Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 13
Оглавление5. Jeff Beck statt „Blues-Gejaule“
Ich sprach bereits das Jahr 1967 an. Welche Alben haben dir aus diesem Jahr besonders gefallen?
Ich besaß natürlich nicht so viel Taschengeld, dass ich mir ständig Platten kaufen konnte. Damals gab es noch die Preisbindung bei Langspielplatten und die kosteten immerhin 22 DM. Aber Singles interessierten mich immer weniger und Alben immer mehr, zumal auch die Cover interessanter wurden. Die Zeiten waren vorbei, als einen der Interpret auf den Hüllen meist frontal und ausdrucklos anstarrte.
Die Musik wurde zu einem Gesamtkunstwerk.
Richtig. In diesem Jahr kaufte ich mir „Disreali Gears“ von Cream, „Days Of Future Passed“ von den Moody Blues und „The Piper At The Gates Of Dawn“ von Pink Floyd. Mehr war mit meinen Taschengeld nicht drin. Cream waren diesem Zeitpunkt die erste „Supergruppe“, also eine Band, deren einzelne Mitglieder schon mit anderen Bands erfolgreich waren, so wie danach Crosby, Stills & Nash oder Blind Faith.
Oder wie Stefan später mit Jimmy Page und Rick Wakeman bei der Band Pacific.
Ich denke, da ging es nur noch um Profit, da kann Stefan erzählen, was er will. Aber zurück zu Cream: An der Band kam ich als Rockfan gar nicht vorbei. Cream beeinflussten mich enorm, weil ihre Musik bedeutender härter und psychedelischer als der Rest klang.
Allerdings gefiel mir das ausufernde Blues-Gejaule von Eric Clapton auf „Crossroads“ weit weniger als die originellen Songs aus der Feder von Jack Bruce wie „N.S.U.“, „I Feel Free“ oder „White Room“. Ich habe schon immer lieber Jeff Beck als Eric Clapton gehört.
Wo du gerade von „Blues-Gejaule“ sprichst, dann konntest du wohl mit Jimi Hendrix auch nicht viel anfangen?
Hör bloß auf. Ich habe nie verstanden, was an Hendrix so großartig sein soll. Ich denke, diese gottgleiche Verehrung verselbständigte sich irgendwann und sein früher Tod trug sicher zu diesem völlig überhöhten Mythos bei.
Was ist denn mit „Sergeant Pepper“ von den Beatles?
Für mich auch ein wenig überschätzt, denn es klingt mittlerweile ein bisschen altmodisch. Aber versteh mich nicht falsch: „A Day In The Life“ und „Lucy In The Sky With Diamonds” sind großartig, aber „When I’m Sixty Four“ hat für mich mit Rockmusik nichts zu tun und George Harrisons „Within You Without You“ ist für mich ein kompositorischer Totalausfall. Von den Beatles gibt es sowieso kein Album, auf dem jeder Song gelungen ist.
Und wie gefiel dir damals „Pet Sounds“ von den Beach Boys?
Also erst mal ist das für mich kein Beach-Boys-, sondern ein Brian-Wilson-Soloalbum. Es ist der typische Brian-Wilson-Stil, wie er auch auf den späteren Alben zu hören ist. Das Herausragende an „Pet Sounds“ ist für mich, dass Brian die Popsongs mit Umweltgeräuschen wie Fahrradklingeln und Hundegebell kombiniert, das war schon ungewöhnlich.
Bist du den Beach-Boys eigentlich jemals persönlich begegnet?
Nee, die waren zu unserer erfolgreichen Zeit schon ein Nostalgieact, der hauptsächlich von den alten Hits zehrte. Für mich werden aber bis heute die Verdienste der beiden anderen Wilson-Brüder Carl und Dennis viel zu wenig gewürdigt. Ich denke, Carl Wilson verfasste mit „Our Sweet Love“ einen der besten Beach-Boys-Songs.
Du erwähntest noch „The Piper At The Gates Of Dawn“.
Großartig. Allein der Auftakt mit „Astronomy Domine“ jagt mir noch heute kalte Schauer über den Rücken. Als ich das zum ersten Mal hörte, dachte ich, die Marsmenschen sind gelandet.
Aber auch die anderen Syd-Barrett-Songs auf der Platte sind absolut fantastisch. Leider bin ich ihm ebenfalls nie begegnet, weil er zu unserer Hochphase schon völlig zurückgezogen lebte.
Haben dich solche Songs inspiriert?
Absolut. Die eingangs erwähnten Alben erweiterten meinen musikalischen Horizont erheblich. Und als ich diese Bands in Fernsehsendungen wie „Beat Beat Beat“, „Betty’s Beat Box-Haus“ oder „4-3-2-1 Hot And Sweet“ spielen sah, war mir schnell klar, dass ich auch in einer Band sein wollte. Bloß wie, das war die Frage. Ich spielte mittlerweile recht gut Gitarre, verfügte über eine wohlklingende Stimme, die auch durch den Stimmbruch kaum beeinträchtigt war und hatte schon ein paar Songs geschrieben.
Aber die Beatmusik war elektrisch verstärkt und eine elektrische Gitarre besaß ich nicht. Mit der akustischen „Hertie“-Gitarre kam ich mir lächerlich vor. Elektrische Gitarren waren aber damals irrsinnig teuer und meine Eltern nicht bereit, mir eine zu kaufen. Dann wirst du eben eine E-Gitarre vom Taschengeld sparen müssen, meinte meine Mutter. So lange konnte ich nicht warten.
Ich wollte es trotzdem wagen und warum nicht als Sänger mit akustischer Gitarre? Ich könnte ja Rhythmus spielen und ein anderer die elektrische Sologitarre. In meiner Klasse stand ich mit meiner Begeisterung für die Rockmusik allerdings ziemlich allein. Also hängte ich am „Schwarzen Brett“ des Gymnasiums einen Zettel mit dem Text: „Sänger und Gitarrist sucht Gleichgesinnte, um Beat-Band zu gründen“.
Hattest du damals schon irgendwie eine musikalische Vorstellung wie die Band klingen sollte?
Eben wie meine Songs (lacht). Wobei ich damals natürlich noch keine Ahnung davon hatte, wie meine Kompositionen im Bandkontext klingen würden. Aber es meldete sich sowieso niemand, der mit mir eine Band gründen wollte, vielmehr sollte ich einer Band beitreten.
Ein paar Tage nachdem ich den Zettel aufgehängt hatte und schon nicht mehr mit einer Reaktion rechnete, standen plötzlich zwei Jungs in meinem Klassenzimmer und fragten, wer hier der Michael wäre. Als ich mich meldete, stellten sie sich die beiden als Olaf und Achim vor und sie wären eine Klasse über mir. Dann erzählten sie mir, dass sie vor einigen Monaten eine Band gegründet hätten, aber dass ihnen ein Sänger fehle.
„Ich spiele aber auch Gitarre“, warf ich ein.
Kein Problem, meinten sie, einen zweiten Gitarristen könnten sie gut gebrauchen. Hauptsache, ich würde den Sologesang übernehmen.
„In Ordnung“, meinte ich, „wir können es ja mal probieren, allerdings besitze ich nur eine akustische Gitarre.“
Auch kein Problem, meinten beide wieder betont lässig, im Proberaum stehe noch eine zweite E-Gitarre herum. Spätestens jetzt war ich Feuer und Flamme. Wir verabredeten einen Probetermin, den ich kaum erwarten konnte.