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5. Reformbedarf
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Die bestehenden unionrechtlichen Asylregelungen leiden (jedenfalls zum Zeitpunkt des letzten Bearbeitungsstands dieses Beitrags im Juli 2018) in zahlreichen Mitgliedstaaten unter Durchsetzungsdefiziten, Umgehungsversuchen bis hin zu Verweigerungshaltungen einzelner (meist osteuropäischer) Mitgliedstaaten. Zwar können als notstandsähnliche Reaktion Maßnahmen im Einzelfall auf Grundlage von Art. 78 Abs. 3 AEUV – wie etwa die Aktivierung eines Notfall-Umverteilungsmechanismus (Beschluss [EU] 2015/1601, vom → Europäischen Gerichtshof [EuGH] bestätigt: Urt. v. 6.9.2017, C-647/15) – getroffen werden; diese tragen aber nur wenig zu einer nachhaltigen Problemlösung bei. Es ist kaum von der Hand zu weisen, dass die bestehenden Zuständigkeitsregeln der Dublin-III-VO in Zeiten verstärkter Migrationsströme zu einer Verteilungsungerechtigkeit zulasten des ohnehin wirtschaftlich weniger begünstigten südlichen Teils des Unionsgebiets führen. Der Stellenwert des europäischen Asylrechts in seiner gegenwärtigen Form entfacht sogar angesichts politischer Instrumentalisierung durch nationalistisch-populistische Strömungen in einzelnen Mitgliedstaaten die Gefahr, die Errungenschaften der auf Frieden und Freiheit errichteten Union als solche in Frage zu stellen. Angesichts dessen besteht jedenfalls aus rechtspolitischer Sicht ein struktureller Reformbedarf des „Dublin-Systems“, auf den die Kommission mit dem Entwurf einer – jedenfalls der Sache, jedoch nicht der Bezeichnung nach – „Dublin-IV-VO“ reagiert hat (zuletzt i.d.F. vom 21.8.2016, Dokument COM[2016]270/F2). Hierüber setzen sich die schwierigen politischen Verhandlungen fort (Stand: Juli 2018).