Gottfried Schadow

Hans Joachim von Zieten, 1794

Wilhelmplatz/Mohrenstraße

Der kleine General

Der Name von Johann Gottfried Schadow ist heutzutage nicht unbedingt ein Begriff für das breite Publikum, obwohl eines seiner Werke auf der ganzen Welt bekannt ist. Auch über die Berliner Bildhauerei des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts kann man nicht sprechen, ohne an ihn erinnert zu werden.

Anstelle des berühmten Werkes, des zweirädrigen römischen Viergespanns auf dem Brandenburger Tor aus dem Jahre 1793, charakterisiert seine Kunst vielmehr diese, nur ein Jahr später aufgestellte Statue. Schadow ging auf dem Weg konsequent weiter, den sein Lehrer, Jean Pierre Antoine Tassaert, eingeschlagen hatte: Vergleicht man die Figur des Generals Hans Joachim von Zieten auf dem nach ihm benannten Platz mit den bereits behandelten Statuen Tassaerts, fällt zunächst das Fehlen der dort noch vorhandenen würdevollen Haltung auf.

Der General des Siebenjährigen oder dritten Schlesischen Krieges steht durchaus menschlich vor uns: Sein Gesicht spricht über einen Charakter, den der Hohn und die Zurücksetzung in seiner Jugend wegen seiner angeborenen Eigenschaften gestählt hatten: »ist gar klein und von schwacher Stimme für das Commandiren«, schrieb der spätere Feldmarschall Schwerin 1722 dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. über ihn. Zieten zeichnete sich aber bereits im ersten Schlesischen Krieg an der Spitze seines Regimentes, bestehend aus Berliner und Litauer Husaren, aus. In dem Moment, in dem Schadow ihn hier darstellt, sinnt er höchstwahrscheinlich über eine neue Kriegslist nach, wodurch er die verflixten Österreicher irreführen könnte.

In einer Zeit wie unsere, die dem Begriff des Kunstwerkes keine Grenzen setzen möchte, hört sich das künstlerische Credo Schadows mindestens anachronistisch oder geradezu haarsträubend an: Er sah »die wahre Kunst gerade in der Wiedergabe der Wirklichkeit«. Wie bereits erwähnt, ist es Tassaert zu verdanken, die Generäle aus ihrer barocken Haltung und römischen Gewändern befreit zu haben. Schadows Verdienst ist es aber, dass die zeitgenössische Kleidung sowie die individuelle und naturalistische Darstellung zum Programm erhoben wurden.

Sein strenger Naturalismus, seine Weigerung, Preußens Helden zu glorifizieren, entsprach später immer weniger dem Zeitgeist und der Auffassung der höfischen Auftraggeber. Zu seinen Kritikern gehörte auch Goethe, der den nüchternen Berliner Realismus gering schätzte. Die Antipathie entbehrte nicht den persönlichen Hintergrund. Als der Bildhauer ihn in Weimar besuchte, fand der große Dichter seinen Wunsch, nämlich für die geplante Büste zuerst und unverzüglich seinen Kopf vermessen zu dürfen, unhöflich und unangebracht. Die zwanzig Jahre später doch angefertigte Büste widerspiegelt vielleicht auch die Rache des Künstlers: »Die Wiedergabe der Wirklichkeit« besteht diesmal darin, dass er den in anderen Darstellungen vergötterten Dichter eingezwängt in seine Uniform und damit in sein Leben als Hofrat zeigt.

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