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1. Offene und versteckte Diskriminierungen
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Die Feststellung einer Ungleichbehandlung setzt nicht voraus, dass dem Mitgliedstaat ein zu missbilligendes Motiv nachgewiesen wird. Ebenso wenig muss die Ungleichbehandlung Ziel der in Rede stehenden Regelung sein, weil es alleine auf das Ergebnis ankommt, nicht auf ein Verschulden des Mitgliedstaats o.ä. Aus dem gleichen Grund muss die Regelung auch nicht ausdrücklich an das verbotene Differenzierungskriterium „Staatsangehörigkeit“ anknüpfen. Derartige offene oder formelle Diskriminierungen sind zwar leichter nachzuweisen; das ändert aber nichts daran, dass auch eine versteckte, sich nur materiell auswirkende Diskriminierung vom Verbot des Art. 18 UAbs. 1 AEUV erfasst wird. Letztere Konstellationen zeichnen sich dadurch aus, dass die unterschiedliche Behandlung an anderer Stelle ansetzt, die Wirkung gleichwohl typischerweise zulasten Angehöriger anderer Mitgliedstaaten geht. Als besonders illustrativ gilt das Differenzierungsmerkmal „Wohnsitz im Inland“, bei dessen Nutzung formell alle Unionsbürger gleich behandelt, faktisch aber hauptsächlich die eigenen Staatsangehörigen erfasst werden, die typischerweise den Großteil der Bewohner im Inland ausmachen (EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-224/97, Rn. 14). Ähnliches gilt für bestimmte Sprachanforderungen oder den Ort der Ausbildung.