Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 18

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10. Die Kompanie fällt auf die Knie

Riggbert: Das Fest war nach meiner Performance mit einem Schlag vorbei. Der Hausmeister packte uns am Kragen und schleppte uns zum Büro vom Direx. Da standen wir vier Buben nebeneinander aufgereiht wie eine verdatterte Kompanie.

Dann folgte die Standpauke?

Der Direx war völlig außer sich und rannte in seinem Büro wütend auf und ab: „Ich hätte das Konzert niemals erlauben dürfen. Ich war sowieso dagegen, habe mich aber leider von einigen Lehrern beschwatzen lassen. Von wegen, wir müssen der Jugend mehr künstlerische Freiheit lassen. Das haben wir jetzt davon: einen handfesten Skandal, der den Ruf unserer Schule ruinieren kann.“

Dann hielt er inne und blickte zu uns rüber, um wohl seine Wut jetzt an uns abzureagieren. Und dann sah er mich und musterte mich zornig: „Sag mal, dich kenne ich doch.“

Ich muss gestehen, mir wurde es zunächst ein wenig mulmig, aber da musste ich jetzt durch.

„Ja klar, Du bist das, du Anarchist. Erst die Existenz Gottes leugnen und jetzt hier kommunistische Parolen verbreiten. Ein rotlackierter Atheist an unserem Gymnasium, das ist absolut inakzeptabel. Aber fliegen werdet ihr alle vier.“

„Aber das war alles doch seine Idee, wir haben doch gar nicht gewusst, wovon der Song handelt“, versuchte sich Olaf rauszureden.

„Die Dias und die US-Flagge sind auch von ihm. Wir wussten doch gar nicht, was er damit vorhat“, fuhr Achim fort.

„A-A-Außerdem hat er uns versichert, dass er für alles die volle Verantwortung übernimmt“, stammelte Erwin.

Ich wollte mich gerade einmischen, aber der Direx unterbrach mich sofort.

„Sei still! Dieser Auftritt hat unsere Schule in schlimmsten Misskredit gebracht, deshalb werdet ihr dafür alle von der Schule verwiesen“, erklärte er erbost.

Da fielen dann meine Mitmusiker tatsächlich auf die Knie, und fingen an zu heulen. „Bitte nicht, Herr Direktor, bitte haben Sie Erbarmen. Es wird auch nie wieder vorkommen“, flehte Achim.

„Das wird es auch nicht, denn ihr werdet hier keinen einzigen Ton mehr spielen“, meinte der Direx scharf.

Das war sozusagen das offizielle Ende der „Electrics“.

Fühltest du dich von den anderen nicht im Stich gelassen?

Ach, wir waren sowieso nie eine Einheit. Und für das Verhalten meiner Musikkollegen hatte ich nur Verachtung übrig. Bei den anderen Dreien ließ der Direx noch mal Gnade walten, doch ich wurde tatsächlich von der Schule verwiesen.

„So ergeht es den Systemfeinden“, meinte der Direx und sah mich scharf an, „am Montag holst du deine Sachen. Danach ich will ich dich hier nie mehr sehen.“

Du hast ja schon früh die Autoritäten provoziert und die Konsequenzen erfahren. Waren diese Geschehnisse der Ursprung für dein späteres rebellisches Verhalten mit Adrian, Riggbert & Theyler?

Ich besaß eben schon früh ein untrügliches Gefühl für Wahrheit und Gerechtigkeit. Was sagten denn deine Eltern dazu?

Mein Vater war damals, wie so oft, auf Geschäftsreise und wurde von meiner Mutter telefonisch sozusagen vorbereitet. Somit konnte er sich ein paar Tage lang mit der Situation vertraut machen.

Als mein Vater zurückkam und den Brief der Schule las, musste er doch sichtlich schlucken: „Wir haben also einen Anarchisten, Kriegsgegner und Gottesleugner als Sohn, der fast die Schule in Brand gesteckt hätte.“

Aber was er dann sagte, machte mich völlig perplex. „Besser als ein Nazi, Soldat oder Heuchler. Und ich muss sagen: Du imponierst mir sogar.“

Mann, dein Vater war ja ein toller Typ.

In der Tat. Ich sagte ihm, dass ich jetzt Musiker werden wollte – ohne überhaupt zu wissen, wie. Und zu meiner erneuten Verblüffung sagte mein Vater: „Okay, ich traue dir mittlerweile alles zu. Du hast bis zum Sommer nächsten Jahres Zeit, es zu schaffen. Sonst gehst du wieder auf die Schule und machst das Abitur – falls dich überhaupt noch eine Schule nehmen wird.“ Denn natürlich stand die Sache danach in den Zeitungen, obwohl die Schule versuchte, die Sache so klein wie möglich zu halten, wie mir Wolfgang später berichtete.

Glücklicherweise stand mein Name nicht in den Zeitungen, sonst hätte es in der ganzen Stadt wohl für mich ein Spießrutenlaufen gegeben. Aber in der Nachbarschaft wusste jeder Bescheid und als Held wurde ich nicht gefeiert. Ich erklärte meinen Eltern, dass ich mir zunächst einen Job suchen wolle, denn für eine Lehrstelle oder einen Schulwechsel war es jetzt zu spät. Am folgenden Montag ging ich noch einmal in die Schule, um meine restlichen Sachen aus dem Spind abzuholen.

Adrian: Der Rausschmiss von Michael war natürlich das Schulgespräch am nächsten Montag. Unser Klassenlehrer meinte, dass dieser Auftritt gezeigt hätte, wie gefährlich diese Beatmusik wäre. Und dann kam dieser schicksalhafte Moment: Mir ging dieses ganze reaktionäre Gequatsche des Klassenlehrers auf die Nerven, deshalb starrte ich im Klassenzimmer genervt aus dem Fenster. Plötzlich sah ich von oben, wie Michael langsam vom Schulhof trottete. Mich packte nur ein Gedanke: Ich musste mit ihm sprechen, denn vielleicht würde ich ihn ja nie wieder sehen. Er schien für mich genau der Richtige zu sein, um eine Band zu gründen.

Wieso eigentlich?

Weil ich ihn für einen guten Musiker und eine ungewöhnliche Persönlichkeit hielt. Aber ich wusste ja nicht mal seinen Namen, deshalb sprang ich, wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen, auf und stürmte aus dem Klassenzimmer.

Und der Klassenlehrer?

Dachte wohl, ich hätte Durchfall oder sowas. Ich habe aber gar nicht darauf geachtet, ich wollte nur Michael rechtzeitig einholen. Ich rannte wie ein Irrsinniger die Treppe runter, über den Schulhof und konnte Michael gerade noch hinter einer Häuserecke abfangen. „Warte mal, ich muss mit dir reden“, japste ich völlig außer Atem. Er drehte sich um und blickte mich verwundert an.

Sex, Drugs & Symphonies

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