Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 15

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7. Der Robespierre des Rock'n'Roll

Dann warst du jetzt praktisch der Bandboss.

Ja, und diese Rolle gefiel mir ungemein, während mich Olaf immer misstrauischer beäugte. Aber die Jungs zogen mit. Kurz vor Beginn der Sommerferien hatten wir ungefähr 45 Minuten Programm mit einem Mix aus meinen eigenen und den gecoverten Songs. Unser Auftritt beim großen Herbstfest stand bereits fest und er sollte unvergesslich werden.

Weil ihr fast die Bühne in Brand gesetzt habt. Außerdem las ich im Archiv, dass

noch eine Guillotine auf der Bühne stand. Alle Achtung. Immerhin seid ihr mit dieser Horrorshow Alice Cooper ein paar Jahre voraus gewesen. Und Du warst dann wohl eine Art Robespierre des Rock'n'Roll …

…der seine musikalischen und politischen Feinde am liebsten geköpft hätte oder was? Nun, ich muss gestehen, dass mir diese Vorstellung sehr gefällt. Leider stimmt weder das eine noch das andere.

Es stand aber so in der POP.

Glaub doch nicht blind, was diese Schmierfinken schreiben. Oft haben sich diese Schreiberlinge solche Dinge aus den Fingern gesogen, damit sie eine Geschichte über uns schreiben konnten, weil wir damals so populär waren. Wo sollten wir denn überhaupt eine Guillotine her haben?

Also keine Horrorshow und keine brennende Bühne?

Doch doch, auf der Bühne hat es gebrannt und für die Schule war die Show sicher der pure Horror (lacht).

Jetzt bin ich aber neugierig.

Dazu musst du wissen, dass der Eklat seine Vorgeschichte im Religionsunterricht hatte. Meine Eltern waren nicht religiös, aber meine Mutter evangelisch und damals war der Religionsunterricht obligatorisch.

Die ersten Schuljahre hörte ich mir die ganze Litanei noch geduldig an, aber mit 16 Jahren kamen mir diese Bibelmärchen immer absurder vor. Wir nahmen in der Schule bereits Philosophen wie Karl Marx, Friedrich Nietzsche und Ludwig Feuerbach durch und für mich war schon lange klar: Religion ist nur Opium fürs Volk und Gott nur eine Projektion für Menschen, die ihre Sterblichkeit nicht akzeptieren wollen.

Erstaunliche Erkenntnisse für einen 16-Jährigen.

Ich war eben in mancher Hinsicht den anderen voraus. Meine Aversion verstärkte sich noch durch unsere Religionslehrerin. Die Frau hieß Ziegenhobler und kam wohl schon als alte faltige Frau auf die Welt. Und alt, besser gesagt, altmodisch waren ihre Unterrichtsmethoden. Die Ziegenhobler machte doch tatsächlich jahrelang nichts anderes, als die Schüler nach einzelnen Bibelstellen aus diesen absurden „Testamenten“ abzufragen.

Es war wie beim Militär: Wenn die Alte jemand drannahm, musste der Schüler sofort aufstehen und den geforderten Bibelsatz aufsagen. Fehlte nur noch anschließend wie bei den US-Marines das „Jawohl Sir!“. Und es gab jedes Mal eine Note.

Jedes Mal?

Jedes Mal. Und somit wuchs im Lauf eines Schuljahres in ihrer DIN-A-5-Kladde bei jedem Schüler eine rund zwei Kilometer lange Noten-Linie. Und wie sie mit überzeugter Inbrunst immer vom Lukas-, Matthäus oder Apfelmus-Evangelium schwafelte – diese alte Religiotin glaubte tatsächlich an den Quatsch.

Jahrelang stand ich auch auf und machte das Spiel mit. Ich bekam sogar in dem Fach immer eine Eins oder mindestens eine Zwei. Und dann stand ich während einer Stunde nicht mehr auf.

Sondern?

Ich blieb sitzen, verschränkte trotzig die Arme und sagte: „Hören Sie doch endlich auf, uns diese Märchen zu erzählen. Das sind doch alles nur Behauptungen ohne Beweise. Gott gibt es nicht.“

Die alte Fregatte war so perplex, als wäre ihr Luzifer leibhaftig erschienen. Sie starrte mich wütend, ja geradezu hasserfüllt an und schrie: „Bald wird es dich nicht mehr geben und zwar auf dieser Schule, dafür sorge ich!“

Sie ist dann auf der Stelle zum Direx marschiert, der mich dann in sein Büro zitierte und mich ermahnte, dass ich bei der nächsten Aufsässigkeit von der Schule fliege. Danach wurde ich vom Religionsunterricht freigestellt, weil die Ziegenhobler keinen Ketzer in der Klasse wollte.

Was haben deine Eltern dazu gesagt?

Die fanden das okay und mein Vater meinte: „Sag was Du denkst und mach, was du für richtig hältst.“

Wow, das ist ja echt progressiv.

Ich denke, das hat mir schon geholfen. Als Heranwachsender fühlst du dich dadurch akzeptiert. Jetzt hatte ich in der Schule allerdings einen schweren Stand. Denn natürlich sprach sich mein aufsässiges Verhalten unter den Lehrern herum. Meine Noten sackten ab, weil ich im Unterricht nicht mehr dran genommen wurde. Die Lehrer boykottierten mich regelrecht. So stand ich mündlich plötzlich überall 5 und 6. Glücklicherweise war ich schriftlich so gut, dass ich zumeist in den Fächern noch insgesamt eine knappe 3 oder 4 erreichte. Mir gelang es dadurch, dass ich so gerade noch versetzt wurde. Dann kamen die Sommerferien und ich fuhr mit meinen Eltern in den Urlaub nach Schweden. Drei Wochen, die alles veränderten.

Sex, Drugs & Symphonies

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