Читать книгу Europarecht - Bernhard Kempen - Страница 132
5. Rangfolge der Auslegungsmethoden
Оглавление210
In dem Verhältnis der Auslegungsmethoden zueinander wurde hin und wieder versucht, eine Rangfolge zwischen ihnen zu erstellen. Insbesondere die Bedeutung des Wortlautarguments wurde dabei sehr unterschiedlich bewertet. Da die Auslegung nach dem Wortsinn abstrakt betrachtet wenig zielführend erschien, wurde ihr schnell eine nur geringe Bedeutung für die Entscheidungen der rechtsprechenden Institutionen der EU zugemessen, als wichtigste Auslegungsvariante dagegen die teleologische Methode ausgemacht.
211
Allerdings greift diese grundsätzliche Bewertung zu kurz. So konnte empirisch nicht nur nachgewiesen werden, dass der EuGH in der weit überwiegenden Zahl seiner Entscheidungen u.a. eine grammatikalische Argumentation zur Entscheidungsfindung verwendet, sondern auch, dass diese Argumente aufgrund des eindeutigen Wortlautes zudem sehr wohl entscheidungserheblich waren. Insofern wurde die tatsächliche Bedeutung der grammatikalischen Auslegung in der Vergangenheit oftmals unterschätzt. Richtig bleibt jedoch, dass die sprachfassungsvergleichende Wortlautauslegung in Problemfällen wenig zielführend ist, so dass dem Wortlautargument in diesen Konstellationen eine nur unterstützende, ergänzende oder aber begrenzende Funktion zukommen kann.