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Bernar Venet

Arc 124,5°, 1987

An der Urania/Kleiststraße

Unvollendeter Kreis

Die Generalprobe des über ein Jahrzehnt später aufgeführten Stücks mit dem Titel »Berliner Mauer« hat 1948 stattgefunden. In der internationalen Koproduktion fiel die schwierigste Aufgabe den amerikanischen und britischen Protagonisten zu. Wie kann ihre Darstellung glaubwürdig erscheinen, wie reagieren die gleichen Zuschauer darauf, dass diejenigen, die wenige Jahre zuvor als Piloten die Stadt in Schutt und Asche legten, diesmal als Retter der Bevölkerung die Bühne betreten?

Die Handlung ist bekannt. Aus dem Quartett, das über Berlin regiert, erbost sich der negative Held (gespielt von J. W. Stalin) so sehr über eine an sich prosaische Entscheidung der anderen Drei, eine neue Währung auf ihrem Hoheitsgebiet einzuführen, dass er beschließt, über ihren Stadtteil eine Blockade zu verhängen und dessen Bevölkerung verhungern zu lassen. Die Anderen antworten auf die Herausforderung mit einer Luftbrücke, und im Westteil der Stadt landen die Flieger fast ein Jahr lang in Zwei- bis Dreiminutentakt. Für immer wird in der Erinnerung des Publikums die herzergreifende Szene bewahrt, als aus den in der Höhe dröhnenden Maschinen diesmal keine Bomben, wie bei der früheren Vorstellung, sondern aus kleinen, aus Handtüchern gefertigten Fallschirmen Süßigkeiten auf die im Zuschauerraum kreischenden Kinder herunter regnen.

Später schrieb man das Stück um und beauftragte einen neuen Regisseur (W. Ulbricht) mit der Inszenierung. Er hatte allerdings kaum Gespür für symbolische Lösungen. Seiner naturalistischen Auffassung entsprechend ließ er bei der Uraufführung im Jahre 1961 eine richtige Mauer auf der Bühne errichten, zunächst aus Hohlblocksteinen, später, noch konsequenter, etwa als Verweis auf die neuen Errungenschaften des sozialistischen Wohnungsbaus, aus Stahlbetonplatten.

Der Stahlbogen von BernarVenet soll an die Luftbrücke, beziehungsweise an die auch darauf beruhende deutsch-französische Aussöhnung erinnern. Der einzige, jedoch schwerwiegende Schönheitsfehler dieses Hinweises ist, dass der französische Darsteller damals die Generalprobe boykottierte, indem er sich weigerte, ins Flugzeug zu steigen. Es ist also richtiger, wenn man das Kunstwerk eher für sich sprechen lässt, und es als schwungvolle Form, als elegant anmutende Antwort auf die architektonische Umgebung versteht, die an diesem tristen Ort eben dieser Eigenschaften entbehrt.

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