Читать книгу Berliner Miniaturen - Attila Schauschitz - Страница 25
ОглавлениеKarl-Friedrich Schinkel
Denkmal der Befreiungskriege, 1821
Viktoriapark
Patriotisches Eisen
Die Grundsteinlegung für das nationale Denkmal der preußischen Befreiungskriege gegen Napoleon im Jahre 1818 muss man sich so vorstellen, dass Friedrich Wilhelm III. und Zar Alexander I. auf einem kahlen Hügel stehen. Südlich schauen sie auf einen Exerzierplatz, nördlich auf Berlin in der Ferne, ansonsten sehen sie nur Agrarwirtschaft in der Gegend. Es gibt also noch kein Anzeichen dafür, dass diese Erhebung sich später zu jenem gemütlichen und frivolen Ort entwickeln würde, wie er an anderer Stelle unter dem Namen Viktoriapark beschrieben wird.
Nach Vorstellung des Königs mussten hier nicht, wie nach dem dritten Schlesischen bzw. Siebenjährigen Krieg, einfach die siegreichen Generäle gefeiert werden, sondern das Gesamte, die Reihe der Schlachten, die zum Sieg führten. Was könnte jedoch einen ganzen Feldzug symbolisieren? Man entschied sich dafür, die einzelnen Kämpfe zu personifizieren; so entstanden die in den Nischen posierenden zwölf Genien, diese bewundernswerten, aus heutigem Blick durchaus komischen Gestalten.
Die Gesichter erinnern zwar manchmal an die der Generäle, manchmal jedoch nur an – in zwei Fällen sogar weibliche – Mitglieder der Hohenzollern, die mit den Ereignissen entfernt zu tun hatten. Zur Erklärung ist unter jeder Figur der Ortsname der jeweiligen Schlacht zu lesen.
Es dürfte kaum überraschen, dass das Denkmal im Zeichen des Patriotismus steht. Merkwürdig sind die Stilmittel und das Material, durch die man dieses Ziel erreichen wollte. Zunächst die Architektur, die auf das Mittelalter verweisende Neugotik, die man für den ursprünglichen und unverfälschten deutschen Stil hielt, und dann die Genien mit Lanze, Schwert und Zepter in Tunika, Landwehr-Uniform oder aber in griechischen oder nordischen Harnischen, dazu eine Menge Lorbeerkränze. Das zweifellos mit größter Sorgfalt geschaffene und wohl durchdachte Denkmal ist damit von einem einzigartigen, konfusen Stil geprägt.
Damals hätte man es gewöhnlich aus Bronze gießen müssen, wofür es jedoch in Preußen seit Schlüters Reiterdenkmal keine Werkstatt gab. Die Not machte man zur Tugend, sofern das Gusseisen zugleich das Material des Befreiungskrieges war und deshalb – technische Schwierigkeiten hin, künstlerische Nachteile her – als etwas durchaus Patriotisches verstanden werden konnte.
Und schließlich der Grundriss und der Abschluss: die kreuzförmige Grundform und oben der vom König einige Jahre davor gestiftete Orden, das Eiserne Kreuz. Man darf es sich aussuchen, auf welchen der spätere Name des Hügels und dann des ganzen Bezirks zurückgeht.
Hinter der merkwürdigen Ausgestaltung des »Architektur-Denkmals mit interpretierendem Figurenschmuck« (Peter Bloch) sind allerdings nicht nur die Ideen der Künstler, des maßgebenden Architekten des Berliner Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel, oder der Schlüsselfigur der Berliner Bildhauerschule des 19. Jahrhunderts, Christian Daniel Rauch, sondern auch die Vorstellungen des königlichen Auftraggebers zu vermuten.